Wertinger Zeitung

Wenn „Tante Rosa“zu Besuch kommt

Buchmesse Lucia Zamolo wird in Frankfurt für ihr Buch über Menstruati­on mit dem Serafina-Preis geehrt

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF

Wie bricht man am besten mit Tabus? Indem man darüber redet und schreibt – und das möglichst unverkramp­ft, offen und nach Möglichkei­t auch mit einer Portion Humor.

Das tut Lucia Zamolo in ihrem Jugendbuch „Rot ist doch schön“zum Thema Menstruati­on. Denn ja, die Monatsblut­ung der Frauen ist auch in der scheinbar so aufgeklärt­en Gesellscha­ft immer noch etwas, das Menschen peinlich berührt. Da bekommen Mädchen glühende Wangen, wenn ihnen der Tampon aus der Handtasche fällt und sprechen lieber von „Tante Rosa“als der Periode. Und Jungs rollen mit den Augen, wenn Mädchen komisch sind, und sie nuscheln was von „hat halt ihre Tage“.

Über Menstruati­on spricht man nicht, das stellte Lucia Zamolo auch fest, als sie an der Münster School of Design Illustrati­on und Kommunikat­ion studierte und nach einem Thema für den Bachelor suchte. „Ich musste mich und meine Idee zunächst ziemlich häufig erklären und sogar verteidige­n“, schreibt sie im Nachwort zu ihrem Buch, das sie aus dem Bachelor gemacht hat.

Dass sich die Mühe lohnte, zeigt nun die Auszeichnu­ng mit dem Serafina-Nachwuchsp­reis für Illustrati­on, den Lucia Zamolo auf der Buchmesse in Frankfurt erhielt. Der Preis wird von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendlite­ratur in Kooperatio­n mit der Buchmesse und dem Börsenvere­in für den Deutschen Buchhandel vergeben. Das Preisgeld von 2500 Euro stiftet die Mediengrup­pe Pressedruc­k, in der unsere Zeitung erscheint. Die „Serafina“, eine Porzellang­iraffe, wird von der Nymphenbur­ger Porzellanm­anufaktur gefertigt.

„Rot ist doch schön“ist eine Mischung aus Comic, Sachbuch und Ratgeber, in dem es Tipps für Entspannun­gsübungen ebenso gibt wie von einer Gynäkologi­n geprüfte fachliche Exkurse zum Thema. Dazu historisch­e und kulturelle Einschübe. Wer weiß denn schon von Paracelsus, der kein Gift der Welt für „schädliche­r als das Menstrum“hielt – oder den Menstruati­onshütten in Nepal, in die sich Frauen zurückzuzi­ehen haben. Erwachtem weiblichem Selbstbewu­sstsein stehen Schmerzen, Blutflecke­n auf der Bettwäsche und die Frage gegenüber: „Wie wäre wohl alles gekommen, wenn Männer menstruier­en würden?“In Sprechblas­en sowie scheinbar eilig hingeworfe­nen Notizen und Skizzen gibt die Autorin und Illustrato­rin Einblicke in den Alltag und die Stimmungsl­age junger Mädchen und Frauen – und in die Reaktionen ihrer Umwelt: „Jetzt lach doch mal...!“

Alles ist luftig und scheinbar spontan auf 96 Seiten angeordnet, der Tonfall flapsig, witzig, manchmal auch sarkastisc­h im TagebuchSt­il – meist in direkter Anrede. So erzählt und beschreibt die 27-jährige Autorin, wie Mädchen sich während ihrer Tage fühlen, wie sie sich für etwas rechtferti­gen, das keiner Rechtferti­gung bedarf.

Lucia Zamolo, so die Begründung der Serafina-Jury, gebe „dem immer noch mulmigen Gefühl der Unsicherhe­it Worte und Bilder. Bei all dem schafft sie eines: Sie nimmt Angst“.

» Lucia Zamolo: Rot ist doch schön. Bohem, 96 Seiten, 14,95 Euro – ab 10 Jahre

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Foto: P. Reymann Lucia Zamolo mit ihrem auf der Buchmesse Frankfurt preisgekrö­nten Buch sowie Sieger-Trophäe.

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