Leuchtend schön
Wohnen Auch Lampen prägen den Stil eines Raums. Der Siegeszug der LED-Technik ist dabei eine Befreiung für die Kreativität bei der Gestaltung neuer Formen. Einflussreiche Designer erklären ihre Entwürfe und die aktuellen Trends
Leuchten hatten früher nur einen Zweck. Sie machten Licht, wo es dunkel war. Heute ist das anders sie setzen Akzente, sorgen für die Stimmung und sind der Hingucker im Raum. Zurück geht dieser Wandel unter anderem auf das Aus der Glühbirne und die dadurch erfolgte Weiterentwicklung der Technologien. LED können heute noch mehr möglich machen. „Durch LEDs und neue Technologien haben wir ganz andere Möglichkeiten, Licht zu denken und mit Licht zu arbeiten“, erklärt der deutsche Designer Sebastian Herkner. „Man braucht nicht mehr unbedingt dieses große Glasobjekt oder diesen Textilschirm außenrum, weil das Leuchtmittel wesentlich kleiner ist. Man kann es zum Teil auch verstecken.“
Aus dem einst eher zweckmäßigen Licht im Raum wurde so ein neuer Ankerpunkt für innovatives Design – optisch wie technologisch. Allzu gerne suchen sich die Designer derzeit Inspiration fernab aller üblicher Räume: im All. Die Sonne ist Vorbild für eine der neuen Leuchten des italienischen LichtSpezialisten Foscarini. Ihr Name: Sun the light of love. Dafür hat der Designer Tord Boontje 390 Strahlen so angeordnet, dass das Licht im Kern abgeschirmt und zugleich reflektiert wird. Das nimmt einer Sonne ihr grelles Strahlen und schafft ein weiches Umgebungslicht sowie zugleich eine Akzentbeleuchtung für die darunterliegende Fläche.
Ebenfalls den Stern setzt Arturo Alvarez in den Mittelpunkt seiner Leuchte Aimei. Sie versprüht Leben, Licht und Wärme – hier dargestellt durch viele Strahlen aus Holz, die wirbelhaft von der Sonne abgehen. Die edlen Designerstücke sind mit Preisen zwischen 2500 und gut 6000 Euro ein teurer Luxus, doch die aktuellen Entwürfe bestimmen natürlich über kurz oder lang auch die Trends der Massenhersteller und zeichnen die Richtung im aktuellen Leuchtendesign vor.
Ein Beispiel, das viele Nachahmer inspirieren könnte, bietet eine Neuheit des italienschen Herstellers Artimede, der neue Wege bei der Form der Leuchte geht: La Linea ist ein flexibler LED-Schlauch, der sich ohne gestalterische Vorgaben an der Wand, der Decke, an einem Fenster und auch überall draußen – in großer Hitze wie auch bei Frost – nutzen lässt. „La Linea kann wirklich jede Form annehmen und ist auf hundert Meter zusammensetzbar“, erklärt ihr Designer Jacob Lange vom Designstudio BIG.
Daraus lassen sich – theoretisch – auch ganz neue Funktionen für die Leuchten erschließen: So zeigt ArtePallavi mide auf Werbevideos der zum Patent angemeldeten Technologie, wie Kinder mit den flexiblen LEDs spielen, als wären sie Poolnudeln. Ansonsten aber wird dem Käufer abverlangt, dass er selbst zum Deviele signer des Design-Produktes wird: Der Schlauch kommt aufgerollt ins Haus und muss dann erst einmal kreativ verarbeitet werden.
Ähnlich wie La Linea wirkt zunächst der Entwurf Interweave von Dean, ebenfalls für Artemide. Im Zentrum stehen die tragenden Zylinder mit nach unten gerichtetem Leuchtmittel. „Das ist nicht nur eine weitere hübsche Leuchte, das ist auch eine Musikbox“, erklärt Designerin Dean. Und es ist ein Temperatur- und Luftfeuchtefühler, alles anwählbar via App. Eine Verbindung, die es künftig häufiger geben wird: Während sich über Boxen nach dem Vorbild von Alexa längst extra Leuchten per Sprachsteuerung bedienen lassen, wird nun beides verstärkt miteinander in ein Produkt gepackt, das Musik spielt und das Smarthome steuert.
Trotz der Suche nach neuen Rollen für Leuchten und ihre veränderte Einbindung in die Räume bleibt aber für viele Designer weiterhin die Optik der Schwerpunkt. Allen voran Ingo Maurer mit seiner neuen Pendelleuchte „La Festa delle Farfalle“. 34 filigrane Schmetterlinge
Manche Lampen bringen die Sprachsteuerung gleich mit
aus Papier sitzen auf einem Gerüst, das an einen Strauch mit dünnen Zweigen erinnert.
Es ist so zart, dass es mit etwas Abstand zur Leuchte wirkt, als würden die Insekten frei schweben. Das Licht der Leuchte strahlt aus einem Teller nach unten auf den Tisch und gleichermaßen nach oben zu den Tieren, wodurch sich ein faszinierendes Schattenspiel an der Decke ergibt. Der eigentliche Hingucker ist aber der Teller: Auf ihm liegen wie Früchte in der Obstschale drei Glühbirnen, von denen eine Libelle zu naschen scheint. Man muss hierzu wissen: Ingo Maurer ist ein erklärter Fan der guten alten Glühbirne – und er nutzte sie schon öfter als Art Obst, umschwirrt von Schmetterlingen.
Er ist nicht der einzige Designer, der für seine Leuchten auf süße Früchte setzt: Aktuell erweitert Sebastian Herkner seine Stellar GrapeSerie für Pulpo – im Grunde eine leuchtende überdimensionale Weintraube – um eine hängende Variante. Die Idee, aus der ersten Wandleuchte Stellar wall one, die noch eine einzelne Kugel war, eine Traube zu machen, lag damals nahe, berichtet Herkner. „Wir wollten nicht nur einen Stab mit einer Kugel dran haben. Daher haben wir überlegt, wie wir das anders interpretieren können – und so ist dann die Grape entstanden.“