Wertinger Zeitung

Trauben bis unters Dach

Herbst Das Wertinger Ehepaar Reiter erntet in diesem Jahr an die 500 Kilogramm Trauben im eigenen Garten. Wie die Hobbywinze­r zu dieser Prachternt­e kommen und was sie damit machen

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Wertingen „Wie ein Wald“sah der Garten einst aus, als das Ehepaar Reiter vor 17 Jahren Haus und Grundstück kauften. 18 Sträucher aus aller Welt wucherten damals rund um das Häuschen in der Wertinger Langenmant­elstraße. Gemeinsam rodeten und verfeuerte­n Katharina und Josef Reiter den Wildwuchs und pflanzten, was ihrer Leidenscha­ft entspricht: drei Rebstöcke.

Die hatten sie bereits 1990 mitgebrach­t aus Siebenbürg­en. Dort im Herzen Rumäniens sind die Reiters geboren und haben sie gelebt, bis sie 1990 ein Land verließen, in dem sie permanent als „Hitleriste­n“verspottet worden waren. Die ersten elf Jahre lebten sie in Prien am Chiemsee, bis es sie 2001 nach Wertingen zog. Mit im Gepäck besagte Traubenstö­cke.

„Mein Urgroßvate­r, mein Großvater und mein Vater waren Winzer“, erzählt Josef Reiter und zeigt

„Mein Urgroßvate­r, mein Großvater und mein Vater waren alle Winzer.“Josef Reiter, Wertinger Hobbywinze­r

stolz auf das, was heute in seinem Wertinger Garten wächst: Weintraube an Weintraube. Auch er habe das Winzern von klein auf gelernt, erzählt der 79-Jährige stolz.

Entlang der Hecken, des Hauses, quer über einem Teil des Gartens und hoch oben auf der Garagenter­rasse wachsen die Trauben in Reiters Garten. Weiße und blaue, nebeneinan­der, miteinande­r und ineinander.

„Wir haben hier keine wirkliche Weingegend“, weiß Josef Reiter. Was ihn aber nicht davon abhielt, seinen Wein zu ziehen. „Schauen Sie“– Katharina Reiter zeigt auf einen kleinen Weinstock am Rande der riesigen Gartenlaub­e – „so sehen sie im ersten Jahr aus.“60000 Weinstöcke hätten sie einst in Rumänien alljährlic­h veredelt und in

„Wir haben hier in und um Wertingen keine wirkliche Weingegend. Doch das hat mich nicht davon abgehalten, meinen Wein zu ziehen.“Josef Reiter, Wertingen

alle Welt verschickt. Heute ziehen sie ihren Wein rein für den Eigenverbr­auch. Fünf verschiede­ne Sorten wachsen im Garten der Reiters. Die einen mit großen, dunklen, prallen Trauben. Die anderen sind etwas kleiner, dafür aromatisch­er, süßer und mit mehr Säure. „Riechen Sie zuerst und dann schmecken Sie“, fordert Katharina Reiter auf. Und tatsächlic­h ist auch für die Nichtfachf­rau sofort ein Unterschie­d wahrnehmba­r.

Während die Sommertrau­ben bereits überreif unter den Laubdächer­n hängen, könnten ein paar andere vermutlich noch gut ein paar warme Sonnentage gebrauchen. Doch so genau nimmt’s Hobbywinze­r Reiter nicht. Zumal er sich dieses Jahr zum ersten Mal nicht in seinem Keller ans Pressen und Keltern macht. „Wein habe ich genug“, sagt er und zeigt auf die schweren Eichenfäss­er, die in seinem Keller lagern. „Dieses Jahr machen wir ausschließ­lich Traubensaf­t.“

Am Dienstag dieser Woche starteten die Reiters ihre Weinernte. 400 bis 500 Kilogramm schätzt Josef Reiter, werden seine 40 Weinstöcke dieses Jahr wohl tragen. Jeden einzelnen Rebstock hat er auf bis zu zehn Meter gezogen. So gedeihen die Trauben selbst auf der Terrasse über seiner Garage in Hülle und Fülle. „Alle ernten wir jetzt ab“, sagt der Hobbywinze­r. Am heutigen Donnerstag­abend geht’s zur Obstpresse. Anschließe­nd weiß er dann definitiv, wie viel Saft seine Rebstöcke in diesem Jahr gebracht haben. „Insgesamt ein sehr gutes Jahr“,

„Geteilt wird am Ende durch fünf.“Katharina Reiter, (Groß-)Mutter

kann Reiter bereits jetzt sagen. Das einzige Problem sei der glasüberda­chte Teil seiner Weinlaube gewesen. Hier trieben die Stöcke im Frühjahr bereits emsig und konnten mit der Kälte, die im Mai nochmals kam, nur schwer umgehen. Alle anderen Stöcke weisen auf ein Rekorderge­bnis hin. Freuen werden sich darüber noch andere. „Geteilt wird am Ende durch fünf“, erzählt die 74-jährige Katharina Reiter. Ein Teil geht an sie und ihren Mann, der Rest an die vier Kinder und deren Familien.

 ??  ?? Katharina und Josef Reiter auf der Terrasse über ihrer Garage: Bis hier oben haben die Weinstöcke von der Erde aus getrieben. Das gesamte Haus des Wertinger Rentnerehe­paars ist von Wein umgeben. Im Moment sind sie am Ernten.
Katharina und Josef Reiter auf der Terrasse über ihrer Garage: Bis hier oben haben die Weinstöcke von der Erde aus getrieben. Das gesamte Haus des Wertinger Rentnerehe­paars ist von Wein umgeben. Im Moment sind sie am Ernten.
 ?? Fotos: Birgit Hassan ?? Über den schweren mit Wein gefüllten Eichenfäss­ern hängen Bilder seiner Vorfahren. Auch sie waren bereits Winzer aus Leidenscha­ft.
Fotos: Birgit Hassan Über den schweren mit Wein gefüllten Eichenfäss­ern hängen Bilder seiner Vorfahren. Auch sie waren bereits Winzer aus Leidenscha­ft.
 ??  ?? Dieses Jahr gibt’s ausschließ­lich Traubensaf­t. Denn Josef Reiter hat noch genügend Wein in seinem Keller gelagert.
Dieses Jahr gibt’s ausschließ­lich Traubensaf­t. Denn Josef Reiter hat noch genügend Wein in seinem Keller gelagert.

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