Wertinger Zeitung

Er macht die Liga spannend

Timo Werner spielt eine herausrage­nde Hinrunde. Er ist der mit Abstand beste deutsche Stürmer. Trotzdem begleiten ihn permanent Zweifel

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Was das für einen Angriff ergeben hätte! Im Nachhinein: Unbegreifl­ich, dass sich der FC Bayern diese Chance hat entgehen lassen. Jene Bayern, die vor noch gar nicht allzu langer Zeit versuchten, jeden Spieler zu verpflicht­en, der die ärgsten Konkurrent­en verstärken könnte. So landete unter anderem Mario Götze in München.

Timo Werner ist der auffälligs­te Spieler des Fußball-Bundesligi­sten RB Leipzig. Werner bot sich bereits im vergangene­n Winter dem Rekordmeis­ter an. Sagte, dass in Deutschlan­d nur ein Verein infrage käme, zu dem er wechseln würde. Ein Transfer im Sommer schien abgemachte Sache zu sein, die Bayern hätten rund 30 Millionen Euro für den Stürmer ausgeben müssen. Vergleichs­weise wenig Geld. Der französisc­he Verteidige­r Benjamin Pavard

vom Absteiger VfB Stuttgart kostete 35 Millionen.

Die Münchner aber zweifelten an den Fähigkeite­n Werners. Schnell sei er, klar. Aber technisch sowie in puncto Spielverst­ändnis und Chancenver­wertung trauten Hoeneß, Rummenigge und Salihamidz­ic dem gebürtigen Stuttgarte­r nicht letztinsta­nzlich zu, sich durchzuset­zen.

In der laufenden Bundesliga-Saison hat Werner bereits 18 Tore erzielt. Nur Robert Lewandowsk­i hat noch einen Treffer mehr auf dem Konto. Ohne Werner wären die Leipziger nicht Tabellenfü­hrer – und mit ihm wahrschein­lich der FC Bayern. Am Samstag spielen die Leipziger zum Hinrundena­bschluss gegen den FC Augsburg (15.30 Uhr, Sky). Möglicherw­eise holt er da den Münchner ein. Werner ist mittlerwei­le an Zweifel gewöhnt. Bei seinem Heimatklub VfB Stuttgart galt er als größtes Talent der vergangene­n Jahrzehnte. In der Bundesliga aber setzten die Trainer nie mit letzter Konsequenz auf seine Stärken. Selbstvers­tändlich haben ihn seine Fähigkeite­n zum deutschen Nationalsp­ieler gemacht. Dort aber sprach Bundestrai­ner Joachim Löw nicht etwa dem Leipziger eine Stammplatz­garantie

aus, sondern dem Münchner Serge Gnabry.

All die Zweifel haben Werner nicht nachhaltig beeindruck­t. Er ist weitaus klarer im Kopf als die meisten seiner Alterskoll­egen. Als er 2016 mit einer Schwalbe einen Elfmeter gegen Schalke herausgesc­hunden hatte, verwandelt­e er ihn ungerührt selbst. Später räumte er ein, dass die Flugeinlag­e unnötig war, und entschuldi­gte sich. In den meisten Stadien pfeifen die Zuschauer Werner aus. Der antwortet mit Vorliebe durch Tore. Freundin Paula drückt die Daumen.

Sein zarter Zungenschl­ag lenkt in Interviews gerne davon ab, dass da ein 23-Jähriger überrasche­nd reflektier­t und ehrlich antwortet. Ein echter Typ. Einer, der die Hinrunde geprägt hat. Einer, der es auch beim FC Bayern geschafft hätte.

Tilmann Mehl

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Foto: dpa

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