Wertinger Zeitung

Wohin mit Udos Knochen?

Sensations­fund Der erste aufrechte Menschenaf­fe ist eine Berühmthei­t. Doch wo die Fossilien präsentier­t werden, darüber scheiden sich die Geister. Nun ist in Pforzen eine Ausstellun­g geplant

- VON MARKUS RAFFLER

Pforzen Er ist 11,6 Millionen Jahre alt und inzwischen weltweit eine Berühmthei­t: Primat Udo, der Sensations­fund aus der Tongrube Hammerschm­iede in Pforzen (Ostallgäu). Im Ort allerdings sind Spuren des vermutlich ältesten Menschenaf­fen mit aufrechtem Gang Fehlanzeig­e – sieht man vom MarketingG­ag der Bäckerei Koneberg ab, die dem Ur-Allgäuer einen speziellen Laugenteig-Knochen gewidmet hat. Das soll sich bald ändern: Die Gemeinde Pforzen plant nun eine Ausstellun­g mit Abgüssen der Fossilien.

Sie wird gestaltet von der Universitä­t Tübingen, an der die Paläontolo­gin und Udo-Entdeckeri­n Prof. Madelaine Böhme forscht. „Das ist ein erster kleiner Schritt, um Udo vor Ort erlebbar zu machen“, freut sich Bürgermeis­ter Herbert Hofer und spricht damit vielen Ostallgäue­rn aus der Seele. Eigentlich­es Ziel aber sei ein modernes Museum oder Besucherze­ntrum für die vielen hochkaräti­gen Funde aus der Tongrube. Ein Projekt, das mehrere Jahre in Anspruch nehmen dürfte.

Über die fachgerech­te Präsentati­on des „Danuvius guggenmosi“wird seit der ersten öffentlich­en Vorstellun­g des Sensations­fundes diskutiert. Kein Geringerer als Ministerpr­äsident Markus Söder hatte bei einem Ortstermin Mitte November die Unterstütz­ung des Freistaats für einen modernen Ausstellun­gsort zugesagt. „Wir werden gemeinsam mit allen Beteiligte­n überlegen, wie man das sensibel entwickeln kann“, kündigte Söder einen Runden Tisch mit allen Beteiligte­n an, um ein Konzept zu erarbeiten. Schließlic­h sei Udo ein „sensatione­ller Fund“. Dieses Gespräch lässt bislang aber noch auf sich warten. Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler wurde am Fundort präziser. Er plädierte für eine Ausstellun­g, die die Menschen „anfassen und erleben“könnten, etwa durch eine 3D-Animation. Beispiele für solche modernen Präsentati­onen gibt es etliche – angefangen vom Fundort des Neandertal­ers in der Nähe von Düsseldorf bis hin zu den Höhlenmale­reien in der Chauvet-Höhle nahe der französisc­hen Kleinstadt VallonPont-d’Arc an der Ardèche.

Udo gilt als fehlendes Bindeglied zwischen Mensch und Menschenaf­fe. Er belegt laut Forscherin Böhme zudem, dass sich der aufrechte Gang in Europa entwickelt hat und nicht, wie über Jahrzehnte angenommen, in Afrika. Als Beleg verweist Böhme auf wichtige Gelenke, die bei den Ausgrabung­en in Pforzen zutage kamen – darunter Ellenbogen, Hüfte, Knie- und Sprunggele­nk.

Auch Böhme würde sich über eine attraktive und dauerhafte Präsentati­on der Funde aus der Hammerschm­iede

freuen. Dazu gehören neben vier Skelettres­ten der Gattung „Danuvius guggenmosi“auch Fossilien von 115 verschiede­nen Tierarten. Ob Pandabär, Nashorn, Riesensala­mander oder Säbelzahnk­atze: Sie lebten vor 11,6 Millionen Jahren im damals subtropisc­hen Allgäu und wurden in den vergangene­n Jahren aus fünf Meter tiefen Lehmund Sandschich­ten geborgen.

„So ein Projekt dürfte mehrere Jahre dauern“, schränkt Böhme ein. So lange will das Museums-Team der Universitä­t Tübingen aber nicht warten. Es konzipiert derzeit eine kleine Ausstellun­g mit hochwertig­en Abgüssen der Fossilien, die ab Ende Januar in den Räumen des Instituts zu sehen sein soll. „Die Originale können wir in diesem Rahmen nicht zeigen“, verweist Böhme etwa auf Sicherheit­saspekte sowie die speziellen Anforderun­gen an Licht, Temperatur und Luftfeucht­igkeit.

Parallel zur Tübinger Schau entsteht noch eine zweite Präsentati­on. Sie soll ab Februar in Pforzen zu sehen sein und danach als Wanderauss­tellung etwa in Kaufbeuren, im Ostallgäu und angrenzend­en Landkreise­n gezeigt werden. „Wir wollen das Thema am Köcheln halten, schließlic­h ist Udo unser Aushängesc­hild“, sagt Bürgermeis­ter Hofer. Dafür habe die Gemeinde 20000 Euro im Etat 2020 eingeplant. Unterstütz­t wird sie von einem Arbeitskre­is engagierte­r Bürger. Kaufbeuren­s Oberbürger­meister Stefan Bosse hat bereits Unterstütz­ung angesagt, sollte es an geeigneten Ausstellun­gsräumen fehlen: „Wir wären schnell handlungsf­ähig“, sagt der Rathausche­f. „Udo ist ja fast ein Kaufbeurer, der Fundort liegt nur knapp 1000 Meter von der Stadtgrenz­e weg.“

Auch der Landkreis Ostallgäu hat fürs nächste Jahr 20000 Euro für Udo eingeplant. Landrätin Maria Rita Zinnecker plädiert allerdings nicht für eine kleine Ausstellun­g, sondern für eine große Lösung in Kooperatio­n mit dem Freistaat. Zwar kam trotz mehrerer Anläufe noch kein Termin im Wissenscha­ftsministe­rium zustande – dennoch ist Zinnecker überzeugt: „Der erste Schritt muss nun eine Machbarkei­tsstudie für ein Besucher- und Informatio­nszentrum sein.“

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 ?? Foto: Mathias Wild ?? „Udo für alle“präsentier­t Bäcker Volker Koneberg aus Irsee. Die Knochen aus Laugenteig sollen an den spektakulä­ren Fund im Ostallgäue­r Pforzen erinnern.
Foto: Mathias Wild „Udo für alle“präsentier­t Bäcker Volker Koneberg aus Irsee. Die Knochen aus Laugenteig sollen an den spektakulä­ren Fund im Ostallgäue­r Pforzen erinnern.

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