Halb Münster ist erkältet
Tatort: Väterchen Frost
ARD, 20.15 Uhr Kurz vor Heiligabend hustet und schnieft die Stadt. Halb Münster ist erkältet. Bei diesem „Tatort“dominiert der Klamauk des Öfteren über die klassische Mördersuche. Aber so neu ist das auch wieder nicht beim eitlen Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne und dem grantelnden Kommissar Frank Thiel. Die beiden wollen eigentlich das Weihnachtsfest mit Familie und Freunden verbringen, aber kurz vor Heiligabend wird Thiels Kollegin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) von einem mysteriösen Fake-Weihnachtsmann entführt.
Der Kidnapper fordert den Kommissar auf, einen offenbar klaren Fall neu aufzurollen: Der schwule Russe Kirill Gromow (Oleg Tikhomirov) steht kurz vor dem Urteil in einem Mordprozess, weil er angeblich seinen Freund getötet hat. Bei einer Untersuchung von Kirills Fingern kommen Boerne jedoch Zweifel, und tatsächlich stellt sich heraus, dass er das Opfer eines schrägen Plans ist.
Leider ist die Geschichte an sich etwas dürftig. Die kurzen Albtraumsequenzen, die Thiel erlebt, sind Zitate aus billigen Horrorfilmen, der Schluss dagegen, der Kameramann Carl-Friedrich Koschnick eingefallen ist, atmet den Geist des expressionistischen deutschen Stummfilms. Schon bald entpuppt sich Kirills Vater Artjom (Sascha Alexander Gersak) als der Weihnachtsmann. Er scheint im Gegensatz zu dem diabolischen Jörn Weig (stark: David Bennent) ein patenter Kerl zu sein. Da Nadeshda russischstämmig ist, kommen sich die beiden über allerlei amüsante Umwege näher.
Musste aber der Kalauer wirklich sein, dass Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) ankündigt, sie werde sich zu Weihnachten auf die Suche nach der verlorenen Zeit begeben, worauf Thiel sagt: „Na dann Prost!“? Boerne korrigiert daraufhin besserwisserisch den Polizisten: „Proust. Heilige Unbildung!“Aber der „Tatort“lebt nicht zuletzt von der Frage, was die rätselhafte Juwelierladen-Besitzerin und ihre Goldschmiedin miteinander verbindet. Rupert Huber