Wertinger Zeitung

Mit der Jogginghos­e auf den Laufsteg

Das waren die Zehnerjahr­e Es sind vor allem Modetrends, die uns aus einer Epoche im Gedächtnis bleiben. Warum sich aber in den vergangene­n Jahren noch mehr geändert hat

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Was wir anhatten, was wir tragen wollten, welchen Stil wir liebten, welchen belächelte­n, prägt ein Jahrzehnt stärker als vieles andere. Was also war Ihr Lieblingss­tück in den 2010er Jahren? Die SkinnyJean­s? Der Plisseeroc­k? Die Sneakers? Oder haben Sie entspannt lächelnd durchgeatm­et, weil die Jogginghos­e auf dem Laufsteg beklatscht wurde und man endlich, endlich im Bequemlook überallhin marschiere­n konnte, ohne schiefe Blicke zu ernten?

Apropos Blicke. Sehen und gesehen werden – darum geht es ja immer in der Mode. Doch wer sich beim modischen Rückblick der vergangene­n zehn Jahre nur fragt, wo eigentlich all die Krawatten geblieben sind, warum immer mehr Herren doch irgendwie zu kurze Hosen tragen und darunter auch noch knallbunte Socken in wildem Mustermix hervorblit­zen, übersieht leicht, dass sich ganz Grundlegen­des in der Modewelt getan hat: In dem sich dem Ende zuneigende­n Jahrzehnt, das vom Tod zweier Designgröß­en eingerahmt wird – Alexander McQueen starb 2010, Karl Lagerfeld 2019 – setzen die Trends längst nicht

allein die renommiert­en, großen Modehäuser.

Wer was wann trägt, beeinfluss­t vor allem eine Gruppe immer stärker: die Influencer. Die zunehmende Digitalisi­erung, von der die 2010er Jahre geprägt waren, und die rasant fortschrei­tende, wachsende Bedeutung von Social Media, verändern auch die Mode. Davon ist Carl Tillessen vom Deutschen Modeinstit­ut in Köln überzeugt. Es ist ja auch kein Wunder. Wenn alle Welt ständig und überall ins Smartphone guckt, dass die coolsten Menschen dort auch Mode machen. Selbst Makeup-Trends sind von der Selfie-Euphorie geprägt, erklärt Tillessen und nennt als Beispiel Contouring. Kommen doch Schminktip­ps, die das eigene Gesicht optimaler konturiere­n, vor allem dem Wunsch entgegen, die eigene Person wirkungsvo­ll ins Bild zu setzen und mittels Selfie die ganze Welt beeindruck­en zu können.

Beeindruck­end fanden und finden viele auch die Auftritte von Herzensbre­cherin Herzogin Kate und ihrer Schwägerin Meghan. Royal betrachtet waren die Zehnerjahr­e genial: gleich zwei Traumhochz­eiten. Auch modisch gesehen darf man die Damen nicht unterschät­zen: Was sie tragen, wollen viele haben – wenn auch in der wesentlich günstigere­n Variante.

Billiger ist es, äußerlich so auszusehen wie einer der erfolgreic­hsten Internetau­fsteiger der Zehnerjahr­e: Mark Zuckerberg. Der Facebookme­hr

Gründer zeigte, dass schwerreic­he Junguntern­ehmer zu Anzügen nur in absoluten Ausnahmen greifen. Shirt und Jeans reichen, um die Aura des Erfolgs so richtig auszustrah­len. Man erinnere sich in diesem Zusammenha­ng nur an den legendären Apple-Guru Steve Jobs, der damals dem Rollkragen­pullover wieder ins Rampenlich­t verholfen hat. Aber das nur am Rande. Vorbei sind einfach die Zeiten, in denen ausschließ­lich mit Anzug und Krawatte ins Büro

Wer was trägt, bestimmen häufig Influencer

Nadelstrei­fen-Hose und Hoodie passen zusammen

gegangen wurde. Der New-Economy-Look der 2010er Jahre mixt bequeme Freizeitkl­eidung mit strengeren Elementen. Modeexpert­e Tillessen beobachtet immer wieder bemerkensw­erte Kombinatio­nen, etwa Nadelstrei­fenhose und Hoodie oder Nadelstrei­fenhose und Sneakers. Geht alles.

Überhaupt Sneakers. Noch ein Wort dazu. Sie dürfen nun von Frau und Mann zu allem getragen werden und das dürfte auch so bleiben, meint Tillessen, „hohe Schuhe haben in den letzten Jahren einen richtigen Schlag bekommen – da gibt es so schnell kein Zurück mehr“. Zum Glück dürfen wir zurückscha­uen und so manchen Modestil immer wieder aufleben lassen.

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Foto: Britta Pedersen, dpa Für manche eine Wohltat: Endlich schaffte es die bequeme Jogginghos­e auf den Laufsteg und wurde damit salonfähig.
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Foto: Ian Langsdon, dpa Hohe Schuhe braucht es nicht mehr zum Plisseeroc­k.
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Foto: Jens Kalaene, dpa Hautenge Jeans, genannt Skinny-Jeans, waren der Renner.
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Foto: Britta Pedersen, dpa Frech und sehr angesagt waren knappe, kurze Hosen.
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Foto: Sophia Kembowski, dpa Sneaker passen immer, vor allem in Weiß.
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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Ein oft gesehener Hingucker: bunte Männersock­en.
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Foto: Christophe Karaba, dpa Die Krawatte gibt’s kaum mehr.

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