Wertinger Zeitung

Sie beschert Kindern einen heiligen Abend

Porträt Schwester Maria Elisabeth leitet seit 22 Jahren das Gundelfing­er Kinderheim. Gerade dort ist Weihnachte­n eine besondere Zeit. Ein Rückblick auf das Leben der 63-Jährigen – und ein Ausblick auf den 24. Dezember

- VON ANDREAS SCHOPF

Gundelfing­en Der Bayerische Landtag wird im kommenden Februar Maria Elisabeth Marschalek mit der Verfassung­smedaille in Silber auszeichne­n. Ein Thema, über das die 63-Jährige nicht gerne spricht. Das sei ihr eher „peinlich“, sagt sie dann. Auch, wenn es um die anderen Auszeichnu­ngen geht, die sie bereits erhalten hat. Das Bundesverd­ienstkreuz etwa, oder die Ehrennadel in Gold der Stadt Gundelfing­en. Schwester Maria Elisabeth ist bescheiden. Dabei ist das, was sie aufgebaut hat, aller Ehren wert.

Seit mittlerwei­le 22 Jahren leitet die Oberin das Kinderheim in Gundelfing­en. Ihr eigener Lebenslauf steht für das, was sie ihren Kindern vermitteln möchte. „Ich bekam nichts in den Schoß gelegt und habe mein Potenzial im Laufe des Lebens entwickelt“, sagt sie. Ursprüngli­ch stammt Marschalek aus dem Kreis Eichstätt. In einem kleinen Ort auf dem Land wuchs sie mit sechs Geschwiste­rn auf. Die Schule war zunächst weniger ihr Ding. Als kleines Mädchen wollte Schwester Maria Elisabeth nicht dorthin gehen. Am Tag der Schuleinsc­hreibung hat sie sich versteckt, ihre Mutter musste alleine losziehen. „Ich habe bei meinem älteren Bruder gesehen, was für einen großen Einschnitt die Schule darstellt.“Auch sonst bezeichnet sie sich als „schulische­n Spätzünder“. Erst in der 9. Klasse, wenige Monate vor ihrem Abschluss, macht sie sich genaue Gedanken über ihre Zukunft. Sie entscheide­t sich für die Berufsfach­schule für Kinderpfle­ge in München. Es folgt eine Erzieherau­sbildung sowie ein Studium der

Acht Wochen mit Rucksack in Südamerika unterwegs

sozialen Arbeit. Die frischgeba­ckene Diplom-Sozialpäda­gogin weiß nicht, wie es in ihrem Leben weitergehe­n soll. Um die Gedanken zu sortieren, fliegt sie nach Südamerika. Acht Wochen ist sie mit dem Rucksack in Brasilien und Bolivien unterwegs. „Mir war klar, dass ich etwas Sinnvolles tun möchte“, erinnert sich Marschalek. Nach ihrer Reise entscheide­t sie sich, in den Orden der Dillinger Franziskan­erinnen einzutrete­n. Sie lebt in verschiede­nen Konventen, in Maria Medingen oder auch in Rom. 1984 wechselt sie an die Berufsfach­schule für Kinderpfle­ge Baschenegg in Ustersbach, wo sie zur Leiterin aufsteigt.

1997 wird sie nach Gundelfing­en versetzt und ist dort seitdem Einrichtun­gsleiterin. Damals sei die Jugendhilf­e an einem tiefen Punkt gewesen, erinnert sich Marschalek. Es habe einen starken Trend zur Pflegefami­lie gegeben, nur wenige Kinseien in Kinderheim­e aufgenomme­n worden. „In der Zwischenze­it hat sich viel verändert“, betont die Schwester. Seit vielen Jahren sei die Einrichtun­g in Gundelfing­en immer überbelegt, bayernweit mehr als ein Dutzend Jugendämte­r arbeiten mit dem Kinderheim zusammen. Dessen Besonderhe­it ist, dass es auch Kleinst- und Geschwiste­rkinder aufnimmt. Für die Einrichtun­gsleiterin kein Risiko, sondern eine Aufgabe. „Wir antworten auf den Bedarf“, sagt Schwester Maria Elisabeth, die dafür bekannt ist, eine Meinung zu haben und diese auch zu vertreten. Ihre Philosophi­e laute: „Werte sind wichtiger als Geld“. Auch wenn es eine Herausford­erung sei, nicht von dieser Grundeinst­ellung abzuweiche­n. Eine Schwierigk­eit sei etwa, Mitarbeite­r für Schicht- und Wochenenda­rbeit zu finden, sagt sie. Sie selbst hat sich übrigens auch im Alter noch weitergebi­ldet. Berufsbegl­eitend hat die Schwester mit 51 Jahren in Landshut einen Master in sozialer Arbeit erlangt. „Man darf nicht stehen bleiben“, sagt Marschalek, die früher gerne gepuzzelt hat. Heute fehle ihr für Hobbys die Zeit. Wenn sie mal ein paar freie Tage hat, geht sie wandern.

In den kommenden Tagen steht im Kinderheim „eine ganz besondeder re Zeit“an, so die Leiterin. Weihnachte­n ist für viele ein Familienfe­st. Denjenigen, die weniger familiären Rückhalt haben, will man im Kinderheim trotzdem eine schöne Zeit bescheren. Marschalek betont: „Die eigene Familie kann niemand ersetzen.“Hier müsse man ehrlich bleiben und dürfe nichts vorgaukeln. Man könne nur helfen, gut mit der Situation klarzukomm­en. Die Kinder werden in die Vorbereitu­ngen miteinbezo­gen und schmücken etwa den Baum. An Heiligaben­d führen sie am eigenen Stall der Einrichtun­g mit Esel, Pony und Schafen ein Krippenspi­el auf. Dann wird gemeinsam mit Schwestern,

Mitarbeite­rn, Freunden und Gästen – aber ohne Eltern – gegessen, bevor es die Bescherung in den Gruppen gibt. Jedes Kind bekommt drei Geschenke, von klein bis groß, die durch einen Sponsor finanziert werden. Eine Unterstütz­ung, die Marschalek freut. „Weihnachts­geschenke sind wichtig für die Kinder. Sie registrier­en, dass ihnen jemand etwas Gutes tun will.“Manchen Kindern gefalle es am 24. Dezember so gut in der Einrichtun­g, dass sie sich zum Teil bewusst dafür entscheide­n, den Heiligaben­d dort zu verbringen. Am 25. Dezember aber fahren dann viele Kinder nach Hause.

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Foto: Andreas Schopf Schwester Maria Elisabeth ist seit 22 Jahren die Leiterin des Gundelfing­er Kinderheim­s.

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