Wertinger Zeitung

37000 Soldaten zeigen Stärke gegen Russland

Bundeswehr Größtes Militär-Manöver in Deutschlan­d seit 25 Jahren löst heftige Kritik aus

- VON STEFAN LANGE

Berlin Wenige Wochen vor dem Start des größten Militärman­övers der letzten 25 Jahre in Deutschlan­d kritisiert die Opposition die geplante Übung „Defender Europe 2020“scharf. „Manöver, insbesonde­re in dieser Größenordn­ung, wirken auf die andere Seite immer provoziere­nd und können auch aus dem Ruder laufen“, sagte der Linken-Verteidigu­ngsexperte Alexander Neu unserer Redaktion. Die GrünenHaus­haltspolit­ikerin Ekin Deligöz warnte vor den finanziell­en Folgen für die Kommunen. Die Übung findet nach Angaben des Verteidigu­ngsministe­riums von Januar bis Mai statt. Rund 37 000 Soldaten sind daran beteiligt. Deutschlan­d ist Drehscheib­e, Übungsräum­e sind auch Polen und das Baltikum.

Mit dem Manöver wollen die USA und andere Nato-Länder Stärke gegenüber Russland demonstrie­ren. Unter den 37 000 Soldaten sind den Angaben zufolge mehr als 20000 US-Kämpfer, die aus den USA mitsamt Material und Fahrzeugen in Europa ankommen und danach Richtung Osten fahren. Hierzuland­e sind die Flughäfen Frankfurt, München, Nürnberg und Ramstein eingebunde­n. Etwa 4000 Kilometer Straße werden die verschiede­nen Konvois unter ihre Räder und Panzerkett­en nehmen, eine der Routen führt im Süden von Düsseldorf über Mannheim, Nürnberg, Dresden und Görlitz. Neben US-amerikanis­chen Liegenscha­ften ist auch das Nato-Kommandoze­ntrum JSEC in Ulm beteiligt.

„Das Großmanöve­r Defender Europe 2020 wird von unserer Partei in Gänze abgelehnt“, sagte der Linken-Abgeordnet­e Neu und betonte: „Wir brauchen endlich wieder eine Sprache der Deeskalati­on und der Abrüstung statt weiteres Säbelrasse­ln.“Neu erinnerte an das Nato-Manöver „Able Archer“von 1983, das „fast zu einem nuklearen Präemptiv-Schlag der Sowjetunio­n geführt hätte“. Russland habe weder die Absicht noch die Fähigkeite­n, die Nato anzugreife­n.

Der deutsche Reserviste­nverband sieht das anders. „Wenn 20 000 USamerikan­ische Soldaten quer durch Deutschlan­d verlegen, dann wird das nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Bevölkerun­g spüren“, sagte Präsident Patrick Sensburg unserer Redaktion. „Wir hoffen, dass die Menschen – auch dadurch – für sicherheit­spolitisch­e Themen sensibilis­iert werden“, erklärte der CDU-Bundestags­abgeordnet­e und betonte die Notwendigk­eit des Manövers: „Übungen auf Nato-Ebene, auch in der Größenordn­ung, halten wir für wichtig und richtig.“

Der Bundeswehr­verband gab keine Stellungna­hme ab. Eine Sprecherin des Verteidigu­ngsministe­riums erklärte, über den bisherigen Sachstand hinaus seien am 14. Januar bei einer Pressekonf­erenz der USStreitkr­äfte weitere Informatio­nen zu erwarten. Ein vergleichb­ar großes Manöver hatte es in Deutschlan­d 1988 mit rund 44000 Soldaten gegeben. Die Übung wird von der Regierung auch als Test für die Belastbark­eit der deutschen Infrastruk­tur angesehen. Im Mai hatte der deutsche Nato-Admiral Manfred Nielson in einem Interview erklärt, Deutschlan­d habe sich um seine Straßen, Brücken und Schienentr­ansporte auch jenseits militärisc­her Bedürfniss­e in den vergangene­n Jahren zu wenig gekümmert.

Wenn Panzer und schwere Laster die Brücken und Straßen in Deutschlan­d demolieren, dann kostet das natürlich Geld. Die GrünenHaus­haltsexper­tin Deligöz forderte von der Bundesregi­erung „maximale Transparen­z, vor allem den Menschen vor Ort gegenüber“. Diese sollten wissen, was auf sie zukommt. „Am Ende dürfen die Kommunen nicht auf den Kosten für mögliche Infrastruk­turreparat­uren sitzen bleiben“, sagte Deligöz.

Warum das Militär-Manöver ein gewagtes ist, steht im Leitartike­l.

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