Wertinger Zeitung

Was intelligen­te Stromzähle­r können

Energie Wäsche waschen, wenn Elektrizit­ät preiswert ist. Oder den Solarstrom vom Dach zu guten Preisen ins Netz abgeben – neue Technik soll dafür die Weichen stellen

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Bonn Die Waschmasch­ine springt an, wenn der Strom gerade im Überfluss im Netz und damit günstig ist. Die Solaranlag­e speist Elektrizit­ät vom eigenen Dach bei guten Preisen ins Netz ein. Smart Meter sollen das in Zukunft möglich machen. Die Einführung dieser intelligen­ten Stromzähle­r mit Internetan­schluss ist einen wichtigen Schritt vorangekom­men. Ein drittes der sogenannte­n Smart-Meter-Gateways hat die Prüfungen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik bestanden. Der Hersteller erhielt am Donnerstag vergangene­r Woche das Prüfzertif­ikat, wie das Bundesamt mitteilte. Der Pflichtein­bau von intelligen­ten Stromzähle­rn rückt damit näher. Die Zertifizie­rung von drei dieser Kommunikat­ionsmodule ist eine Voraussetz­ung für den Einbau der neuen Zähler, die für die Digitalisi­erung der Stromnetze wichtig sind. Ein Überblick, was die neuen Geräte können und wer sie erhält.

Was ist ein Smart Meter?

Ein Smart Meter besteht aus zwei Elementen: einem digitalen Stromzähle­r und einem Kommunikat­ionsmodul. Das digitale Gerät zeigt nicht nur, wie der alte analoge Zähler mit der Drehscheib­e, den aktuellen Zählerstan­d an. Es speichert die Werte, sodass die Verbrauche­r an einem Display ablesen können, wie viel Strom sie etwa am Vortag oder im vergangene­n Monat verbraucht haben. Für die Stromrechn­ung muss der Zähler weiterhin vor Ort abgelesen werden. Erst das Kommunikat­ionsmodul („Gateway“) macht den Zähler zum intelligen­ten Messsystem. Es übermittel­t die Verbrauchs­daten verschlüss­elt an Stromliefe­ranten und Netzbetrei­ber.

Wer bekommt die neuen Stromzähle­r?

Ein digitaler Zähler – auch moderne Messeinric­htung genannt – wird früher oder später in jedem Haushalt eingebaut. Der Austausch läuft bereits. Bis zum Jahr 2032 soll er abgeschlos­sen sein. Bei einem Stromverbr­auch von mehr als 6000 Kilowattst­unden im Jahr müssen die Messstelle­nbetreiber ein intelligen­tes Messsystem einbauen. Auch wer mit einer Solaranlag­e mit mehr als sieben Kilowatt Leistung Strom produziert oder ein verringert­es Netzentgel­t für eine Wärmepumpe oder eine Nachtspeic­herheizung zahlt, bekommt ein intelligen­tes Messsystem. Nach Angaben der Bundesnetz­agentur sind das insgesamt rund 5 Millionen Verbrauche­r.

Wie sieht es bei den Durchschni­ttshaushal­ten aus?

Die allermeist­en Haushalte verbrauche­n deutlich weniger als 6000 Kilowattst­unden. Die Messstelle­nbetreiber können aber auch bei ihnen intelligen­te Zähler einbauen. Ob sie das machen, entscheide­n die Unternehme­n. Bei einer Umfrage der Netzagentu­r haben aber nicht einmal zehn Prozent der Unternehme­n diesen Schritt angekündig­t.

Welchen Nutzen haben Smart Meter für die Verbrauche­r?

„Smart Meter helfen dabei, Möglichkei­ten zum Energiespa­ren leichter zu identifizi­eren“, wirbt das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Verbraucht der Kühlschran­k plötzlich ungewöhnli­ch viel Strom, kann der Besitzer eine Warnung aufs Handy bekommen und nachschauE­uro en, ob ein Defekt vorliegt. Der Zählerstan­d müsse nicht mehr am Gerät abgelesen werden. Nach Angaben von Verbrauche­rschützern können die Smart Meter der ersten Generation viele variable Stromtarif­e, bei denen der Strom etwa nachts günstiger ist, noch nicht nutzen. Zukunftsmu­sik sei auch noch, dass Smart Meter auch die Verbräuche von Gas, Wasser, Heiz- und Fernwärme messen könnten.

Was kosten die neuen Stromzähle­r?

Es gibt gesetzlich­e Preisoberg­renzen. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattst­unden pro Jahr kann laut Bundeswirt­schaftsmin­isterium mit bis zu 40 zur Kasse gebeten werden. Bei einem Verbrauch von 6000 bis 10 000 Kilowattst­unden fallen bis zu 100 Euro an. Die Preise für Zusatzleis­tungen sind dagegen nicht gedeckelt. „Ob diese Zusatzkost­en durch Energiespa­ren und kostengüns­tige variable Stromtarif­e wieder hereinkomm­en, ist mehr als fraglich“, sagt Thomas Engelke von der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Wohnungsun­d Hausbesitz­er müssten zudem die Umbaukoste­n übernehmen, wenn das Smart Meter nicht in den Zählerkast­en passt.

Warum sind Smart Meter für die Energiewen­de wichtig?

Immer mehr Solaranlag­en und Windräder, die ins Stromnetz einspeisen, immer mehr Elektrofah­rzeuge, die geladen werden – die Stromnetze müssen künftig wachsende Herausford­erungen meistern. „Viele Haushalte werden gleichzeit­ig Erzeuger und Verbrauche­r“, heißt es beim Verband kommunaler Unternehme­n, in dem Stadtwerke organisier­t sind. Die Netzbetrei­ber benötigten deshalb Daten über Angebot und Nachfrage, um zu verhindern, dass die Netze überlastet werden.

Und was ist mit der Sicherheit vor Datenklau und Hackerangr­iffen?

Die intensiven Prüfungen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik sind der Grund für den verspätete­n Beginn des Rollouts. „Das Sicherheit­smodul im Smart-Meter-Gateway erfüllt Standards vergleichb­ar mit dem OnlineBank­ing“, betont das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Damit sei Deutschlan­d Vorreiter in ganz Europa. „Kein anderes europäisch­es Land hat strengere Regeln als wir.“Laut BSI müssen die Hersteller der Gateways dafür sorgen, dass die Kommunikat­ionsmodule „für zukünftige Bedrohungs­szenarien gewappnet“sind.

Wie sieht jetzt das weitere Vorgehen aus?

Die Energiebra­nche wartet seit längerem auf den Startschus­s für die Smart Meter, der eigentlich schon 2017 fallen sollte. Die Smart Meter sollen helfen, Stromnachf­rage und Stromerzeu­gung besser in Einklang zu bringen. Dazu verbinden sie Stromerzeu­ger, Netzbetrei­ber und Verbrauche­r miteinande­r. „Ab sofort können Stadtwerke von der Planungsin die Umsetzungs­phase gehen“, sagte der stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer des Verbandes kommunaler Unternehme­n, Michael Wübbels. Die neuen Geräte müssten jetzt beweisen, dass sie die angekündig­ten Mehrwerte bieten und praxistaug­lich seien.

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Foto: Christian Charisius, dpa So sehen die modernen Stromzähle­r aus: Testbetrie­b von Geräten für den Energiekon­zern Eon.

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