Polizei befreit drei Geiseln
23-jähriger Diedorfer bedroht Familie und hält sie fest
Diedorf Es ist 23.15 Uhr, als ein lauter Knall die nächtliche Stille in dem kleinen Ort Anhausen zerreißt. Schwer bewaffnete Spezialeinsatzkräfte stürmen über einen angrenzenden Garten ein Wohnhaus. Schreie sind zu hören. Dann wieder Stille. Nur wenige Minuten später kommen die SEK-Beamten um die Ecke und legen ihre Ausrüstung ab. Sie haben soeben nach fünf Stunden eine Geiselnahme in dem Ortsteil von Diedorf (Landkreis Augsburg) unblutig beendet und drei Menschen befreit. Doch der Einsatz hatte schon viele Stunden zuvor begonnen.
Bereits um 18.10 Uhr gibt es nach Angaben der Polizei einen ersten Hilferuf aus dem Wohnhaus. Zu diesem Zeitpunkt ist die Lage völlig unklar. Angeblich hält ein Mann mit einem Messer fünf Menschen gegen ihren Willen fest und bedroht sie.
Der Parkplatz und der Supermarkt werden zum Stützpunkt für die Einsatzkräfte. Krankenwagen fahren vor, immer mehr Beamte des Spezialeinsatzkommandos aus München preschen auf den Parkplatz und beginnen, ihre Ausrüstung anzulegen und sich bereitzuhalten. Der Verpflegungszug des Roten Kreuzes stellt Tische und Bänke auf und bereitet Essen zu. Hektische Betriebsamkeit bestimmt das Bild, Passanten zeigen sich verunsichert.
Die Einsatzleitung versucht, mit dem Täter in Kontakt zu kommen. Ihr kommt zur Hilfe, dass der Chef des 23-jährigen Markus S. sich meldet. Er dachte, dass sein Mitarbeiter unter den Opfern sei. Der Besitzer der alteingesessenen Anhauser Baufirma überlässt den Beamten sein Handy mit den Kontaktdaten des Geiselnehmers, sie schreiben ihm WhatsApp-Nachrichten. Doch Markus S. antwortet nicht, er ist seit Stunden nicht mehr online. Er hält die Menschen in dem Haus weiter fest. Nach Angaben der Polizei stehen alle Geiseln in einem verwandtschaftlichen oder freundschaftlichen Verhältnis zum mutmaßlichen Täter. Nach Informationen unserer Redaktion sind die Mutter des 23-Jährigen und seine Freundin unter den Festgehaltenen. Zwei der Geiseln können dann das Haus verlassen. Als dauerhaft kein Kontakt zustande kommt, entschließt sich die Polizei zum Zugriff, die drei verbliebenen Opfer werden befreit.
Nachbarn und der Chef des Mannes berichten, dass in Teilen der Familie viel getrunken wurde. Laut Polizei könnte als Motiv für die Tat ein Streit im Zusammenhang mit Betäubungsmittelkriminalität in Betracht kommen. Gegen den 23-jährigen Mann wurde am Sonntag Untersuchungshaft beantragt.