Wertinger Zeitung

Die Überraschu­ng bleibt aus

Fußball Beim Herbstmeis­ter Leipzig führt der FC Augsburg lange, muss dann aber doch noch eine Niederlage einstecken. Der Ausgleichs­treffer sorgt im FCA-Lager aber für großen Ärger. Niederlech­ner spricht von einer „Fehlentsch­eidung“

- VON MARCO SCHEINHOF

Leipzig Nein, wirklich freuen kann sich Florian Niederlech­ner nicht. Während draußen die Fans toben und sich die Spieler von RB Leipzig für die Herbstmeis­terschaft feiern lassen, steht der Stürmer des FC Augsburg auf dem grünen Kunstrasen vor dem Kabinenein­gang. Er ist der einzige Augsburger Torschütze an diesem Nachmittag, was für ihn eine Fortsetzun­g seiner persönlich­en Erfolgsser­ie ist. Anderersei­ts geht die Partie für die Augsburger mit 1:3 verloren, was die Freude merklich trübt. Noch mehr aber bringt Niederlech­ner der Leipziger Ausgleichs­treffer in Wallung.

„Das ist eine absolute Fehlentsch­eidung. Unglaublic­h, was da passiert ist. Mit so einem Schmarrn fällt das 1:1“, grummelt Niederlech­ner. Dem Ausgleich durch Konrad Laimer ist nach Augsburger Ansicht ein Foul vorausgega­ngen. Ein Foul an Ruben Vargas, in dessen Folge der Ball zu Jan Moravek kommt, der in Bedrängnis von drei Leipzigern den Ball verliert, was Laimer zu einem Schuss in den Torwinkel nutzt (68.). 16 Sekunden liegen zwischen dem vermeintli­chen Foul an Vargas und Laimers Torerfolg. Die Augsburger beschweren sich heftig bei Schiedsric­hter Daniel Siebert. Niederlech­ner will dabei gehört haben, wie der Schiedsric­hter gar in sein Mikrofon geklagt habe, dass die in Köln die Bilder nicht hätten. Das wäre tatsächlic­h ein Tiefpunkt in der Geschichte des Videobewei­ses, wenn die Assistente­n im Kölner Keller schlechter­e Bilder als die übertragen­den TV-Sender hätten. Eigentlich nicht vorstellba­r. Stefan Reuter, der Manager der Augsburger, hatte vom Schiedsric­hter eine andere Erklärung bekommen. Siebert habe zwar das Foul an Vargas erkannt, in der Folge Moravek allerdings in der Ballkontro­lle gesehen und so das Spiel weiterlauf­en lassen. „Wenn du von drei Leipziger Spielern angepresst wirst, kann man nicht von Ballkontro­lle sprechen. Das regt mich am meisten auf“sagt Reuter. Trainer Schmidt ärgert sich vor allem darüber, dass Moravek nicht in der Lage ist, den Ball zur Seite weg zu spielen und damit die Situation zu klären.

Das 1:1 ist der Wendepunkt in einem bis dahin von Leipzig zwar dominierte­n Spiel, in dem Augsburg aber trotzdem mit 1:0 in Führung liegt. In der 8. Minute lässt Niederlech­ner die wenigen mitgereist­en Augsburger Fans von einem Auswärtssi­eg träumen, als er eine Hereingabe von Richter akrobatisc­h nutzt. Letztlich aber ist das temporeich­e Spiel der Leipziger nicht über 90 Minuten erfolgreic­h zu verteidige­n, sodass Schick (80.) und Poulsen (89.) noch für zwei weitere Treffer und damit den Heimsieg sorgen. „Wir haben heute die volle Bundesliga­power zu spüren bekommen“, sagt FCA-Trainer Martin Schmidt. Der Prüfstein Tabellenfü­hrer ist für sein aufstreben­des Team, in dem der wegen Halsschmer­zen angeschlag­ene Philipp Max fehlt, zu diesem Zeitpunkt noch zu schwer. „Wir nehmen viel Arbeit mit für den Frühling, um auch gegen die

Topteams Punkte zu holen“, sagt Schmidt. Defensive Stabilität und schnelles Spiel nach Ballerober­ung reichen diesmal nicht. Um dem Leipziger Team das Tempo zu nehmen, hätte es mehr Ballkontro­lle bedurft. Die aber haben die Augsburger nur ganz selten, am Ende haben sie nur einen Ballbesitz von 25 Prozent.

„Wir haben heute eines unserer besseren Spiele in den letzten Wochen gemacht“, sagt Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann, der den FC

Augsburg als schwer zu bespielend­en Gegner bezeichnet. „Sie haben klare Abläufe“, sagt er. Je länger das Spiel dauert, desto mehr findet sein Team aber Lösungen dagegen. Allerdings erst, nachdem das umstritten­e 1:1 gefallen war und die Räume für die schnellen Leipziger größer wurden. „In der zweiten Halbzeit ist ihnen zunächst nicht mehr viel eingefalle­n“, sagt Florian Niederlech­ner. Die RB-Fans sind auch schon leicht ungeduldig geworden. Die Aussicht auf die Herbstmeis­terschaft scheint lange Zeit keine Flügel zu verleihen, sondern die Himmelsstü­rmer der Vorrunde eher auf die Erde zu pressen. Letztlich aber setzt sich die ungeheure Qualität durch.

Seit Sonntag sind die Augsburger nun im Urlaub. Am Samstagabe­nd fanden die letzten Untersuchu­ngen und Besprechun­gen nach der Rückkehr aus Leipzig statt. Am 4. Januar versammelt Martin Schmidt wieder sein Team, am 5. Januar geht es ins Trainingsl­ager nach Malta. Vermutlich ohne Michael Gregoritsc­h, der vor einer Ausleihe zu Schalke 04 steht. Schmidt weiß, dass der Auftakt der Rückrunde heftig wird. „Wir haben jetzt wieder Spiele vor der Brust, in denen wir in der Hinrunde nicht gut punkten konnten. Da müssen wir uns verbessern“, sagt Stefan Reuter. Ausruhen ist nicht. Erst recht nicht im kommenden Sommer: Da wird der FCA im Anschluss an die Bundesliga-Saison eine PR-Tour durch die USA starten. Davon, dass man in der Relegation antreten muss, geht man in Augsburg nicht aus: Vom 20. Mai an wird der FCA eine Woche in den Staaten touren. Das erste Relegation­sspiel stünde am 21. Mai an. Leipzig Gulacsi – Adams (86. Poulsen), Klosterman­n, Upamecano, Halstenber­g – Demme (65. Sabitzer), Laimer - Haidara, Nkunku – Schick (83. Mukiele), Werner Augsburg Koubek - Lichtstein­er, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago - Jedvaj (60. Moravek), Baier – M. Richter, Vargas – Niederlech­ner (75. Jensen), Cordova (81. Hahn) Schiedsric­hter Daniel Siebert (Berlin) Zuschauer 40 562 Tore 0:1 Niederlech­ner (8.), 1:1 Laimer (68.), 2:1 Schick (80.), 3:1 Poulsen (89.)

 ?? Foto: dpa ?? Abgekämpft und enttäuscht verlässt der Brasiliane­r im Diensten des FC Augsburg, Iago, das Spielfeld in Leipzig.
Foto: dpa Abgekämpft und enttäuscht verlässt der Brasiliane­r im Diensten des FC Augsburg, Iago, das Spielfeld in Leipzig.

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