Die Überraschung bleibt aus
Fußball Beim Herbstmeister Leipzig führt der FC Augsburg lange, muss dann aber doch noch eine Niederlage einstecken. Der Ausgleichstreffer sorgt im FCA-Lager aber für großen Ärger. Niederlechner spricht von einer „Fehlentscheidung“
Leipzig Nein, wirklich freuen kann sich Florian Niederlechner nicht. Während draußen die Fans toben und sich die Spieler von RB Leipzig für die Herbstmeisterschaft feiern lassen, steht der Stürmer des FC Augsburg auf dem grünen Kunstrasen vor dem Kabineneingang. Er ist der einzige Augsburger Torschütze an diesem Nachmittag, was für ihn eine Fortsetzung seiner persönlichen Erfolgsserie ist. Andererseits geht die Partie für die Augsburger mit 1:3 verloren, was die Freude merklich trübt. Noch mehr aber bringt Niederlechner der Leipziger Ausgleichstreffer in Wallung.
„Das ist eine absolute Fehlentscheidung. Unglaublich, was da passiert ist. Mit so einem Schmarrn fällt das 1:1“, grummelt Niederlechner. Dem Ausgleich durch Konrad Laimer ist nach Augsburger Ansicht ein Foul vorausgegangen. Ein Foul an Ruben Vargas, in dessen Folge der Ball zu Jan Moravek kommt, der in Bedrängnis von drei Leipzigern den Ball verliert, was Laimer zu einem Schuss in den Torwinkel nutzt (68.). 16 Sekunden liegen zwischen dem vermeintlichen Foul an Vargas und Laimers Torerfolg. Die Augsburger beschweren sich heftig bei Schiedsrichter Daniel Siebert. Niederlechner will dabei gehört haben, wie der Schiedsrichter gar in sein Mikrofon geklagt habe, dass die in Köln die Bilder nicht hätten. Das wäre tatsächlich ein Tiefpunkt in der Geschichte des Videobeweises, wenn die Assistenten im Kölner Keller schlechtere Bilder als die übertragenden TV-Sender hätten. Eigentlich nicht vorstellbar. Stefan Reuter, der Manager der Augsburger, hatte vom Schiedsrichter eine andere Erklärung bekommen. Siebert habe zwar das Foul an Vargas erkannt, in der Folge Moravek allerdings in der Ballkontrolle gesehen und so das Spiel weiterlaufen lassen. „Wenn du von drei Leipziger Spielern angepresst wirst, kann man nicht von Ballkontrolle sprechen. Das regt mich am meisten auf“sagt Reuter. Trainer Schmidt ärgert sich vor allem darüber, dass Moravek nicht in der Lage ist, den Ball zur Seite weg zu spielen und damit die Situation zu klären.
Das 1:1 ist der Wendepunkt in einem bis dahin von Leipzig zwar dominierten Spiel, in dem Augsburg aber trotzdem mit 1:0 in Führung liegt. In der 8. Minute lässt Niederlechner die wenigen mitgereisten Augsburger Fans von einem Auswärtssieg träumen, als er eine Hereingabe von Richter akrobatisch nutzt. Letztlich aber ist das temporeiche Spiel der Leipziger nicht über 90 Minuten erfolgreich zu verteidigen, sodass Schick (80.) und Poulsen (89.) noch für zwei weitere Treffer und damit den Heimsieg sorgen. „Wir haben heute die volle Bundesligapower zu spüren bekommen“, sagt FCA-Trainer Martin Schmidt. Der Prüfstein Tabellenführer ist für sein aufstrebendes Team, in dem der wegen Halsschmerzen angeschlagene Philipp Max fehlt, zu diesem Zeitpunkt noch zu schwer. „Wir nehmen viel Arbeit mit für den Frühling, um auch gegen die
Topteams Punkte zu holen“, sagt Schmidt. Defensive Stabilität und schnelles Spiel nach Balleroberung reichen diesmal nicht. Um dem Leipziger Team das Tempo zu nehmen, hätte es mehr Ballkontrolle bedurft. Die aber haben die Augsburger nur ganz selten, am Ende haben sie nur einen Ballbesitz von 25 Prozent.
„Wir haben heute eines unserer besseren Spiele in den letzten Wochen gemacht“, sagt Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann, der den FC
Augsburg als schwer zu bespielenden Gegner bezeichnet. „Sie haben klare Abläufe“, sagt er. Je länger das Spiel dauert, desto mehr findet sein Team aber Lösungen dagegen. Allerdings erst, nachdem das umstrittene 1:1 gefallen war und die Räume für die schnellen Leipziger größer wurden. „In der zweiten Halbzeit ist ihnen zunächst nicht mehr viel eingefallen“, sagt Florian Niederlechner. Die RB-Fans sind auch schon leicht ungeduldig geworden. Die Aussicht auf die Herbstmeisterschaft scheint lange Zeit keine Flügel zu verleihen, sondern die Himmelsstürmer der Vorrunde eher auf die Erde zu pressen. Letztlich aber setzt sich die ungeheure Qualität durch.
Seit Sonntag sind die Augsburger nun im Urlaub. Am Samstagabend fanden die letzten Untersuchungen und Besprechungen nach der Rückkehr aus Leipzig statt. Am 4. Januar versammelt Martin Schmidt wieder sein Team, am 5. Januar geht es ins Trainingslager nach Malta. Vermutlich ohne Michael Gregoritsch, der vor einer Ausleihe zu Schalke 04 steht. Schmidt weiß, dass der Auftakt der Rückrunde heftig wird. „Wir haben jetzt wieder Spiele vor der Brust, in denen wir in der Hinrunde nicht gut punkten konnten. Da müssen wir uns verbessern“, sagt Stefan Reuter. Ausruhen ist nicht. Erst recht nicht im kommenden Sommer: Da wird der FCA im Anschluss an die Bundesliga-Saison eine PR-Tour durch die USA starten. Davon, dass man in der Relegation antreten muss, geht man in Augsburg nicht aus: Vom 20. Mai an wird der FCA eine Woche in den Staaten touren. Das erste Relegationsspiel stünde am 21. Mai an. Leipzig Gulacsi – Adams (86. Poulsen), Klostermann, Upamecano, Halstenberg – Demme (65. Sabitzer), Laimer - Haidara, Nkunku – Schick (83. Mukiele), Werner Augsburg Koubek - Lichtsteiner, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago - Jedvaj (60. Moravek), Baier – M. Richter, Vargas – Niederlechner (75. Jensen), Cordova (81. Hahn) Schiedsrichter Daniel Siebert (Berlin) Zuschauer 40 562 Tore 0:1 Niederlechner (8.), 1:1 Laimer (68.), 2:1 Schick (80.), 3:1 Poulsen (89.)