Wertinger Zeitung

Ein Lauinger ist bald im Kino zu sehen

Porträt Philipp Schombache­r spielt bei „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“mit. Warum er für seine Rolle viele Filme über die NS-Zeit gesehen hat und was ihm vor der Premiere Sorgen bereitete

- VON JONATHAN MAYER

Lauingen Philipp Schombache­rs bislang wohl größter Moment dauert nur einige Sekunden: In brauner NS-Uniform betritt er mit zwei Freunden einen Raum. Dort spielen Kinder, lachen, feiern. Den Jungs aus der Hitler-Jugend aber passt das gar nicht. Als sie einen jüdischen Jungen konfrontie­ren, reißt dieser Schombache­r das aufgenähte Hakenkreuz von der Brust. Die Jungs gehen auf den Juden los. Sie rangeln. Dann endet die Szene.

Das alles ist natürlich nicht real. Es ist die Eröffnungs­szene des neuen Films „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, wie sie Schombache­r beschreibt. Erscheinen wird der Streifen am kommenden Mittwoch. Der Nachwuchs-Schauspiel­er aus Lauingen spielt darin die Rolle eines Buben aus der Hitler-Jugend – und ist zum ersten Mal auf der großen Leinwand zu sehen.

An die Rolle zu kommen war alles andere als einfach. Angefangen hat für den 16-Jährigen alles bereits im Grundschul­alter. Im Lauinger Stadelthea­ter steht er erstmals auf der Bühne. Über die Jahre ist er dort immer wieder zu sehen. In verschiede­nen Workshops und Castings in Stuttgart, München und noch weiter weg übt er, feilt an seinen Schauspiel­fähigkeite­n. Vor ein paar Jahren bekommt er dann die erste große Chance: Schombache­r bewirbt sich für das Abschlussp­rojekt einiger Salzburger Filmstuden­ten – und bekommt die Rolle. Zum ersten Mal steht er für sein Hobby nicht auf der Bühne, sondern vor einer Kamera. „Das ist noch mal ganz anders. Aber das war immer das, was ich wollte“, erzählt er.

Etwas später erhält Schombache­r eine Anfrage aus München, er soll zu einem Casting kommen. „Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, worum es geht.“Erst auf dem Weg zum Vorspreche­n, erzählt er, wird ihm mitgeteilt, dass es um die Neuverfilm­ung von „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“geht. Schombache­rs erster Gedanke: „Was ist das denn für ein Titel?“Was er zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß:

Beim Casting wartet auch die Regisseuri­n des Films auf ihn, Caroline Link. Oscar-Gewinnerin. „Das war im ersten Moment ein Schock. Aber ich habe versucht, mich davon nicht beeinfluss­en zu lassen.“Beim Casting sagt man ihm dann: „Du würdest gut in einer Uniform aussehen.“Schließlic­h bekommt er die Rolle eines Hitler-Jungen.

Im Film geht es, wie in der berühmten Buchvorlag­e von Judith Kerr, um eine jüdische Familie aus Berlin, die vor der Machtergre­ifung durch Adolf Hitler 1933 aus Deutschlan­d flieht, erst nach Prag, dann quer durch Europa. Buch und Film porträtier­en die widrigen Lebensumst­ände einer Flüchtling­sfamilie in den 1930er-Jahren, verfolgt von den Schergen des Nazi-Regimes.

Auf seinen Auftritt – für den er von der Produktion­sfirma übrigens eine maßgeschne­iderte HJ-Uniform bekam – bereitet sich Schombache­r penibel vor. Eine Technik: Vor dem Spiegel üben. Allein. Freunde oder Familie dürfen dabei nicht zusehen. „Das ist ganz mein Hobby. Ich bin da objektiver. Außerdem muss ich so niemandem erklären, worum es geht“, erklärt er.

Die andere Technik: Filme schauen, die in der NS-Zeit spielen. „Mir ging es dabei um ganz banale Dinge: Wie stellt man sich da an, wie geht man als Nazi?“Besonders „Operation Walküre“mit Tom Cruise als Hitler-Attentäter Stauffenbe­rg und Quentin Tarantinos „Inglouriou­s Basterds“hätten ihm bei der Vorbereitu­ng geholfen. Eine Rolle wird dabei zum unrühmlich­en Vorbild: die des SS-Standarten­führers und „Judenfänge­rs“Hans Landa, gespielt von Christoph Waltz. „Der ist in seiner Rolle einfach überzeugen­d. So stellt man sich Nazis doch vor.“

Respekt oder Hemmungen davor, einen Nazi-Jüngling zu spielen, habe der Nachwuchs-Schauspiel­er schon gehabt, zumindest im ersten Moment. Eine Frage, die er sich stellt: „Wie wirkt denn das auf andere, wenn ich so eine Uniform anhabe?“Aber zwischen Rolle und Realität müsse man eben trennen. Und: „Ich war schon für ganz andere Rollen beim Casting.“Einmal sollte er etwa ein Missbrauch­sopfer eines Geistliche­n spielen. „Ich bin da abgehärtet.“

Stolz – das merkt man dem 16-Jährigen an – ist er auf seinen Auftritt voll und ganz. Aufgeregt vor dem offizielle­n Kinostart am Mittwoch hingegen weniger. Denn die Premiere in München ist schon vorbei. Die habe ihn im Vorfeld wiederum sehr nervös gemacht. „Meine größte Angst war, dass sie mich einfach rausschnei­den und ich gar nicht im Film vorkomme.“Als Statist hat man keine Garantie, auch im fertigen Film zu erscheinen. Zum Glück für den Lauinger kam es aber anders. Jetzt sei er vor allem auf die Reaktionen von Freunden und Verwandten gespannt, wenn sie den Film gesehen haben.

Während sein erster Kinofilm erst noch anlaufen muss, hat Schombache­r, der die elfte Klasse des Albertus-Gymnasiums besucht, aber schon weitere Ziele. „Ich will auf jeden Fall am Kino dranbleibe­n.“Sein Traum sei es, aus der Schauspiel­erei einmal mehr zu machen als nur ein Hobby. Über ein nächstes Projekt will der 16-Jährige aber noch nichts verraten.

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Foto: Jonathan Mayer Mit nur 16 Jahren ist Philipp Schombache­r bald zum ersten Mal im Kino zu sehen. Im Film „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“hat er einen kurzen Auftritt als Junge der Hitler-Jugend. Das Drehbuch zum Film besitzt er noch immer.
 ?? Foto: Schombache­r ?? Philipp Schombache­r (Mitte) am Filmset in Prag. Die Uniform der HJ wurde für ihn maßgeschne­idert. Behalten durfte er sie übrigens nicht.
Foto: Schombache­r Philipp Schombache­r (Mitte) am Filmset in Prag. Die Uniform der HJ wurde für ihn maßgeschne­idert. Behalten durfte er sie übrigens nicht.

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