Ein Lauinger ist bald im Kino zu sehen
Porträt Philipp Schombacher spielt bei „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“mit. Warum er für seine Rolle viele Filme über die NS-Zeit gesehen hat und was ihm vor der Premiere Sorgen bereitete
Lauingen Philipp Schombachers bislang wohl größter Moment dauert nur einige Sekunden: In brauner NS-Uniform betritt er mit zwei Freunden einen Raum. Dort spielen Kinder, lachen, feiern. Den Jungs aus der Hitler-Jugend aber passt das gar nicht. Als sie einen jüdischen Jungen konfrontieren, reißt dieser Schombacher das aufgenähte Hakenkreuz von der Brust. Die Jungs gehen auf den Juden los. Sie rangeln. Dann endet die Szene.
Das alles ist natürlich nicht real. Es ist die Eröffnungsszene des neuen Films „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, wie sie Schombacher beschreibt. Erscheinen wird der Streifen am kommenden Mittwoch. Der Nachwuchs-Schauspieler aus Lauingen spielt darin die Rolle eines Buben aus der Hitler-Jugend – und ist zum ersten Mal auf der großen Leinwand zu sehen.
An die Rolle zu kommen war alles andere als einfach. Angefangen hat für den 16-Jährigen alles bereits im Grundschulalter. Im Lauinger Stadeltheater steht er erstmals auf der Bühne. Über die Jahre ist er dort immer wieder zu sehen. In verschiedenen Workshops und Castings in Stuttgart, München und noch weiter weg übt er, feilt an seinen Schauspielfähigkeiten. Vor ein paar Jahren bekommt er dann die erste große Chance: Schombacher bewirbt sich für das Abschlussprojekt einiger Salzburger Filmstudenten – und bekommt die Rolle. Zum ersten Mal steht er für sein Hobby nicht auf der Bühne, sondern vor einer Kamera. „Das ist noch mal ganz anders. Aber das war immer das, was ich wollte“, erzählt er.
Etwas später erhält Schombacher eine Anfrage aus München, er soll zu einem Casting kommen. „Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, worum es geht.“Erst auf dem Weg zum Vorsprechen, erzählt er, wird ihm mitgeteilt, dass es um die Neuverfilmung von „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“geht. Schombachers erster Gedanke: „Was ist das denn für ein Titel?“Was er zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß:
Beim Casting wartet auch die Regisseurin des Films auf ihn, Caroline Link. Oscar-Gewinnerin. „Das war im ersten Moment ein Schock. Aber ich habe versucht, mich davon nicht beeinflussen zu lassen.“Beim Casting sagt man ihm dann: „Du würdest gut in einer Uniform aussehen.“Schließlich bekommt er die Rolle eines Hitler-Jungen.
Im Film geht es, wie in der berühmten Buchvorlage von Judith Kerr, um eine jüdische Familie aus Berlin, die vor der Machtergreifung durch Adolf Hitler 1933 aus Deutschland flieht, erst nach Prag, dann quer durch Europa. Buch und Film porträtieren die widrigen Lebensumstände einer Flüchtlingsfamilie in den 1930er-Jahren, verfolgt von den Schergen des Nazi-Regimes.
Auf seinen Auftritt – für den er von der Produktionsfirma übrigens eine maßgeschneiderte HJ-Uniform bekam – bereitet sich Schombacher penibel vor. Eine Technik: Vor dem Spiegel üben. Allein. Freunde oder Familie dürfen dabei nicht zusehen. „Das ist ganz mein Hobby. Ich bin da objektiver. Außerdem muss ich so niemandem erklären, worum es geht“, erklärt er.
Die andere Technik: Filme schauen, die in der NS-Zeit spielen. „Mir ging es dabei um ganz banale Dinge: Wie stellt man sich da an, wie geht man als Nazi?“Besonders „Operation Walküre“mit Tom Cruise als Hitler-Attentäter Stauffenberg und Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“hätten ihm bei der Vorbereitung geholfen. Eine Rolle wird dabei zum unrühmlichen Vorbild: die des SS-Standartenführers und „Judenfängers“Hans Landa, gespielt von Christoph Waltz. „Der ist in seiner Rolle einfach überzeugend. So stellt man sich Nazis doch vor.“
Respekt oder Hemmungen davor, einen Nazi-Jüngling zu spielen, habe der Nachwuchs-Schauspieler schon gehabt, zumindest im ersten Moment. Eine Frage, die er sich stellt: „Wie wirkt denn das auf andere, wenn ich so eine Uniform anhabe?“Aber zwischen Rolle und Realität müsse man eben trennen. Und: „Ich war schon für ganz andere Rollen beim Casting.“Einmal sollte er etwa ein Missbrauchsopfer eines Geistlichen spielen. „Ich bin da abgehärtet.“
Stolz – das merkt man dem 16-Jährigen an – ist er auf seinen Auftritt voll und ganz. Aufgeregt vor dem offiziellen Kinostart am Mittwoch hingegen weniger. Denn die Premiere in München ist schon vorbei. Die habe ihn im Vorfeld wiederum sehr nervös gemacht. „Meine größte Angst war, dass sie mich einfach rausschneiden und ich gar nicht im Film vorkomme.“Als Statist hat man keine Garantie, auch im fertigen Film zu erscheinen. Zum Glück für den Lauinger kam es aber anders. Jetzt sei er vor allem auf die Reaktionen von Freunden und Verwandten gespannt, wenn sie den Film gesehen haben.
Während sein erster Kinofilm erst noch anlaufen muss, hat Schombacher, der die elfte Klasse des Albertus-Gymnasiums besucht, aber schon weitere Ziele. „Ich will auf jeden Fall am Kino dranbleiben.“Sein Traum sei es, aus der Schauspielerei einmal mehr zu machen als nur ein Hobby. Über ein nächstes Projekt will der 16-Jährige aber noch nichts verraten.