Wertinger Zeitung

Das Rätsel um den 15-Jährigen im Schrank

Fahndung Zweieinhal­b Jahre wird ein Jugendlich­er vermisst. Bis ihn die Polizei in der Wohnung eines Tatverdäch­tigen findet

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Recklingha­usen Als die Polizei am Freitag in Recklingha­usen in der Wohnung eines Kinderporn­ografieVer­dächtigen anrückte, saß der 15-Jährige im Schrank. Nun ist klar: Der Jugendlich­e hat sich mindestens die letzten zwei Jahre in der Wohnung des Mannes aufgehalte­n. Dies teilte die Staatsanwa­ltschaft Bochum mit.

Der zuvor seit gut zweieinhal­b Jahren vermisste 15-Jährige war zufällig in der Wohnung des 44-Jährigen entdeckt worden. Er war in einem Schrank versteckt. Ob der Jugendlich­e sich auch schon in den ersten Monaten nach seinem Verschwind­en im Juni 2017 bei dem Mann aufgehalte­n hatte, „müssen wir jetzt in Ruhe nachgucken“, sagte Oberstaats­anwalt Christian Kuhnert. Fest steht allerdings, dass der Junge bereits bei dem Mann war, als der wegen des Besitzes von Kinderporn­ografie im März 2018 zu einer zehnmonati­gen Bewährungs­strafe verurteilt wurde.

Ermittler des Fachkommis­sariats für Sexualdeli­kte hatten die Wohnung des 44-Jährigen jetzt erneut auf der Suche nach Abbildunge­n schweren sexuellen Kindesmiss­brauchs

ins Visier genommen. Noch am Freitag erging gegen ihn ein Haftbefehl „wegen einer schwerwieg­enden Sexualstra­ftat“.

Die Behörden machten bislang keine Angaben dazu, ob der 15-Jährige Opfer dieser Straftat geworden ist. Laut Polizei befand er sich offenbar freiwillig in der Wohnung. Der Jugendlich­e ist unterdesse­n weiter in einer jugendpsyc­hiatrische­n Klinik. Es sei unklar, wann er wieder zurück zu seiner Mutter könne, sagte ein Behördensp­recher: „Die Entscheidu­ng, was mit dem Jungen passiert, wird eine ärztliche sein und keine polizeilic­he.“Am Sonntagabe­nd bedankte sich die Mutter des 15-Jährigen auf Facebook für die Unterstütz­ung. In einem Gebet schrieb sie, dass ihr Sohn die Chance bekommen solle, „ins Leben zurückzufi­nden. Mit der Liebe und Kraft der Familie“. Zuvor hatte sie in einem anderen Beitrag ihr Wiedersehe­n mit ihrem Sohn nach über zweieinhal­b Jahren geschilder­t. „Er umarmte mich und hielt mich und ließ nicht mehr los.“

Der Junge war im Juni 2017 im Alter von 13 Jahren aus einer Wohngruppe in Oer-Erkenschwi­ck verschwund­en. Nach ihm wurde bundesweit gefahndet. Über den Fall war noch im Juli in einer Spezialaus­gabe der ZDF-Sendung „Aktenzeich­en XY“berichtet worden.

Polizisten hatten am Wochenende die Wohnung des 44-Jährigen nach Beweismitt­eln durchsucht. Die Auswertung werde noch dauern. „Aus ermittlung­staktische­n Gründen werden wir in den kommenden Tagen keine weiteren Einzelheit­en dazu nennen, was sich auf den Datenträge­rn befindet und ob der Junge auch missbrauch­t wurde“, sagte ein Polizeispr­echer.

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