Die Weihnachtsbotschaft in sieben Minuten
Verkündigung Wie sagen es Seelsorger ihren „Schäfchen“in der Christmette, worauf es an Heiligabend ankommt? Und fühlen sich die Geistlichen bei der Weihnachtspredigt unter Druck? Wir haben uns bei Pfarrern im Kreis umgehört
Landkreis Es ist wohl die am meisten erzählte Geschichte der Welt: die Geburt Christi im Stall zu Bethlehem. Gott wird Mensch – um die Auslegung der Weihnachtsbotschaft ringen die Seelsorger jedes Jahr neu. Und vermutlich schwingt bei Pfarrerinnen und Pfarrern auch ein gewisser Druck mit, denn Weihnachtsgottesdienste sind ja die am besten besuchten heiligen Messen des Jahres. Eine Art Endspiel am Beginn des Kirchenjahres? Dillingens Stadtpfarrer Wolfgang Schneck lässt solche Gedanken gar nicht erst zu. Bei ihm hat das aber einen unerwarteten Grund. „Ich habe vor jeder großen Festlichkeit kräftiges Lampenfieber“, sagt Schneck. Den ganzen Advent mache er sich Gedanken, was er an Weihnachten predige. Und irgendwann werde es dann in Begegnungen oder durch Texte auf Weihnachtskarten klar, wie die Predigt aussieht. „Der Mensch ist das Spiegelbild Gottes“, lautet in diesem Jahr Schnecks Grundgedanke. Und Weihnachten heiße: „Gott sagt: Mensch, in Deiner Haut möchte ich stecken.“Schneck betont, dass Gott kein Gegenüber sei, sondern „unsere Mitte“.
Für Lauingens Pfarrerin Alicia Menth ist die Predigt an Weihnachten immer etwas Besonderes, denn am 24. Dezember kommen mehr als 300 Menschen in die Christuskirche. Die Predigt dauere zwar nur etwa 15 Minuten, doch trotzdem nehme die Vorbereitung mehrere Tage in Anspruch. „Ich muss mir schon Zeit nehmen, um hineinzuhören, was die Leute brauchen“, sagt die 35-Jährige. Die Aktualität der Weihnachtsgeschichte könne jeden ansprechen. „Nicht nur die Menschen, in deren Leben alles perfekt läuft, sondern vor allem die Leute, die gerade mit Problemen und Sorgen zu kämpfen haben“, sagt Menth.
Buttenwiesens Pfarrer Klaus Ammich will sich nicht zu sehr auf die Weihnachtspredigt fixieren. „Auch an gewöhnlichen Sonntagen sollten Menschen etwas aus den Gottesdiensten mitnehmen“, sagt Ammich. Der Geistliche wird in der Christmette genau „sieben bis siebeneinhalb Minuten“predigen. Und das Thema sei: „Gott nimmt uns Menschen ganz und gar an als seine Kinder, die er nie wieder fallen lässt.“In Jesus habe Gott ein menschliches Gesicht bekommen, sagt Ammich. Und Weihnachten zeige, auch wenn sich Menschen in ihrer Freiheit von Gott abwenden, komme Gott immer wieder zu ihnen. Holzheims Pfarrer Josef Kühn hatte beim Gespräch mit unserer Zeitung seine Predigt noch nicht ausformuliert, aber schon mal vorab eine tröstliche Botschaft. „Ich sag immer: Im Stall von Bethlehem ist es nicht perfekt zugegangen“, teilt Kühn mit. Er versuche, auf den riesigen Druck zur Perfektion in der Gesellschaft zu reagieren und die Menschen auf ein Angebot zur Entlastung hinzuweisen. Kühn sagt: „Die Atmosphäre im Stall von Bethlehem ist nicht perfekt, aber trotzdem glänzt es am Ende.“
Johannes Schaufler aus Gundelfingen sagt, für ihn seien alle Predigten gleich wichtig. „Da gibt es keine Skala“, erklärt der Seelsorger. Ihm gehe es darum, dass Weihnachten mehr sei als ein „Glitzerzeug- und Geschenke-Tauschfest“. Er habe da einen Gedanken des Innsbrucker Altbischofs Reinhold Stecher im Kopf, dessen Kater sich einst in die Krippe gelegt und Christkind, Maria und Josef sowie Ochs und Esel beiseitegedrängt habe. Es dürfe aber an Weihnachten nicht alles für die Katz sein, sagt Schaufler und rät, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Menschen könnten „Halt in Gott finden, er kommt uns an Weihnachten entgegen“, betont Schaufler.
Dillingens evangelischer Stadtpfarrer Manuel Kleiner predigt an Heiligabend um 15.30 und 17 Uhr in den Christvespern, seine Frau Sabine Verron-Kleiner übernimmt die Christmette. In jungen Jahren habe er sich an Weihnachten ziemlich Druck gemacht, erinnert sich Kleiner. Mittlerweile habe er dann die Sorge verloren, dass die Predigt misslingen könne. Routine werde Weihnachten aber nie. Gottesdienste an Weihnachten seien deshalb anders, weil die Menschen in großer Erwartung in die Kirche kämen. In den Gottesdiensten werden an diesem Dienstag auch Krippenspiele aufgeführt. Kleiner will darauf hinweisen, dass die Grenze zwischen Mensch und Engel fließend sei. „Es gibt Menschen, die durch ihre Hilfsbereitschaft und Liebenswürdigkeit zum Engel werden“, sagt Kleiner. Seine Frau predige über das Johannesevangelium: „Und das Wort ward Fleisch.“In Jesus habe das Wort Gottes Gestalt angenommen. Dadurch könnten die Menschen Kraft und Hoffnung bekommen. Diese Hinwendung Gottes zu den Menschen zeige auch, dass der Tod nicht mehr zu fürchten sei.
Lauingens Stadtpfarrer Raffaele De Blasi sagt, dass jeder Gottesdienst gleich wichtig sei. „Aber natürlich bemüht man sich an Weihnachten schon, es gut zu machen“, versichert der Seelsorger. Es sei ja auch eine Chance, Menschen für den Glauben zu begeistern, die sonst nicht so oft den Gottesdienst besuchen. De Blasi wird in der Christmette über den Esel predigen und das Wort aus dem Evangelium: „Der Herr braucht ihn.“Der Esel tauche sowohl an der Krippe als auch am Kreuz auf, denn Jesus sei einst auf diesem Tier in Jerusalem eingeritten. Im Gegensatz zu Königen und anderen Herrschern, die auf dem Pferd ritten. Der Esel könne auch für Christen ein Zeichen sein, dass sie gefordert sind, etwas zu tun. Denn der Herr brauche jeden Einzelnen.
Wertingens Stadtpfarrer Rupert Ostermayer gesteht, bei der Weihnachtspredigt „schon noch ein bisschen aufgeregt“zu sein. Natürlich stelle er da einen gewissen Anspruch an sich selbst. „Aber es gibt ja noch jemand anderen, der da wirkt“, sagt der Geistliche und verweist auf Gott selbst. Dies sei ohnehin das Wichtigste an Weihnachten: „Dass wir von Gott voll angenommen sind“, wie Ostermayer betont. Dies sollten Christen in sich hineinlassen. Dann, so der Seelsorger, ändere sich etwas in uns zum Positiven.