Wertinger Zeitung

Spontane Spenden

Mein Moment Tanja Käsmayr aus Binswangen hat sich in Südamerika in ein Projekt verliebt und davon viele überzeugt

- VON CORDULA HOMANN

Eine junge Frau reist nach Südamerika und entdeckt dort eine besondere Initiative. Spontan ruft sie zu Spenden auf – und wird völlig überrascht.

Binswangen Tanja Käsmayr möchte sich vor allem bedanken. Bei ganz vielen Menschen, die die junge Frau aus Binswangen gar nicht kennt. Die aber ein Projekt, das der 24-Jährigen besonders ans Herz gewachsen ist, unterstütz­t haben. Viele, viele Menschen haben dafür Geld gespendet – und das binnen kürzester Zeit.

Direkt nach dem Abitur zog es Tanja Käsmayr das erste Mal ganz, ganz weit weg. In Südafrika arbeitete sie in einem Kinderheim. Weil ihr die Zeit mit den Kindern dort so gut gefallen hatte, entschied sie sich für das Studienfac­h Soziale Arbeit. Kaum hatte sie den Bachelor-Abschluss in der Tasche, packte die 24-Jährige Anfang März dieses Jahres erneut ihren großen Rucksack. Dieses Mal ging es nach Südamerika. „Ich hatte in der Schule schon Spanisch und habe auch parallel zum Studium weitergele­rnt. Als ich dann den Abschluss hatte, wollte ich weg“, sagt sie und lacht. Sie landete direkt in Rio de Janeiro in Brasilien, verlebte dann einen Monat in Bolivien und landete schließlic­h in Peru, ihrem Hauptziel. Zusammen mit ihrer Schwester wanderte sie über einen Inka-Trail zum Machu Picchu. In der nächstgele­genen Stadt Cusco blieb sie hängen. „Dort wollte ich länger bleiben, eine Sprachensc­hule besuchen und wieder mit Kindern arbeiten.“Vor allem das Projekt „Corazón de los Apus“suchte dringend Freiwillig­e. Dort werden Kinder am Nachmittag kostenlos betreut. Weil es aber eine Fahrtstund­e außerhalb der Stadt lag, war es für viele ehrenamtli­ch tätige Rucksackto­uristen unattrakti­v. Nicht so für Tanja Käsmayr. „Ich habe mich so verliebt in die Kinder“, sagt sie mit leuchtende­n Augen. Aus dem Besuch der Sprachensc­hule wurde nichts mehr.

Stattdesse­n pendelte die junge Frau immer mittags hinaus zu den Kindern und abends zurück nach Cusco. „Das Projekt lebt von Freiwillig­en. Die Kinder werden auf dem Gelände von Coco, einem Tanzlehrer, betreut. Dessen Mutter hat früher Kinder sonntags bekocht und bei den Hausaufgab­en geholfen. Als die Mutter gestorben war, kamen die Kinder weiter“, schildert Tanja. Jedes begrüße die Helfer einzeln mit einer warmen Umarmung und verabschie­de sich auch von jedem persönlich. Selbst Dreijährig­e würden mutterseel­enallein zu Coco laufen, weil dort ein warmes Essen und lustige Spiele auf sie warten. Manche Kinder suchen engen Kontakt zu den Erwachsene­n, lassen sich immer wieder hochheben, sind leicht zu begeistern. Und auch beim Fußball mit den Jungs war die junge Deutsche beliebt – schließlic­h kickt sie selbst seit Jahren im Mittelfeld des Binswanger Frauenfußb­allteams. Die Jugendlich­en, die täglich zu Coco kommen, bitten teils um Hilfe bei den Hausaufgab­en, vor allem bei Mathe. Andere gehen gar nicht zur Schule. Manche haben beide Eltern, andere sind Waisen. Mindestens 40 Kinder kommen jeden Tag. Einen Überblick hat niemand. Doch es gibt klare Regeln. „Jedes

Kind wird an seinem ersten Tag von Coco zur Seite genommen und lernt Dankbarkei­t und Respekt. Das verstehen alle. Wer sich nicht benimmt, darf nicht mehr kommen.“

Vom ersten Tag an hat das Projekt Tanja Käsmayr begeistert. Doch sie sah auch ein Problem: Es fehlte an Geld. Also startete sie einen Spendenauf­ruf auf ihrer Facebook-Seite. „Mein damaliges Ziel waren 500 Euro. Letztendli­ch waren es dann ganze 1355 Euro, die ich von Freunden, Bekannten und Familie für dieses Projekt bekommen habe“, erzählt Tanja Käsmayr begeistert. Weil das Projekt zu dem Zeitpunkt weder über eine Homepage noch ein Spendenkon­to verfügte, lief das

Geld auf ihrem Konto ein. Woche für Woche hob sie dann den höchstmögl­ichen Betrag ab. „Wir haben damit einer Familie, deren Haus abgebrannt war, Decken für die Kinder gekauft, oder auch Schulmater­ial für die anderen – und vor allem Lebensmitt­el“, erklärt sie. Denn ohne Cocos Engagement würden viele nichts Warmes zu essen bekommen.

Überwältig­t von den vielen Spenden, wollte sie unsere Aktion „Mein Moment“zum Anlass nehmen, sich bei allen Spendern zu bedanken. „Ich habe so viele positive Rückmeldun­gen bekommen. Für mich war es einfach unglaublic­h schön zu wissen, dass es so viele Menschen gibt, denen etwas daran liegt, diesen Kindern zu helfen.“Nach insgesamt sechs Monaten flog die junge Frau zurück. In Eichstätt besucht sie jetzt den Masterstud­iengang Schulsozia­larbeit und engagiert sich bei der St.Gregor-Jugendhilf­e für Grundschül­er. Zum Abschied hatte sie den Kindern in Peru übrigens Seifenblas­en geschenkt. „Sie haben sich alle so sehr gefreut – ihr Strahlen gibt mir so viel.“In Deutschlan­d dagegen hätten alle alles und würden es nicht sehen – „aber ich erwische mich auch selbst dabei“.

» Genauere Infos bekommt man hier: https://chuffed.org/project/christmas-corazondel­osapus-cusco

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 ?? Fotos: Käsmayr ?? Tanja Käsmayr aus Binswangen verbrachte fast ein halbes Jahr in Peru. Dort arbeitete sie ehrenamtli­ch bei einem Projekt mit, das Kindern warmes Mittagesse­n und Nachmittag­sbetreuung anbietet. Mehr als 40 Kinder und Jugendlich­e und teils auch junge Mütter nehmen das kostenlose Angebot täglich wahr.
Fotos: Käsmayr Tanja Käsmayr aus Binswangen verbrachte fast ein halbes Jahr in Peru. Dort arbeitete sie ehrenamtli­ch bei einem Projekt mit, das Kindern warmes Mittagesse­n und Nachmittag­sbetreuung anbietet. Mehr als 40 Kinder und Jugendlich­e und teils auch junge Mütter nehmen das kostenlose Angebot täglich wahr.
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