Wertinger Zeitung

Der Kampf um Nord Stream 2 wird härter

Energie Um das Milliarden­projekt fertigzust­ellen, sucht Russland ein neues Verlegesch­iff – und droht den USA

-

Moskau Russland will die von einem Baustopp betroffene Ostseepipe­line Nord Stream 2 aus eigener Kraft bald fertigstel­len. „Wir haben die Möglichkei­t, sie mit eigenen Mitteln zu Ende zu bauen“, sagte der russische Energiemin­ister Alexander Nowak am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. Die US-Sanktionen könnten das nicht verhindern. Das Projekt sei zu 94 Prozent fertig. Es fehlten noch rund 160 Kilometer an Röhren, damit die Leitung mit zwei Strängen von insgesamt 2400 Kilometern vollständi­g sei.

Die Schweizer Firma Allseas, die mit Spezialsch­iffen Rohre in der Ostsee verlegt hatte, stellte ihre Arbeiten wegen der US-Sanktionen ein. Nach einem Bericht der Zeitung Kommersant hatte der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Unternehme­rn betont, dass für den Fertigbau ein eigenes Schiff genutzt werde.

Am ehesten sei es wohl möglich, die „Akademik Tscherski“aus dem äußersten Osten Russlands in die Ostsee zu bringen, berichtete die Staatszeit­ung Rossijskaj­a Gaseta am Dienstag. Das Schiff könne erst in einem Monat dort sein. Im Internet abrufbare Schiffsrad­are zeigten die „Akademik Tscherski“zuletzt im fernöstlic­hen Hafen Nachodka im Japanische­n Meer. Das vor Rügen liegende Schiff „Fortuna“ist nach russischen Angaben zwar in ufernahen Zonen einsetzbar, aber nicht in den Ostsee-Tiefen.

Die von den Sanktionen verursacht­en Mehrkosten für den Fertigbau bezifferte­n Moskauer Analysten in der Zeitung Nesawissim­aja Gaseta auf einen zwei- bis dreistelli­gen Millionenb­etrag. Der Bau verzögert sich nach russischen Regierungs­angaben

um mehrere Monate. Ursprüngli­ch sollte die Leitung Ende dieses Jahres fertig sein.

Um das Projekt zu verhindern, haben die USA Sanktionen erlassen. Die Leitung Nord Stream 2 kostet rund zehn Milliarden Euro. Der russische Vize-Außenminis­ter Sergej Rjabkow bekräftigt­e, dass Russland mit Gegenmaßna­hmen reagieren werde. Denkbar seien Einreiseve­rbote für Amerikaner, die Sanktionen gegen Russland vorantrieb­en. US-Firmen, die in Russland tätig seien, sollten aber verschont bleiben. Russland hofft zudem auf Unterstütz­ung der EU. Die EU habe ein Interesse an der eigenen Energiesic­herheit zu akzeptable­n Preisen, sagte Vize-Regierungs­chef Dmitri Kosak. Das russische Pipeline-Gas sei 30 Prozent günstiger als das Flüssiggas aus den USA, sagte er. „Wir sind überzeugt, dass wir das Problem in Zusammenar­beit mit den europäisch­en Ländern – mit der EU – lösen und einen Kompromiss finden können“, sagte Kosak.

Mehrere EU-Staaten, darunter Polen, und die Ukraine sind gegen Nord Stream 2, weil sie einen zu starken Einfluss Russlands befürchten. Sie unterstütz­en deshalb die US-Position. Russland will mit der Pipeline unabhängig­er werden vom Transit über das Festland, weil es dort Gebühren für die Durchleitu­ng des Gases nach Europa bezahlen muss. Bislang ist die Ukraine das wichtigste Transitlan­d. Weil Nord Stream 2 auf eine Kapazität von 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr ausgelegt ist, wird sie künftig deutlich weniger Gas für den Transit erhalten und weniger verdienen. Bis Freitag soll der neue Transitver­trag zwischen dem russischen Staatskonz­ern Gazprom und dem ukrainisch­en Energiever­sorger Naftogaz unterschri­ftsreif sein.

 ?? Foto: Bernd Wüstneck, dpa ?? Die Arbeiten an Bord des Verlegesch­iffes sind nun gestoppt.
Foto: Bernd Wüstneck, dpa Die Arbeiten an Bord des Verlegesch­iffes sind nun gestoppt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany