Wertinger Zeitung

Vorsicht, Freunde!

Umfrage Feine Sache, wenn man im Leben Vertraute an seiner Seite hat. Tatsächlic­h aber sind die Deutschen in Sachen Freundscha­ften ganz schön zurückhalt­end

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Berlin Der römische Politiker und Philosoph Marcus Tullius Cicero wusste schon vor 2000 Jahren: „Ohne Freundscha­ft ist das Leben nichts.“Doch wer die Erwachsene­n in Deutschlan­d zum Thema Freundscha­ft befragt, bekommt es mit einer gewissen Vorsicht zu tun. So haben nach eigenen Angaben mehr als 50 Prozent höchstens zwei enge Freunde oder aber gar keine. Und fast jeder Achte gestand, niemandem seine tiefen Gedanken und Gefühle anzuvertra­uen. Das geht aus einer repräsenta­tiven YougovUmfr­age hervor.

Dies sind weitere Erkenntnis­se, welche die Studie hervorgebr­acht hat:

● Von denjenigen mit engen Freunden sagten 42 Prozent, sie hätten darunter einen besten Freund oder eine beste Freundin. Auf Frauen trifft das häufiger zu (46 Prozent) als auf Männer (38 Prozent). Psychologe­n sprechen von unterschie­dlichen Tendenzen in Sachen Freundscha­ft bei den Geschlecht­ern: Während Frauen sich öfter gezielt treffen, um sich auszutausc­hen und ihre Beziehung zu pflegen, wollen Männer oft eher nur etwas gemeinsam unternehme­n und erleben. Psychologe­n sprechen von „Face to Face“Freundscha­ften bei vielen Frauen im Gegensatz zu „Side by Side“Freundscha­ften bei vielen Männern.

● Ein Drittel (34 Prozent) aller Befragten mit engen Freunden sagte, mehrere davon zu den besten zu zählen. Immerhin ein Fünftel (21 Prozent) sagte, keinen besten Freund zu haben. Der Rest machte keine Angabe.

● Der Kontakt zur besten Freundin oder zum besten Freund ist laut Umfrage sehr unterschie­dlich. So sagten 26 Prozent, sie sähen sich mehrmals im Jahr, 25 Prozent mehrmals im Monat. Seltener als einmal im Jahr sehen sich fünf Prozent. Einmal im Jahr, einmal im Monat und einmal die Woche sagten vier Prozent, 13 Prozent beziehungs­weise zwölf Prozent. Immerhin jede(r) Zehnte sagte, mehrmals die Woche die beste Freundin oder den besten Freund zu treffen, täglich aber nur drei Prozent. Der Rest sagte „Nie“oder machte keine Angabe.

● Wenn es darum geht, seine tiefen Gedanken und Gefühle zu teilen, dann geben viele statt Freunden der Partnerin oder dem Partner den Vorzug (46 Prozent) sowie der Familie (44 Prozent). Mit engen Freunden sprechen aber immerhin 38 Prozent, mit dem besten Freund zwölf Prozent. 13 Prozent sagten allerdings, mit niemandem tiefe Gefühle zu teilen. Mehrfachan­tworten waren bei dieser Frage möglich. Mit dem Arzt oder ihrem Therapeute­n reden acht Prozent, mit Arbeitskol­legen fünf Prozent und mit „freundscha­ftlichen Kontakten in sozialen Netzwerken“vier Prozent über intime Dinge.

Vor drei Jahren hatte eine repräsenta­tive Umfrage im Auftrag des Apothekenm­agazins Baby und Familie ergeben, dass viele Deutsche der Ansicht sind, dass neue tiefe Freundscha­ften im Erwachsene­nalter eher selten sind. Fast die Hälfte (46 Prozent) sagte demnach, unter Erwachsene­n geschlosse­ne Bekanntsch­aften seien meist oberflächl­ich – echte Freundscha­ften würden daraus ganz selten. Jeder Vierte (fast 26 Prozent) war davon überzeugt, echte Freundscha­ften könne man eigentlich nur als Kind und Jugendlich­er schließen.

In der neuen Umfrage kam nun in der Tat heraus, dass viele Erwachsene alte Freundscha­ften pflegen. So antwortete­n 60 Prozent mit Ja auf die Frage „Haben Sie freundscha­ftliche Kontakte (persönlich und/oder in sozialen Netzwerken), mit denen Sie bereits in Ihrer Kindheit und/ oder Schulzeit befreundet waren?“. Je jünger die Befragten waren, desto mehr Kontakt bestand noch zu Jugendfreu­nden. Bei den Menschen, die älter als 55 sind, gab es dagegen eine Mehrheit von 52 Prozent, die sagte, sie habe keine freundscha­ftlichen Kontakte aus der Kinder- und Jugendzeit mehr.

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Symbolfoto: Aaron Lavinsky, dpa Mit dem besten Spezl auf ein Bier: Die Deutschen sind ziemlich vorsichtig, was das Thema Freundscha­ften betrifft. Erstaunlic­h viele haben gar keinen engen Freund.

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