Polizist wegen Facebook-Beiträgen suspendiert
Justiz Ein Beamter aus Augsburg ist unzufrieden mit seiner dienstlichen Beurteilung und reicht Klage ein. Er gilt im Kollegenkreis offenbar als schwierig. Im Netz beschimpft er Politiker, Flüchtlinge – und zeigt Sympathie für Rocker
Augsburg Der Polizist im Gerichtssaal wirkt nicht zufrieden. Er sitzt teils mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl, ab und zu schaut er skeptisch zur Gegenseite. 2016 wurde der Mann zuletzt befördert, seither ist er Polizeioberkommissar. Keine schlechte Sache eigentlich. Betrachtet man das Facebook-Profil des Mannes, sieht man allerdings ebenfalls viel Unzufriedenheit. Und Wut. Über die Zustände im Land, die Politik, die Flüchtlinge.
Was der Mann im Internet postet und teilt, ist mindestens einmal problematisch, auch und gerade, weil er als Polizist eine besondere Rolle in der Gesellschaft hat. Darauf hat das Präsidium kurz vor Weihnachten reagiert. Der Beamte der Augsburger Innenstadt-Inspektion ist vom Dienst suspendiert worden. Die für interne Ermittlungen zuständigen Beamten beim bayerischen Landeskriminalamt prüfen jetzt seine Internet-Aktivitäten.
Zunächst aber zurück in den Gerichtssaal, wo es um die Beurteilung geht. Ein Hintergrund: Eine Beförderung bringt in der Laufbahn eines Beamten positive Folgen mit sich, bessere Bezahlung etwa. Es heißt aber auch, dass man nun anlässlich einer dienstlichen Beurteilung mit anderen Polizisten aus derselben, höheren Besoldungsstufe verglichen wird, die Maßstäbe also härter sind. Es kann dazu führen, dass man erst einmal schlechter beurteilt wird. Nur selten kommt es vor, dass Polizisten juristisch gegen eine Beurteilung vorgehen, sich also zur Klage entscheiden. Am Verwaltungsgericht in Augsburg gab es nun so einen Fall. Der Beamte war nach der Beförderung deutlich schlechter beurteilt worden, als er sich das so vorgestellt hatte. Schlechter, wie er klarmachte, als je zuvor in seiner Laufbahn. Es gehe ihm um die Wertschätzung, sagte er im Gerichtssaal. Letztlich zog er die Klage dort wieder zurück, viel zu gewinnen gab es für ihn nicht. In der Verhandlung wurde zugleich deutlich, dass der Mann im Kollegenkreis und von seinen Vorgesetzten zwar als fleißig, aber auch als offenbar nicht unproblematischer Beamter wahrgenommen wird. Ein Grund für die jüngste und schlechtere dienstliche Beurteilung war etwa, dass sich bei der Polizei deutlich mehr Bürger über ihn beschwert haben sollen als über andere Beamte.
Wer auf die Facebook-Seite des Mannes schaut, bekommt eine Ahnung, woran das möglicherweise gelegen haben könnte. Viele Polizisten sind in sozialen Netzwerken aktiv. Manche unter ihrem echten Namen, andere nicht, die meisten eher zurückhaltend, was Postings und Fotos angeht. Für diesen Beamten gilt das freilich nicht, er postet oft und viel, gerne auch Politisches. Manches ist grenzwertig, teils gar menschenverachtend. Flüchtlinge sind in seiner Welt eine Gefahr und sonst eigentlich nichts, die Grünen eine
Partei voller „Dumpfbacken“, die Bundesregierung „so was von behindert“. Einmal postet er, die Grünen sollten „schnellstmöglich“mit gutem Beispiel vorangehen und aufhören zu atmen, dann sei schon viel CO2 eingespart. Ein anderes Mal fragt er, welche „Idioten“diese Regierung gewählt haben, die „primitive Wilde“ins Land hole und nichts gegen deren verbrecherisches Treiben unternehme. Die Eltern eines im Jahr 2016 von einem afghanischen Asylbewerber ermordeten Mädchens, die nach dem Tod ihrer Tochter eine karitative Stiftung gründeten und dafür ausgezeichnet wurden, bezeichnet er als „Abschaum“. Einige Posts sind nicht mehr öffentlich einsehbar, geändert oder gelöscht, unserer Redaktion liegen aber teils Screenshots vor.
Zuletzt ließ der Beamte auf Facebook durchblicken, dass er „Wodans Erben“für eher unproblematisch hält – eine rechtsextreme Gruppierung, die gerne im Stile einer Bürgerwehr auftritt, im Visier des Verfassungsschutzes ist und in Augsburg kürzlich auf einer Demo gegen Altersarmut zu sehen war.
Vom Innenministerium heißt es auf Anfrage, für Polizisten seien die beamtenrechtlichen Verpflichtungen in der realen wie virtuellen Welt einzuhalten. „Insbesondere haben sich unsere Polizistinnen und Polizisten innerhalb und außerhalb des Dienstes ihrem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten.“
Ein Problem damit schien es in Augsburg bisher eigentlich nicht zu geben; Disziplinarverfahren wegen unpassender Äußerungen von Beamten im Internet gab es nach Auskunft des Präsidiums in den vergangenen Jahren nicht. Das hat sich nun geändert.