Wertinger Zeitung

Wertingen bekommt einen Medizincam­pus

Gesundheit Was das bedeutet, erklärt Landrat Leo Schrell in seiner Bilanz über das Jahr 2019

- VON CORDULA HOMANN

Was das bedeutet, erklärt Landrat Leo Schrell in seiner Jahresbila­nz. Es geht um die langfristi­ge Sicherung des Standortes.

Landkreis Die beiden Kreisklini­ken in Dillingen und Wertingen sind immer wieder Thema. Beide sind defizitär, beide sind in Trägerscha­ft des Landkreise­s Dillingen. Zwei Kreisräte, die das jahrelang kritisiert haben, Siegfried Wölz (SPD) und Georg Barfuß (FDP), werden im nächsten Jahr nicht mehr im Gremium sitzen. Parallel dazu tut sich an den Krankenhäu­sern einiges. Wie berichtet, wurde die Zentralste­rilisation in Dillingen zusammenge­legt. Die Geburtshil­fe erhielt eine Million Euro vom Freistaat, um das Defizit auszugleic­hen. Und auch in Wertingen passiert etwas. Wie Landrat Leo Schrell sagte, soll dort ein Medizincam­pus errichtet werden: Zwischen acht und zehn Ärzte könnten ihre Praxis direkt am Krankenhau­s haben. Für Patienten, ob ambulant oder stationär, wäre das ein zentraler Anlaufpunk­t. „Diese Idee hat mich schon länger beschäftig­t. Jetzt kam ein Investor auf uns zu, weil er davon wusste“, erklärte Schrell. Es hätten bereits Gespräche mit Chefärzten stattgefun­den. „Zwischen fünf und zehn Ärzte haben auch schon ihr Interesse signalisie­rt, in so ein Ärztezentr­um zu gehen.“Schrell sieht folgende Vorteile im Medizincam­pus: Eine attraktive Anlaufstel­le für Patienten, mögliche Synergieef­fekte im medizinisc­h und techniBere­ich, die Verzahnung von ambulanter und stationäre­r Betreuung und die langfristi­ge Sicherung des Standortes in Wertingen. Bereits 2020 sollen die Gespräche zu einem Abschluss kommen, dann könne man in die Planung einsteigen. „Wir wollen nicht sparen, sondern die medizinisc­he Versorgung optimieren“, betonte Schrell. „Die Mensollen wissen, dass da oben auf dem Ebersberg Hilfe ist.“

Auf das Dillinger Krankenhau­s machte im Dezember wieder das Konzept „Beste Landpartie Allgemeinm­edizin“aufmerksam. Mehrere Studenten der TU München schauten sich auf Einladung von Chefärztin Dr. Ulrike Bechtel, von der das Konzept stammt, die Klinik und die Stadt an, wurden von Landrat und Oberbürger­meister Frank Kunz empfangen (wir berichtete­n). Auch Schrell fand: Das Bela habe Dillingen deutschlan­dweit bekannt gemacht. Hat der Aufsichtsr­atschef der Krankenhäu­ser, ebenfalls Leo Schrell, da nicht Angst, dass ihm die erfolgreic­he Ärztin abgeworben wird? „Nein.“Der Landkreis habe das Projekt Bela noch vor dem Freistaat unterstütz­t. Die Rahmenbedi­ngungen seien gut, die Strukturen funktionie­ren und der Landkreis stehe dahinter. Außerdem so Schrell, gebe es viele Ärzte, die von privaten Einrichtun­gen gezielt an öffentlich­e wechseln. „Warum auch immer.“

Am Dillinger Krankenhau­s hatte sich im vergangene­n Jahr aber auch ein sehr tragischer Vorfall ereignet. Ein Dreijährig­er war so schwer verletzt eingeliefe­rt worden, dass die Ärzte um sein Leben kämpften. Der Bub wurde nach Augsburg überwiesen, war jedoch nicht mehr zu retten. Sein Todesfall hatte viele Diskussion­en ausgelöst, nachdem beschen kanntgewor­den war, dass die Familie des Kindes in Halle an der Saale vom Jugendamt betreut worden war, in Dillingen nicht. Und ein Hinweis einer Anruferin über die Familie zwar am Veterinära­mt eingegange­n war, aber nicht ans Jugendamt weitergege­ben wurde. „Dieser Fall macht mich sehr, sehr betroffen“, sagte Schrell dazu. „Wir versuchen alles, aber es reicht nicht, um solche Fälle zu verhindern.“Als Schrell ins Amt kam, habe der Kreis insgesamt fünf Millionen Euro in die Jugendhilf­e investiert. Nächstes Jahr werden es 10,2 Millionen Euro sein. Es werde also nicht gespart, sondern immer mehr Projekte begonnen. „Wir haben eine sehr gute Organisati­on, hochsensib­le Mitarbeite­r, aber wir können trotzdem nicht für die Sicherheit jedes Kindes garantiere­n. Das verursacht ein Gefühl der Hilflosigk­eit.“2019 wurden mehr Kinder im Landkreis Dillingen aus Familien herausgeho­lt als im vergangene­n Jahr – und das geht nur nach richterlic­hem Beschluss.

Neben den beiden angesproch­enen Kreistagsk­ollegen Barfuß und Wölz wird noch ein anderer langjährig­er Politiker das Gremium verlassen: Reinhold Sing. Und wiederum ein anderer geht für eine andere Partei an den Start. Thomas Demel von der CSU kandidiert wie berichtet nun für die Freien Wähler – auf Initiative vom Landrat. „Ich freue mich darüschen ber“, meinte Leo Schrell. Demel sei ein erfahrener Kreispolit­iker, mit gutem Sachversta­nd, der mit fundierten Beiträgen in den Gremien agiere. Der Wechsel sei laut Schrell mit den betroffene­n Fraktionen und Vereinen abgesproch­en gewesen. Er hofft, dass auch der neue Kreistag einen sachlichen, fairen Umgang pflegen wird und die Diskussion auf menschlich­er Ebene erhalten bleibt. Man habe eine Vorbildfun­ktion. „Gräben, die in politische­n Gremien aufgerisse­n werden, werden in der Öffentlich­keit sichtbar. Das darf nicht sein.“

Vor allem drei Bauprojekt­e stehen in den nächsten Jahren an: Die Sanierung des Johann-Michael-Sailer-Gymnasiums in Dillingen soll 2023 abgeschlos­sen sein. Ums Landratsam­t herum, das ebenfalls saniert wurde, stehen im kommenden Jahr noch die Außenanlag­en an. Und auch die Sanierung der Berufsschu­le Höchstädt sei in der Planung. 2021 soll der dringend notwendige Umbau beginnen. „Aber während des laufenden Betriebes und mitten im HQ-100 Gebiet – das macht es alles nicht einfacher“, betonte der Landrat. Der Druck sei überhaupt nur entstanden, weil man die 740 Quadratmet­er der benachbart­en Grundschul­e nicht wie geplant bis 2029 anmieten konnte. „Weil der Schulverba­nd uns abgesagt hat, mussten wir umplanen.“

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Archivbild: Andreas Dengler Das Wertinger Kreiskrank­enhaus auf dem Ebersberg soll einen Medizincam­pus bekommen. Stationäre und ambulante medizinisc­he Angebote sollen so verzahnt werden.
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Foto: Homann Dillingens Landrat Leo Schrell spricht über die Situation an den beiden Krankenhäu­sern.

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