Wertinger Zeitung

Am Sonntag muss Ruhe sein

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Die Antwort auf den Siegeszug des Online-Handels können nicht Sonn- und Feiertage sein, die möglichst häufig zu Konsumfest­en erklärt werden. Das wäre ein Armutszeug­nis für eine christlich geprägte Gesellscha­ft, in der sich viele Arbeitnehm­er zumindest einmal die Woche darauf verlassen können, nicht arbeiten zu müssen.

Der freie Sonntag ist ein hohes Kulturgut, das nicht auf dem Altar des Mammons geopfert werden darf. Einmal in der Woche können die meisten Menschen – bis auf Ausnahmen wie Ärzte, Pflegekräf­te, Polizisten, Trambahnfa­hrer oder Journalist­en – zur Ruhe kommen. Dann stehen Freunde und Familie im Mittelpunk­t. Das tut einer Gesellscha­ft gut, ja ist ein seelischer Kitt für ein Land. Deswegen gestatten die Gesetzgebe­r in Deutschlan­d nur in wenigen Fällen Geschäften, auch an Sonn- und Feiertagen öffnen zu dürfen. Doch es existiert ein zumindest aus Händlersic­ht beliebtes Hintertürc­hen: Hier können Kommunen, wenn etwa Märkte oder Messen stattfinde­n, die Öffnung von Läden freigeben. Manchmal werden solche Anlässe nur vorgeschob­en, um so dem Wunsch des Handels, auch an Sonn- und Feiertagen Geschäfte machen zu können, Rechnung zu tragen. In solchen Fällen fühlen sich Gewerkscha­fter berufen, gegen die Aushöhlung von Ladenschlu­ssgesetzen gerichtlic­h vorzugehen. Statt sich darüber zu beklagen, sollten Händler an den Besten ihrer Branche Maß nehmen und mit pfiffigen Konzepten werktags von Amazon & Co. Kunden zurückerob­ern.

Wenn Läden Wohlfühlor­te sind, in denen Kunden kompetent beraten und umsorgt werden, lassen viele Bürger gerne den Klick in ihrer Stadt. Händler müssen Kümmerer sein, deren Devise lautet: Geht nicht, gibt’s nicht. Was nicht vorrätig ist, muss schnell beschafft, ja Verbrauche­rn vielleicht sogar kostenlos nach Hause geliefert werden. Doch leider hört man immer noch in manchen Geschäften den Satz: Es gibt nur das, was da ist.

Dann sind Kunden einfach weg.

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