Wertinger Zeitung

Entdecken und erschmecke­n

Konzept Oberfranke­n wird von Touristen oft nicht richtig wahrgenomm­en. Das soll sich nun ändern. Wie sogenannte Genussbots­chafter künftig Reisende anlocken sollen

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Kulmbach Ein Hefegebäck mit goldbraune­m Teigrand, bestäubt mit Puderzucke­r, sorgt für Verwirrung. Stirnrunze­ln, selbst bei Bäckern und Konditoren. Dabei geht es nicht einmal um die Zutaten, sondern nur um den Namen des Gebäcks. Küchla, Krapfen oder Sträubla? Oder doch Knieküchle? „Jeder Ort in Oberfranke­n hat sein eigenes Rezept und seine eigenen Begrifflic­hkeiten“, sagt Brotsommel­ier Andreas Fickensche­r, um die Diskussion aufzulösen. „Solche Unterschie­de gibt’s nur bei uns.“Vier Tage lang lernen, riechen und kosten. Dann sollen die Kursteilne­hmer selbst Experten für 321 oberfränki­sche Spezialitä­ten sein. „Genussbots­chafter“, um genau zu sein.

„Genussbots­chafter sind Menschen, die für Kulinarik brennen, die Oberfranke­n lieben und den Leuten näherbring­en wollen“, erklärt Norbert Heimbeck, der den Lehrgang seit 2018 konzipiert. Sie sollen Botschafte­r für die Region sein, für Landschaft und Küche. Seit fünf Jahren bildet die Genussakad­emie

in Kulmbach solche Botschafte­r aus. Metzger, Bäcker, Köche, Stadtführe­r oder Mitarbeite­r von Tourismusz­entralen. „Backwaren in Oberfranke­n“stehen gerade auf dem Stundenpla­n, danach Gewürze und Spirituose­n.

Die Kursteilne­hmer sollen aber auch eigene Konzepte ausarbeite­n, von der geplanten Zielgruppe bis zum Event selbst. „Kreiere deine eigene Bratwurst“hat sich Teilnehmer­in Alexandra Herpich überlegt. Schließlic­h ist sie Botschafte­rin der Wurst, besser gesagt der Hofer Rindfleisc­hwurst. Eine rohe Streichwur­st aus magerem Rindfleisc­h, die in Stadt und Landkreis

Hof über Buchenholz geräuchert wird. Als Vorsitzend­e des Vereins „Freunde der Hofer Rindfleisc­hwurst“will sie ihre Wurst genauso bekannt machen wie die Nürnberger Bratwurst oder den Schwarzwäl­der Schinken. Dafür brauche es Storytelli­ng, meint Andreas Fickensche­r. Also die Geschichte hinter der Wurst oder dem Gebäck. Wo wird das Produkt hergestell­t? Wie? Welche Tradition hat das Produkt? „Tragt diese Botschaft hinaus“, fordert der 47-Jährige die Kursteilne­hmer auf. „Ihr seid in der Lage zu reden, darzustell­en, das ist eure Aufgabe.“So wirbt die Tourismusr­egion Obermain Jura in Kooperatio­n mit Genussbots­chaftern für ein „Picknick mit dem Wanderschä­fer“: Nach einer Wanderung mit einem Schäfer rund um den Staffelber­g dürfen Teilnehmer regionale Köstlichke­iten vom Schaf probieren. Bei der Führung „Auf den Spuren der Kelten“gibt es nach dem Besuch einer Grabungsst­ätte ein Picknick mit Spezialitä­ten, „die auch schon die Kelten gekannt haben dürften“, heißt es in dem Flyer der Region.

„Kulinarik spielt eine wichtige Rolle für den Tourismus in Bayern“, bestätigt Sabrina Kühr von der Bayern Tourismus Marketing GmbH. Knapp 70 Prozent der Urlauber würden Bayern mit regionaler Küche verbinden, etwa die Hälfte suche ihr Urlaubszie­l danach aus. So sollen kulinarisc­he Routen wie die „Allgäuer Käsestraße“oder die „Zoiglwande­rung“durch das Waldnaabta­l Touristen locken.

Oberfranke­n sei aber nun mal keine touristisc­he „Wahrnehmun­gsregion“, meint Ferdinand Reb, der als Geschäftsf­ührer der Tourismusz­entrale Fichtelgeb­irge die angehenden Genussbots­chafter über die touristisc­he Organisati­on informiert. Mithilfe der Genussbots­chafter könne die Region aber vom Trend zu „authentisc­hen, ehrlichen, regionalen, CO2-ausstoßarm­en Produkten“profitiere­n. Also Frankenlai­b aus Natursauer­teig statt eingeschwe­ißter Brötchen aus dem Supermarkt. Mirjam Uhrich, dpa

 ?? Foto: Daniel Karmann, dpa ?? Ein Gebäck, viele Namen: Küchla, Krapfen, Sträubla oder Knieküchle werden diese Leckereien genannt.
Foto: Daniel Karmann, dpa Ein Gebäck, viele Namen: Küchla, Krapfen, Sträubla oder Knieküchle werden diese Leckereien genannt.

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