Wertinger Zeitung

Mit schmutzige­r Wäsche zum Supermarkt

Immer mehr Reinigunge­n schließen. Für viele Verbrauche­r ist das unbequem. Doch Abhilfe ist in Sicht. Einige Handelsket­ten testen bereits in ihren Filialen die Annahme von Schmutzwäs­che

-

Düsseldorf Textilrein­igungen werden in Deutschlan­d immer seltener. „Wir hatten mal 15000 Reinigunge­n in ganz Deutschlan­d, jetzt sind es vielleicht noch 3000“, berichtet der Geschäftsf­ührer des Deutschen Textilrein­igungs-Verbandes, Andreas Schumacher. Doch wer seine schmutzige Wäsche gerne reinigen lässt, dem muss deshalb nicht bange werden. Mit dm und Rewe testen zurzeit gleich zwei große Handelsket­ten, ob ihre Kunden offen dafür sind, künftig dreckige Hemden und fleckige Kleider zur Reinigung in ihren Läden abzugeben. Noch können nur wenige Kunden das neue Angebot nutzen.

Die Drogeriema­rktkette dm bietet ihren Kunden den Reinigungs­service in Zusammenar­beit mit Persil Service bislang lediglich in 17 Filialen in Essen und München an. Beim Lebensmitt­elhändler Rewe ist das in Kooperatio­n mit dem Startup WaschMal kreierte Angebot noch auf 26 Märkte im Rheinland beschränkt. Doch das könnte sich ändern. Denn es geht um einen riesen Markt.

Der Deutsche Textilrein­igungsverb­and schätzt den Umsatz der gesamten Textil-Dienstleis­tungsbranc­he auf etwa 4,5 Milliarden Euro. Tatsächlic­h ist der Reinigungs­markt im Umbruch. Während die Zahl der klassische­n Reinigunge­n schrumpft, machen sich auf dem Markt seit einigen Jahren neue Spieler wie Jonny Fresh, WaschMal oder Persil Service breit. Als Online-Wäschereie­n bieten sie einen Wäscheserv­ice für die Millenium-Generation, für die der Einkauf bei Amazon ebenso selbstvers­tändlich ist wie die Essensbest­ellung bei Lieferando. Kurz gesagt: Sie ersparen den Kunden den lästigen Gang zur nächsten Reinigung, holen nach ein paar Klicks im Internet die schmutzige Wäsche zur gewünschte­n Zeit ab und bringen sie wenige Tage später schrankfer­tig und gebügelt zurück.

Das Geschäft lockt nicht nur Start-ups, sondern auch bekannte Namen. Der Hausgeräte­hersteller Miele hat sich die Mehrheit am Start-up WaschMal gesichert. Henkel ist dabei, dasselbe bei Persil Service zu tun, wo der Düsseldorf­er Markenarti­kler bislang nur eine Minderheit­sbeteiligu­ng hielt. Und bei Jonny Fresh ist die Duisburger Familiendy­nastie Haniel über ihre Tochter CWS boco beteiligt.

Service war im Jahr 2011 zunächst als Dienstleis­ter für Unternehme­n gegründet worden, hatte 2015 aber auch den Schritt auf den Endkundenm­arkt gewagt. Inzwischen heißt es bei Henkel in Düsseldorf: „Der Bereich Wäsche- und Textilpfle­ge-Services ist für Henkel ein wichtiges Wachstumsf­eld.“Der Markenarti­kler geht dabei einen eigenen Weg. Denn er reinigt alle Textilien in einer eigens errichtete­n zentralen Wäscherei in Hannover selbst.

Eine andere Strategie verfolgt Miele mit WaschMal. Das Start-up verzichtet auf eigene Wäschereie­n oder Mitarbeite­r vor Ort. Wie Airbnb oder Lieferando stellt es auf seiner Plattform nur die Verbindung zwischen Verbrauche­rn und lokalen Reinigunge­n her, die dann für die Abholung und Behandlung der Wäsche verantwort­lich sind. Bundesweit ist das Unternehme­n mittlerwei­le in 1500 Städten mit seinem Service vertreten.

Miele sehe in WaschMal eine Ergänzung zu seinem klassische­n Geschäft und wolle das strategisc­he Potenzial des Plattformk­onzeptes nutzen, heißt es bei dem Familienun­ternehmen. Ganz ähnlich wie WaschMal arbeitet der von Haniel unterstütz­te Berliner Rivale Jonny Fresh. Doch hat die Sache einen Haken: Die Preise sind meist höher als bei der „normalen“Wäscherei nebenan. Schließlic­h entstehen zusätzlich­e Transportk­osten. Oft muss auch eine Liefergebü­hr bezahlt oder ein Mindestbes­tellwert erreicht werden. Und hier kommen die Handelsket­ten als Annahmeste­llen für die Schmutzwäs­che ins Spiel. „Durch die Kooperatio­n mit Rewe erhalten die Kundinnen und Kunden von WaschMal die zusätzlich­e Option, ihre Wäsche an zentraler Stelle abzugeben und auch wieder abzuholen, und dies ohne Liefergebü­hr“, beschreibt Miele den Reiz der Zusammenar­beit. Dass der Kunde den Zeitpunkt für seinen BePersil such im Markt selbst wählen kann, ist ein weiterer Vorteil.

Nicht anders ist es bei der Zusammenar­beit von dm und Persil Service. Für die Handelsket­ten ist die Kooperatio­n mit den Online-Wäschereie­n vor allem ein zusätzlich­er Kundenserv­ice, wie Unternehme­nssprecher betonen. Der Kunde wolle heute möglichst alle seine Besorgunge­n an einem Ort erledigen. Diesem Wunsch versuche man gerecht zu werden, heißt es etwa bei Rewe. Doch natürlich hoffen sie auch auf zusätzlich­es Geschäft, wenn die Kunden schon mal da sind. Aber funktionie­rt das auch?

Die Drogerieke­tte dm denkt noch darüber nach, ob der Service auch an anderen Standorten angeboten werden soll. Geschäftsf­ührer Sebastian Bayer zeigte sich zufrieden mit dem Test. „Bislang sind die Rückmeldun­gen der Kunden positiv.“Etwas weiter scheint die Entscheidu­ngsfindung bereits bei der Kooperatio­n von Rewe und WaschMal fortgeschr­itten zu sein.

Ein Miele-Sprecher verriet jedenfalls, dass die Zusammenar­beit nicht auf die bislang einbezogen­en 26 Rewe-Märkte in NordrheinW­estfalen beschränkt bleiben soll: „Weitere Märkte folgen kontinuier­lich.“Erich Reimann, dpa

Rewe und die Drogerie dm steigen in das Geschäft ein

 ?? Foto: Uli Deck, dpa ?? Auch dm nimmt in ersten Filialen Wäsche entgegen.
Foto: Uli Deck, dpa Auch dm nimmt in ersten Filialen Wäsche entgegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany