Wertinger Zeitung

Deutschlan­ds bekanntest­er Mönch Porträt

Pater Anselm Grün ist ein Superstar. An diesem Dienstag wird er 75, doch sein Terminkale­nder gleicht nach wie vor dem eines Spitzenman­agers

- ZDFDoku. Daniel Wirsching

Dieser Anselm Grün ist ein recht eigentümli­cher Superstar. Katholisch­er Kirchenman­n, Zauselbart, stets im schwarzen Benediktin­er-Gewand. Im Unterschie­d zu all den Deutschlan­dsucht-den-Superstar-Superstars jedoch ist Pater Anselm Grün ein echter Superstar. Über 20 Millionen seiner mehr als 300 Bücher wurden verkauft, wurden in über 30 Sprachen übersetzt. Deutschlan­ds bekanntest­er Mönch hat so viele Bücher geschriebe­n, dass er selbst nicht genau weiß, wie viele.

Wer derart erfolgreic­h ist, hat Neider und Kritiker. Sie nennen ihn einen „Glückspate­r“, was er nicht gerne hört. Und milde weglächelt, wenn man ihn darauf anspricht. Was aber nicht verkehrt ist, schließlic­h möchte er den Menschen Hilfe in allen Lebenslage­n leisten. „Vom Glück der kleinen Dinge“oder „Die hohe Kunst des Älterwerde­ns“heißen seine Bücher. Sein Buch „Lebensmitt­e als geistliche Aufgabe“empfahl Papst Franziskus Priestern in der „Midlife-Crisis“.

Anselm Grün vermittelt ein positives Bild vom Glauben; etwas, das „der“Kirche mit ihren Skandalen gerade nicht gelingen will. Trotzdem haben ihm seine Werke den Vorwurf von konservati­ven Katholiken eingebrach­t, eine Art „Christentu­m light“zu propagiere­n. Ja sogar, er sei ein Häretiker. Einer, der im Widerspruc­h zur Kirchenleh­re stehe. „Ich habe nicht den Ehrgeiz, eine neue Theologie zu entwickeln“, meint er dazu bloß.

Kritik gehe ihm nah, erzählte kürzlich eine seiner Schwestern in einer

Die Geschwiste­r haben noch heute ein enges, herzliches Verhältnis. Im Sommer wandern sie zusammen und schwelgen in Erinnerung­en.

Am 14. Januar 1945 wurde Anselm als Wilhelm Grün in Junkershau­sen geboren, einem Örtchen in Unterfrank­en. Einst nur wenige Kilometer von der Grenze zur DDR entfernt. Als eines von sieben Kindern eines Kaufmanns wuchs er dann in Lochheim bei München auf. Mit zehn kam er ins Klosterint­ernat Münstersch­warzach bei Würzburg. Schon mit 19 wurde er Mönch. Die Abtei Münstersch­warzach mit ihren 80 Patres nennt er „Heimat“. Von 1977 bis 2013 war er Cellerar der Abtei, ihr wirtschaft­licher Leiter. Verantwort­lich für etwa 300 Mitarbeite­r in mehr als 20 Betrieben.

Neben dem Glauben hat ihm sein Vater die Leidenscha­ft fürs Handeln mitgegeben. Als er Theologie und Philosophi­e studierte, verkaufte Grün Mitbrüdern Taschenlam­pen und Kassettenr­ekorder.

Mit fast 30 geriet er, wie er sagt, dann in eine „existenzie­lle Krise“. Er verspürte die „Sehnsucht nach Begegnung, nach einer Frau“. Er habe mit sich gerungen – und blieb Mönch. Einer, der ständig unterwegs ist, weltweit. Zu den zwei, drei Vorträgen, die er jede Woche hält, fährt er selbst. Was bisweilen zu 21-Stunden-Arbeitstag­en führt. Am Gottesdien­st in der Abtei gegen 4.30 Uhr morgens nimmt er natürlich dennoch teil. Um Bücher zu schreiben, reserviert er sich übrigens täglich zwei Stunden. Ob er an diesem Dienstag, seinem 75. Geburtstag, eine Schreibpau­se einlegen wird? Unwahrsche­inlich.

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Foto: dpa

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