Deutschlands bekanntester Mönch Porträt
Pater Anselm Grün ist ein Superstar. An diesem Dienstag wird er 75, doch sein Terminkalender gleicht nach wie vor dem eines Spitzenmanagers
Dieser Anselm Grün ist ein recht eigentümlicher Superstar. Katholischer Kirchenmann, Zauselbart, stets im schwarzen Benediktiner-Gewand. Im Unterschied zu all den Deutschlandsucht-den-Superstar-Superstars jedoch ist Pater Anselm Grün ein echter Superstar. Über 20 Millionen seiner mehr als 300 Bücher wurden verkauft, wurden in über 30 Sprachen übersetzt. Deutschlands bekanntester Mönch hat so viele Bücher geschrieben, dass er selbst nicht genau weiß, wie viele.
Wer derart erfolgreich ist, hat Neider und Kritiker. Sie nennen ihn einen „Glückspater“, was er nicht gerne hört. Und milde weglächelt, wenn man ihn darauf anspricht. Was aber nicht verkehrt ist, schließlich möchte er den Menschen Hilfe in allen Lebenslagen leisten. „Vom Glück der kleinen Dinge“oder „Die hohe Kunst des Älterwerdens“heißen seine Bücher. Sein Buch „Lebensmitte als geistliche Aufgabe“empfahl Papst Franziskus Priestern in der „Midlife-Crisis“.
Anselm Grün vermittelt ein positives Bild vom Glauben; etwas, das „der“Kirche mit ihren Skandalen gerade nicht gelingen will. Trotzdem haben ihm seine Werke den Vorwurf von konservativen Katholiken eingebracht, eine Art „Christentum light“zu propagieren. Ja sogar, er sei ein Häretiker. Einer, der im Widerspruch zur Kirchenlehre stehe. „Ich habe nicht den Ehrgeiz, eine neue Theologie zu entwickeln“, meint er dazu bloß.
Kritik gehe ihm nah, erzählte kürzlich eine seiner Schwestern in einer
Die Geschwister haben noch heute ein enges, herzliches Verhältnis. Im Sommer wandern sie zusammen und schwelgen in Erinnerungen.
Am 14. Januar 1945 wurde Anselm als Wilhelm Grün in Junkershausen geboren, einem Örtchen in Unterfranken. Einst nur wenige Kilometer von der Grenze zur DDR entfernt. Als eines von sieben Kindern eines Kaufmanns wuchs er dann in Lochheim bei München auf. Mit zehn kam er ins Klosterinternat Münsterschwarzach bei Würzburg. Schon mit 19 wurde er Mönch. Die Abtei Münsterschwarzach mit ihren 80 Patres nennt er „Heimat“. Von 1977 bis 2013 war er Cellerar der Abtei, ihr wirtschaftlicher Leiter. Verantwortlich für etwa 300 Mitarbeiter in mehr als 20 Betrieben.
Neben dem Glauben hat ihm sein Vater die Leidenschaft fürs Handeln mitgegeben. Als er Theologie und Philosophie studierte, verkaufte Grün Mitbrüdern Taschenlampen und Kassettenrekorder.
Mit fast 30 geriet er, wie er sagt, dann in eine „existenzielle Krise“. Er verspürte die „Sehnsucht nach Begegnung, nach einer Frau“. Er habe mit sich gerungen – und blieb Mönch. Einer, der ständig unterwegs ist, weltweit. Zu den zwei, drei Vorträgen, die er jede Woche hält, fährt er selbst. Was bisweilen zu 21-Stunden-Arbeitstagen führt. Am Gottesdienst in der Abtei gegen 4.30 Uhr morgens nimmt er natürlich dennoch teil. Um Bücher zu schreiben, reserviert er sich übrigens täglich zwei Stunden. Ob er an diesem Dienstag, seinem 75. Geburtstag, eine Schreibpause einlegen wird? Unwahrscheinlich.