Wertinger Zeitung

Wohin mit all den Milliarden?

Haushalt Olaf Scholz will Rekordüber­schuss nicht rausrücken. Seine Kollegen hätten durchaus Ideen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Bundesfina­nzminister Olaf Scholz badet im Geld. Er könnte ausführlic­h darüber reden, was das mit seiner soliden Finanzpoli­tik zu tun hat. Tut er aber nicht. Er handelt den Rekordüber­schuss am Montag in einigen Sätzen ab und verschwind­et dann wieder. Nachfragen lässt er unbeantwor­tet. „Wir haben ein bisschen Glück gehabt, aber wir haben auch gut gewirtscha­ftet“, sagt der SPD-Mann norddeutsc­h knapp.

Scholz kündigt lediglich vage an, eine Investitio­nsoffensiv­e starten zu wollen. Wofür er genau die Milliarden einsetzen will, lässt er offen. Dafür hat FDP-Chef Christian Lindner angesichts des RekordÜber­schusses sofort einige Ideen parat, was mit dem großen Batzen Geld angestellt werden könnte. Er fordert, dass die Steuern gesenkt werden. „Was der Bund an Überschuss erwirtscha­ftet, steht zunächst einmal den Steuerzahl­ern zu“, sagt der Liberale unserer Redaktion. Deutschlan­d sei bei der Steuerbela­stung weltweit Spitzenrei­ter. So müssten zum Beispiel schon Facharbeit­er den Spitzenste­uersatz zahlen, beklagt Lindner. „Wir brauchen eine breitfläch­ige Steuerentl­astung, vom Mittelstan­dsbauch bis zum Solidaritä­tszuschlag, vom Sparerfrei­betrag bis zur Grunderwer­bsteuer.“

Fakt ist: Scholz hat das Jahr mit einem Plus von 13,5 Milliarden Euro abgeschlos­sen. Dazu kommen 5,5 Milliarden, die nicht der Rücklage entnommen werden müssen. Insgesamt summiert sich der Überschuss auf 19 Milliarden. Es ist das sechste Mal in Folge, dass am Jahresende unter dem Strich ein Überschuss steht. Das hat drei Ursachen: Erstens nahm der Bund mehr Steuern ein als erwartet, zweitens musste er für seine Kredite wegen der niedrigen oder gar negativen

Zinsen weniger zahlen und drittens wurden aus Sonderhaus­halten, wie zum Beispiel dem Klimafonds oder dem Fonds zur Sanierung von Kindergärt­en, nicht alle zur Verfügung stehenden Mittel verbraucht.

Eigentlich hatte der Finanzmini­ster die „fetten Jahre“schon für beendet erklärt. Damit wollte er sich seine Kabinettsk­ollegen vom Halse halten, die entweder zusätzlich­es Geld fordern oder die Steuern senken wollen. Die Überschüss­e fließen vollständi­g in die Rücklage des Finanzmini­sters. Die darin geparkten Milliarden sind bis 2023 schon verplant. Die Reserve steht aktuell bei knapp 50 Milliarden Euro. Das entspricht immerhin einem Siebtel des Gesamthaus­halts.

In CDU und CSU führen die gut gefüllten Kassen dazu, dass die Rufe nach Entlastung­en nun wieder laut werden. „Um Arbeitsplä­tze und die Wettbewerb­sfähigkeit Deutschlan­ds zu sichern, brauchen wir eine

Unternehme­nssteuerre­form“, sagt Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU). Doch welche Entlastung­en könnte sich Deutschlan­d tatsächlic­h leisten? Fest steht, all die aufgemacht­en Forderunge­n sind nicht finanzierb­ar. Die vollständi­ge Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s würde allein 10 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Beschlosse­n ist, dass er ab nächstem Jahr für 90 Prozent der Steuerzahl­er entfällt. Gutverdien­er und Unternehme­n müssen den Soli weiter berappen. Niedrigere Lasten für Firmen würden in der gleichen Größenordn­ung ins Kontor schlagen, folgte die Politik dem Vorschlag, die Körperscha­ftsteuer zu senken.

Die neuen SPD-Chefs, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, plädieren trotz allem für ein massives Investitio­nsprogramm. Mit dem Geld soll der Investitio­nsstau in den Kommunen, bei der Bahn und der Energiewen­de aufgelöst werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany