Fünfjährige jahrelang in Dunkelheit?
Behörden befreien vernachlässigtes Kind
Eberswalde Ein fünfjähriges vernachlässigtes Mädchen im brandenburgischen Eberswalde ist nach mehreren Jahren erfolgloser Hilfsversuche in die Obhut der Behörden gekommen. Angeblich soll das Kind lange in Dunkelheit gelebt haben. Nach einer Gefährdungsmeldung sei das Kind im Krankenhaus zur Behandlung gewesen, habe es aber wieder verlassen können, sagte der Landrat des Kreises Barnim, Daniel Kurth (SPD). Das Mädchen weise Anzeichen von Unterernährung und Sprach- und Verhaltensauffälligkeiten auf und befinde sich seit dem 20. Dezember in sicherer Obhut. Die Familie war den Behörden schon länger bekannt.
Sozialdezernentin Yvonne Dankert berichtete, eine erste Meldung über die Familie habe es 2017 gegeben. Alle Hilfsversuche blieben aber zunächst erfolglos. Ab November 2019 habe eine beim Amtsgericht erwirkte Familienhilfe Einblick in die Familienstruktur ermöglicht. Eine Mitarbeiterin aus dem Kinderschutz habe dann eine Gefahrenmeldung abgegeben. Auch die beiden Geschwister des Mädchens kamen in Obhut. Bei ihnen gebe es jedoch keine Hinweise auf eine derartige Vernachlässigung wie bei dem Mädchen, sagte Dankert. Zu Eltern und Wohnumfeld machte der Landkreis keine Angaben.
Die Märkische Oderzeitung hatte berichtet, das Mädchen habe jahrelang kein Tageslicht gesehen, solle mindestens zwei Jahre auf sich allein gestellt gewesen sein und habe einen verwahrlosten Eindruck gemacht. „Das können wir nicht bestätigen“, sagte der Landrat. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt an der Oder leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Misshandlung von Schutzbefohlenen gegen unbekannt ein. Der Landrat sagte, der Kreis sei bemüht, die Gesundheitssituation des Kindes sowie den Förder- und Hilfsbedarf aller drei Kinder auszuwerten. Das Mädchen kam laut Kurth nicht per Rettungsdienst ins Krankenhaus. Es sei entschieden worden, dass sich ein Arzt das Kind anschaut, daraufhin sei es in der Klink vorgestellt worden. Der Landrat beschrieb die Aufgabe des Jugendamts als eine Gratwanderung. Abwägungen seien im Nachhinein immer einfacher als zu Beginn eines solchen Prozesses. Zugleich bemerkte Kurth aber, an manchen Stellen sei „zu nachsichtig gehandelt worden“. Die Dezernentin verteidigte das Vorgehen. „Wir haben den Auftrag, Hilfen anzubieten“, sagte sie.