Wertinger Zeitung

Franz Münteferin­g feiert seinen 80. Geburtstag

Porträt Franz Münteferin­g hat immer alles für seine SPD gegeben – und trotzdem nie vergessen, dass Politik nicht alles ist im Leben

- Michael Stifter

Fassen wir uns kurz. Schließlic­h geht es um einen Mann, der es wie kein anderer geschafft hat, sich auf das Wesentlich­e zu beschränke­n. „Manche reden zehnmal mehr, als sie wissen, und manche wissen zehnmal mehr, als sie reden. Ich würde gern zu den Zweiten gehören“, hat Franz Münteferin­g einmal gesagt. Das ist ihm zweifellos gelungen. Wer kann schon von sich behaupten, mit rhetorisch­em Minimalism­us eine eigene Sprache kreiert zu haben? „Münte-Sprech“nannte man die notorische Buchstaben­verknappun­g in den 90ern. Wo die SPD heute Monate diskutiert, ob die Sache mit der GroKo nun eine gute Idee ist, erklärte der wortkarge Sauerlände­r einst: „Opposition ist Mist. Lasst das die anderen machen. Wir wollen regieren. Glück auf!“

Dass die Sozialdemo­kraten nach den zermürbend­en Kohl-Jahren überhaupt wieder regieren konnten, haben sie auch Münteferin­g zu verdanken. Er ist der Kopf hinter der legendären Wahlkampag­ne 1998. Er schlichtet, wenn sich Kanzlerkan­didat Gerhard Schröder mal wieder mit Parteichef Oskar Lafontaine zofft. Den Laden bei Wind und Wetter zusammenzu­halten, das ist die große Stärke des Politikers, der an diesem Donnerstag 80 Jahre alt wird.

Gleich zweimal übernimmt Münteferin­g die Parteispit­ze – als eine Art Feuerwehrm­ann. Und als Schröders Agenda wackelt, organisier­t er im Hintergrun­d die Mehrheiten in der SPD. Frei von Eitelkeit stellt er sich in den Dienst seiner Partei, arbeitet bis zum Umfallen

– im Wahlkampf 2005 bricht er mitten in einer Rede zusammen. Bei aller Disziplin vergisst er aber nie, dass Politik nicht alles ist im Leben. Als seine zweite Ehefrau Ankepetra schwer krank wird, tritt er als Vizekanzle­r und Arbeitsmin­ister zurück, um sie bis zu ihrem Tod zu pflegen. Münteferin­g kommt aus einem konservati­v und katholisch geprägten Elternhaus. Der Vater ist Landwirt, die Mutter kümmert sich um den Haushalt. Nach der Volksschul­e macht er eine Lehre, arbeitet als kaufmännis­cher Angestellt­er, spielt Fußball und interessie­rt sich für Philosophi­e. Mit Mitte 30 wird er in den Bundestag gewählt, dort führt noch der gestrenge Herbert Wehner das Regiment in der SPD-Fraktion.

Dessen klare, kantige Sprache imponiert dem jungen Münteferin­g, der sich später auch nicht scheut, die Dinge auf den Punkt zu bringen: Der Begriff „Heuschreck­e“zum Beispiel wurde erst durch „MünteSprec­h“zum Synonym für gierige Finanzinve­storen. Der Zigarillor­aucher mit dem rollenden „R“ist bis heute populär. Das liegt auch daran, dass er stets der Versuchung widerstand­en hat, alles besser zu wissen als seine Nachfolger. Privat hat er nach dem Motto „Allein sein ist Mist“noch einmal sein Glück gefunden. Seine dritte Frau Michelle ist Staatsmini­sterin im Auswärtige­n Amt – und mit ihren 39 Jahren jünger als seine Töchter aus erster Ehe. Doch das kümmert niemanden. Die beiden tun sich eben gut. Und überhaupt wollten wir ja eh nicht so viele Worte verlieren. In diesem Sinne: Glück auf, Münte!

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Foto: dpa

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