Entspannung im Handelskrieg
Konjunktur USA und China besiegeln ein erstes Teilabkommen. Für Deutschland eine gute Nachricht. Denn der Wirtschaftsboom ist vorbei
Washington/Peking Die zwei größten Volkswirtschaften der Welt haben sich in ihrem erbitterten Handelskrieg auf einen Waffenstillstand verständigt. Die Unterzeichnung des ersten Handelsabkommens zwischen den USA und China kommt für US-Präsident Donald Trump rechtzeitig zum Auftakt des USWahljahres. Bis zur Präsidentenwahl im November dürfte die Handelsbeziehung der beiden Länder nun stabil und ohne Überraschungen bleiben – das dürfte auch die Börsen erfreuen.
Trump bezeichnete das fast zwei Jahre nach Beginn des Handelskriegs unterzeichnete Abkommen als „historisch“. Damit werde die Handelsbeziehung der beiden Staaten fairer und intensiver. „Es ist ein transformatives Abkommen, das beiden Ländern enorme Vorteile bringen wird“, sagte Trump. Chinas Vizepremier Liu He sagte, sein Land sei bereit, seine Zusammenarbeit mit den USA auf der Basis gegenseitigen Respekts weiter zu vertiefen. An der festlichen Zeremonie im Weißen Haus nahmen auch zahlreiche Chefs großer US-Unternehmen – darunter etwa Boeing, UPS und General Electric – sowie Senatoren und Abgeordnete teil. Chinas Präsident Xi Jinping, der nicht persönlich anwesend war, ließ in einem Grußwort erklären: „Der Abschluss ist gut für China, für die Vereinigten Staaten und die ganze Welt.“
China verpflichtet sich in dem Abkommen, seine Importe aus den USA deutlich zu erhöhen. Zudem soll der Vertrag Probleme beim Schutz von geistigem Eigentum, dem Export von Produktfälschungen und den von China erzwungenen Technologietransfers lösen. Auch sollen US-Finanzdienstleister besseren Zugang zu Chinas Markt bekommen.
Der erbitterte Handelskrieg der beiden Staaten hatte zuletzt die weltweite Konjunktur belastet und das Wirtschaftswachstum in beiden Ländern gebremst. Anlässlich des 96 Seiten langen Teilabkommens sagen beide Seiten nun unter anderem zu, keine neuen Strafzölle mehr zu verhängen. Die seit 2018 verhängten Strafzölle werden aber im Wesentlichen bestehen bleiben. Trump erklärte, diese seien Trümpfe für die Verhandlungen um ein zweites und umfassenderes Handelsabkommen. Experten sehen in dem ersten Vertrag deshalb eher einen Waffenstillstand als einen umfassenden Friedensvertrag.
Im Gegenzug verzichteten die USA bereits im Dezember darauf, neue angedrohte Strafzölle auf Konsumgüter im Wert von 150 Milliarden US-Dollar zu verhängen. Zudem zog Washington den Vorwurf zurück, China manipuliere seine Währung, um sich im internationalen Wettbewerb Vorteile zu verschaffen. Weitere strittige Themen sollen erst in einem zweiten Handelsabkommen geklärt werden.
China verspricht, seine Importe aus den USA innerhalb von zwei Jahren um 200 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Als Basis wurde das Jahr 2017 vereinbart, als China USWaren und Dienstleistungen im Wert von rund 190 Milliarden USDollar importierte. Rund 75 Milliarden der zusätzlichen Importe sollen auf Industrieprodukte wie Maschinen und Flugzeuge entfallen, mindestens 32 Milliarden US-Dollar auf Agrarprodukte, darunter auch Schweine- und Hühnchenfleisch. Das würde vor allem US-Landwirten zugutekommen – einer wichtigen Gruppe für Trump mit Blick auf die Wahl im November. Zudem will China Energieprodukte wie Öl und Gas im Wert von 50 Milliarden USDollar kaufen.
Trump hatte den Handelskonflikt ursprünglich begonnen, weil China weit mehr in die USA exportiert als umgekehrt. Falls Peking seine Importzusagen nicht einhalten sollte, könnte Trump neue Strafzölle verhängen. Die bestehenden Strafzölle sollen erst beim Abschluss eines zweiten und weitergehenden Abkommens aufgehoben werden.
Die deutschen Exporteure begrüßten das Teilabkommen, das zu einer Entspannung führe, von der auch deutsche Unternehmen profitierten. „Es bleibt jedoch fraglich, ob wir nun einen Kurswechsel in der China-Politik von US-Präsident Trump erleben werden“, erklärte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann. Vielmehr sei zu befürchten, dass es sich nur um ein zeitweiliges Einlenken vor der anstehenden Präsidentschaftswahl in den USA handele. Auch aus Sicht des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK) wird mit dem Teildeal „eine weitere globale Eskalation bei den Zöllen vorerst vermieden“. Europa sollte mit beiden Partnern seine „strapazierten Handelsbeziehungen“auf Augenhöhe wieder stärken. „Globale Regeln sind das Grundgerüst des Welthandels“, sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einer guten Nachricht. Das Teilabkommen sei ein erster wichtiger Schritt, schwelende Handelskonflikte schadeten der gesamten Weltwirtschaft. „Wir brauchen weniger und nicht mehr Zölle.“
Indes wuchs Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, im vergangenen Jahr nur noch um 0,6 Prozent, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten mitteilte. Es war das schwächste Plus seit sechs Jahren und deutlich weniger als noch 2018 mit 1,5 Prozent. Spuren hinterließen unter anderem globale Handelskonflikte.