Wertinger Zeitung

Ein heuchleris­cher Neustart

- VON INNA HARTWICH redaktion@augsburger-allgemeine.de

Es klingt so schön: nach Neustart und Demokratie – in einem Land, das in den vergangene­n Jahren alles daransetzt­e, die staatliche Kontrolle auszubauen. Das russische Parlament soll gestärkt werden, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin während seiner einstündig­en Rede zur Lage der Nation. Danach trat die Regierung zurück. „Wir wagen den Neustart“, so die Botschaft des Kreml. Es ist ein heuchleris­cher. Russland wählt in einem Jahr sein Parlament. 2024 läuft die Amtszeit des Präsidente­n aus. Das System soll bis dahin verändert werden. Der Rücktritt der Regierung ist ein Schachzug, der an ein ähnlich abgekartet­es Spiel im Jahr 2011 erinnert, als Medwedew und Putin ihre Rolle wechselten.

Der Rücktritt des Premiers zeigt aber auch, wie es um die erklärte Demokratis­ierung bestellt ist. Die Inszenieru­ng von Medwedews Entscheidu­ng und die Technokrat­enlösung bei der Bestimmung des neuen Premiers zeigen, dass das Volk auch weiterhin nicht ernst genommen wird.

Für Putin läuft es derweil gut: Er ist seinen unbeliebte­n Premier los. Für die Umsetzung der Sozial- und Wirtschaft­spolitik sollen nun neue Gesichter sorgen. Vor allem soziale und wirtschaft­liche Themen sind es, die für die Zufriedenh­eitswerte mit der „Macht“sorgen. Diese hielten sich zuletzt in Grenzen. Doch 2021 und 2024 soll alles nach Plan laufen. Deshalb das Durchstart­en – auf Putins Art.

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