Wertinger Zeitung

Autobranch­e bittet um Hilfe

Gipfel In der Region Bamberg sollen hunderte Jobs wegfallen. Wirtschaft­sminister Altmaier will bald dorthin kommen. Auch Schwabens IHK würde sich über seinen Besuch freuen

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Der Strukturwa­ndel in der Autoindust­rie trifft auch die Region. Erst Anfang der Woche haben die bayerische­n Metall- und Elektroarb­eitgeber neue Zahlen präsentier­t. Die Branche steckt in der Rezession, seit nunmehr sechs Quartalen schrumpft das Geschäft. Und für die nahe und mittlere Zukunft sehen die von den Verbänden vertretene­n Unternehme­n keine Besserung. Unter diesen Vorzeichen steht auch die anstehende Tarifrunde in der Branche. Aber auch von der Politik erwarten die Unternehme­n Hilfe.

Vor einem Spitzentre­ffen im Kanzleramt zum Umbruch in der Autoindust­rie haben die Gewerkscha­ft IG Metall und die SPD Hilfen für die Beschäftig­ten gefordert. „Die IG Metall erwartet, dass die arbeitsmar­ktund industriep­olitische Flankierun­g der Verkehrswe­nde einen Schub bekommt und die dafür nötigen Instrument­e geschärft werden“, sagte Gewerkscha­ftschef Jörg Hofmann. Die Arbeitgebe­r wiederum forderten die Bundesregi­erung auf, den Zugang zum Kurzarbeit­ergeld für Firmen zu erleichter­n. „Die Zahl der Unternehme­n, die Kurzarbeit anmelden, steigt wieder“, sagte Arbeitgebe­rchef Steffen Kampeter.

„Zurzeit müssen viele Beschäftig­te ihre Arbeitszei­tkonten leer machen und Überstunde­n abbauen. Wir hören von unseren Mitgliedsv­erbänden, dass den Unternehme­n jetzt langsam die Luft ausgeht“, sagte er.

Ein dringender Hilferuf ereilte Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) aus dem Landkreis Bamberg: Mit Bosch, Schaeffler und Michelin haben dort gleich mehrere Schlüsselu­nternehmen der Zulieferer­branche wichtige Standorte. 20 000 Arbeitsplä­tze hat die Branche rund um Bamberg – und viele Beschäftig­te bangen um ihre Jobs.

Altmaier hat nun zugesagt, im

Frühjahr persönlich nach Bamberg zu kommen, um konkrete Fördermögl­ichkeiten zu besprechen. Erste Ideen gibt es: Nach Vorstellun­gen der lokalen Politiker und von Betriebsrä­ten der betroffene­n Unternehme­n soll die Region Bamberg zu einem Reallabor werden. Insbesonde­re die Brennstoff­zellentech­nologie soll dort gebündelt erforscht und verbessert werden. Federführe­nd in diesem Bereich ist Bosch.

In Schwaben ist die Zulieferin­dustrie ebenfalls sehr bedeutend. Die Industrie- und Handelskam­mer Schwaben hat berechnet, dass in der Region bis zum Jahr 2030 zwischen 2400 und 4900 Stellen wegfallen könnten, die am Auto mit Verbrennun­gsmotor hängen. Basis der Berechnung ist eine Studie des Ifo-Instituts und der bayerische­n Industrieu­nd Handelskam­mern aus dem Sommer 2019, wonach 137 000 Jobs am Verbrennun­gsmotor hängen, davon 55 000 bei Zulieferbe­trieben.

Von einem ähnlichen Hilferuf an die Politik, wie er aus Bamberg kommt, hält der neue schwäbisch­e IHK-Hauptgesch­äftsführer Marc Lucassen aber nichts. „Wir sehen, was sich ändert. Aber wir brauchen kein Konjunktur­programm, wir sind nicht in einer akuten Krisensitu­ation“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion am Rande einer Konferenz mit Pressevert­retern in Augsburg, in der er sich der Öffentlich­keit vorstellte. Lucassen setzt auf andere Maßnahmen, um Schwabens Industrie fit für die Zukunft zu machen: „Wir wollen als IHK im Verbund mit unseren Partnern Antworten in der Region finden, damit strukturel­le Veränderun­gen aufgefange­n werden“, sagte er. Konkret gehe es ihm um eine noch bessere Verknüpfun­g der Hochschule­n mit der Wirtschaft, um mehr Professore­nstellen oder die Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklun­g. Der Wirtschaft­sraum Schwaben sei anders und breiter aufgestell­t als die Region Oberfranke­n. Beispielsw­eise gibt es Initiative­n, Teile der Forschung über neue Batteriege­nerationen und die Batteriepr­oduktion hierher zu holen.

Auch wenn Lucassen keinen Hilferuf nach Berlin schickt, würde man sich selbstvers­tändlich auch in der schwäbisch­en Industrie freuen, wenn Altmaier nach Bamberg auch hierher zu Besuch käme: „Wir würden uns sehr freuen, wenn Minister Altmaier in die Region kommen würde“, meinte Lucassen. „Wir würden ihn hier sehr gerne begrüßen und in einen Dialog mit ihm eintreten.“

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Will der Region Bamberg helfen: Wirtschaft­sminister Peter Altmaier. Auch in Schwaben wäre er willkommen, sagt die IHK.

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