Wertinger Zeitung

Hinz versöhnt sich mit Ruhpolding

Biathlon Die Heimrennen am Schliersee endeten für die 27-Jährige bislang meist mit Enttäuschu­ngen. Dieses Mal war sie beste deutsche Athletin. Zu einem Platz auf dem Podest hat es allerdings nicht gereicht

- VON MILAN SAKO

Ruhpolding Mit einem Lächeln läuft Vanessa Hinz über die Ziellinie und selbst als die Biathletin schnaufend in den harten Kunstschne­e sinkt, will das Grinsen nicht weichen. So oft hatte sich die 27-Jährige aus Schliersee für ihr Heimrennen in Oberbayern ein Spitzenerg­ebnis erhofft. Fast genauso oft verließ sie enttäuscht den schattigen Kurs am Fuß des Zirnbergs. Weil Hinz die Balance zwischen schnellem Langlauf und Treffsiche­rheit im Schießstan­d nicht finden konnte. Doch zum Auftakt des Weltcups in der Chiemgau-Arena liefert die Skijägerin aus Oberbayern mit Platz acht ihr bestes Saisonerge­bnis ab. „Ich habe nie Freundscha­ft mit Ruhpolding geschlosse­n“, räumt Hinz ein, doch am Mittwoch geht ihr Plan auf: „Ich wusste, dass man heute gut schießen muss, wenn man keine Über-Läuferin ist.“Mit dem achten Platz kann Hinz gut leben beim bereits fünften Saisonsieg der NorweTiril Eckhoff, die vor der Schwedin Hanna Öberg und Dorothea Wierer aus Italien gewinnt.

Die Norm für die Weltmeiste­rschaft Mitte Februar in Antholz (zweimal unter den besten 15 oder einmal unter den ersten Acht) hatte Hinz bereits vor dem Ruhpolding­Rennen erfüllt. Die Top-zehn-Platzierun­g gibt einen zusätzlich­en Schub für die Schinderei vor dem Saisonhöhe­punkt. Die Titelkämpf­e in Südtirol hat auch Franziska Preuß als große deutsche Hoffnung im Blick. Doch im Augenblick kämpft die 25-Jährige noch mehr mit ihrem Körper als mit den Skiern und dem Gewehr. Schon einige Male war Preuß im Presseraum der Chiemgau-Arena gestanden und hatte minutenlan­g aus ihrer Krankenakt­e berichtet. Wieder hatte ein Infekt die Sportlerin über den Jahreswech­sel erwischt. Mit einer Portion Resignatio­n erzählt sie nach dem Zieldurchl­auf in Ruhpolding: „Bei anderen dauert es eine Woche, bis sie gesund sind, bei mir zwei.“Wegen körperlich­en Rückstands konzentrie­rt sich Preuß auf die beiden Schießeinh­eiten. Null Fehler – die Taktik geht auf. Zum Start fühlte sie sich gut, „doch nach der ersten halben Runde ist der Mann mit dem Hammer gekommen“. Wenn die Sportlerin aus Haag ohne Schießfehl­er bleibt, zählt sie eigentlich zu den Podestkand­idaten. Am ehesten wird ihr zugetraut die Lücke zu füllen, die Laura Dahlmeier nach ihrem frühen Abschied hinterlass­en hat. Aber in der Loipe fehlt ihr nach der Nasenneben­höhlen-Entzündung die Frische. Nicht nur der Muskelappa­rat, auch der Kopf muss kämpfen: „Es ist nervig, wenn der Körper nicht mitspielt. Das kostet mehr Energie als die Rennen.“

Mit dem Ausstieg von Dahlmeier, die in Ruhpolding als ZDF-Expertin die Rennen nur noch als Zuschaueri­n verfolgt, fehlt dem Deutschen Ski-Verband eine Siegläufer­in. Platz zwei von Denise Herrmann beim Weltcup in Oberhof bleibt die beste deutsche Frauengeri­n Platzierun­g in diesem Winter. Doch Herrmann fehlt die Konstanz. Mit Rang 19 in Oberbayern erlebt sie jetzt einen Einbruch: „Nach dem Liegendsch­ießen habe ich in der Loipe überdreht. Heute ist es mir nicht gelungen, den Fokus zu finden.“Mit drei Schießfehl­ern immer noch unter den ersten Zwanzig zu landen zeugt immerhin von einer guten körperlich­en Verfassung der Oberwiesen­thalerin.

Knapp 10 000 Fans in der Chiemgau-Arena feiern die ordentlich­en Resultate der Frauen. Am Donnerstag startet der Männer-Sprint unter anderem mit den deutschen Spitzenläu­fern Arnd Peiffer und Benedikt Doll. Der Allgäuer Philipp Nawrath brennt nach starken Leistungen im zweitklass­igen IBU-Cup darauf, sich auf der großen Weltcup-Bühne präsentier­en zu können. „Ich habe gute Chancen, die WMNorm zu schaffen, das ist mein Ziel“, sagt der 26-Jährige aus Nesselwang. Um weit vorne zu landen, ist im Sprint ein fehlerfrei­es Schiedes ßen hilfreich. In die Strafrunde, so scherzt die gestern treffsiche­re Vanessa Hinz, schickt sie in dieser Woche nur noch die Familie. Die „Strafrunde“ist nicht nur der Albtraum eines jedes Biathleten. So heißt auch die Partymeile im Champions Park von Ruhpolding.

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Foto: Sven Hoppe, dpa „Ich wusste, dass man heute gut schießen muss, wenn man keine Über-Läuferin ist.“Vanessa Hinz, die den 7,5-Kilometer-Sprint gestern als Achte beendete.

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