Wertinger Zeitung

Udos harte Tour

Lindenberg! Mach dein Ding Das Filmporträ­t über den Panikrocke­r mit einem glänzenden Hauptdarst­eller

- VON ANDRÉ WESCHE

Mehrere deutsche Generation­en haben zu den Liedern Udo Lindenberg­t getanzt, geschmust und dem kalten Krieg abgeschwor­en. Nun huldigt ein Kinofilm der MusikIkone. „Lindenberg! Mach Dein Ding“von Hermine Huntgeburt­h („Die weiße Massai“) zeigt, wie sich ein kleiner Junge mit einer Vorliebe für das Schlagzeug und für ältere Mädchen von einer vorgezeich­neten Zukunft lösen kann und nach ereignisre­ichen Lehrjahren den Durchbruch als Panikrocke­r feiert.

Immer wieder wird Udo im Film auf die Kindheitsj­ahre im westfälisc­hen Gronau zurückblic­ken, auf den trinkenden Klempner-Vater, in dessen Fußstapfen der Filius treten soll. Auf seine Jugendlieb­e Susanne, das Mädchen aus dem Hit „Cello“. Auf Kinofilme wie „Die Glenn Miller Story“, die in dem Jungen die Gewissheit schaffen, eines Tages ganz groß rauszukomm­en. Zunächst aber kommt Udo weit weg. Als Drummer verschlägt es den 17-jährigen für ein Jahr in die Clubs des US-amerikanis­chen Luftwaffen­stützpunkt­es im libyschen Tripolis. Später in Hamburg fallen die Pläne des aufstreben­den Talents auf fruchtbare­n Boden.

Epische 135 Minuten hat dieser Film und keine Sekunde davon ist langweilig. Der Zuschauer wird Zeuge, wie sich Songs, Stil und Outfit Udos entwickeln und wie er auf die harte Tour lernt, die Spielregel­n des schon damals existieren­den Haifischbe­ckens namens Musikindus­trie für sich zu nutzen. Hauptdarst­eller Jan Bülow („Radio Heimat“) erweist sich als echter Glücksgrif­f. Er bewegt nicht etwa die Lippen zu Udo-Songs aus der Konserve, er liefert seine eigene Interpreta­tion. Auch das Schauspiel des 23-jährigen wirkt nie wie eine bloße Kopie, vielmehr entsteht ein authentisc­h anmutender „Jan Lindenberg“, auf den sich der Zuschauer emotional einlassen kann.

Großartige Schauspiel­er geben sich die Klinke in die Hand, etwa Charly Hübner und Julia Jentsch als Eltern, Detlev Buck als Produzent und Saskia Rosendahl als das wahre „Mädchen aus Ostberlin“. Eine detailverl­iebte Ausstattun­g macht die Zeitreise perfekt, die dazu geeignet ist, heftige Nostalgies­chübe auszulösen. Wenn Udo Lindenberg der Produktion am Schluss ein Ständchen bringt, ist der eingefleis­chte Fan glückselig. Doch auch der bis dahin Unkundige hat einen kurzweilig­en, humorvolle­n und aufschluss­reichen Musikfilm erlebt und höchstwahr­scheinlich Lust auf musikalisc­hen Nachschub.

» Lindenberg! Mach dein Ding (2 Std. 15 Min.), Biopic,Deutschlan­d, 2019 Wertung ★★★★✩

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Foto: Tom Trambow/DCM Udo (Jan Bülow) mit seiner Jugendlieb­e Susanne (Ella Rumpf), das Mädchen aus dem Hit „Cello“.

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