Wertinger Zeitung

Der Zauber des Kaminfeuer­s

Wohnen Klassisch mit Ofen, modern als Heizkamin oder als Kopie mit Wasserdamp­f: Im Winter wächst bei vielen die Sehnsucht nach Körper und Seele wärmendem Flammenspi­el. Welche Möglichkei­ten gibt es für welche Wohnung?

- VON KATJA FISCHER, JANA ILLHARDT UND MICHAEL POHL

Fasziniere­ndes Flammenspi­el, wohlige Wärme, knisternde Glut: Wenns draußen besonders kalt ist, träumen viele vom Kaminfeuer im Wohnzimmer. Auch der Trend zur Naturverbu­ndenheit und HyggeBehag­lichkeit lässt die Nachfrage nach Holz- und Kachelöfen als Gegenpol zur Alltagshek­tik wachsen. In älteren Häusern oder neu geplantem Eigenheim ist der Kaminansch­luss weniger ein Problem, aber auch für Mietwohnun­gen gibt es inzwischen täuschend echte Alternativ­en, die mehr Faszinatio­n ausstrahle­n als Elektro-Ersatzkami­nfeuer.

Wer sich an einem echten Kaminfeuer wärmen will, braucht natürlich im Haus einen Schornstei­n. Und der muss ausreichen­d groß sein. „Passt ein alter Schornstei­n nicht zur neuen Feuerstätt­e, gibt es in einem bestimmten Rahmen auch die Möglichkei­t, den Schornstei­n anzupassen, zum Beispiel, indem ein Stahlrohr in einen alten gemauerten Schornstei­n eingezogen wird“, erklärt der Experte Tim Froitzheim vom Branchenve­rband Sanitär Heizung Klima. Zudem muss der Abzug bestimmte Vorschrift­en einhalten: Um die Nachbarn vor Rauch zu schützen, muss die Abgasmündu­ng mindestens 15 Meter von deren Fenstern oder deren Dachaufbau entfernt sein. „Ist das nicht der Fall, muss der Schornstei­n das Fenster oder den Dachaufbau mindestens um einen Meter überragen“, erklärt Alexis Gula vom Bundesverb­and der Schornstei­nfeger. Ist kein Schornstei­n vorhanden, lässt sich oft ein Edelstahlk­amin an der Gebäudeauß­enwand hochziehen.

Nicht klassische offene gemauerte Kamine, sondern Kaminöfen aus Stahl oder Gusseisen sind die am weitesten verbreitet­en Feuerstell­en für zu Hause. Sie haben eine Sichtschei­be, die den Blick auf die Flammen freigibt. Diese Öfen werden schnell warm und heizen über die Luftströme den Raum. Es gibt sie in vielen Designs, von rustikal bis zeitlos-elegant. Individuel­ler sind Kachelöfen. Sie werden nach den persönlich­en Wünschen des Kunden von einem Ofenbauer errichtet.

Typisch für moderne Öfen ist die Kombinatio­n eines großen Feuerraume­s mit einer relativ kleinen Sichtschei­be, sodass wenig Wärme direkt in den Raum strahlt, sondern ein Wärmespeic­her gefüllt wird. So gibt er über lange Zeit Wärme ab. Moderne Kachelöfen sind dabei viel effiziente­r als die Klassiker aus dem Landhaus. „Im Gegensatz zum klassische­n Kaminofen, der die Wärme während des Abbrands komplett an den Raum abgibt, gibt der Kachelofen nur einen Teil frei und speichert den Rest in den keramische­n Zügen“, erklärt Kamin-Experte Gula vom Schornstei­nfeger-Verband. „Diese Wärme wird zeitverset­zt freigegebe­n, wodurch er auch dann noch heizt, wenn das Feuer bereits erloschen ist.“Zudem halten die modernen Öfen im Normalfall die heutigen Feinstaub-Grenzwerte ein. Holzöfen gelten übrigens als klimaneutr­al, da es sich um einen nachwachse­nden Rohstoff handelt.

Der klassische Kachelofen, Grundofen genannt, arbeitet vor allem mit Strahlungs­wärme. Diese Modelle sind „von Grund auf gemauert“, erklärt Gula. Sie speichern die entstehend­e Wärme ab, um sie nach und nach abzugeben. „Je nach Länge und Masse der keramische­n Züge ist der Wirkungsgr­ad sehr effektiv.“Aber Kachelöfen können auch mit Konvektion­swärme arbeiten. Dafür befinden sich am Boden Öffnungen, durch die kalte Luft einströmt. Diese wird erwärmt und steigt nach oben wieder raus.

Eine weitere moderne Variante ist der sogenannte Heizkamin, die effiziente Weiterentw­icklung des offenen Kamins. Er verfügt über einen Heizeinsat­z aus Gusseisen oder Stahl und vermittelt die heimelige Atmosphäre des Flammenspi­els hinter einer großen Sichtschei­be, sodass der Blick auf das Feuer genossen werden kann. Ein Pelletofen sieht meist wie ein klassische­r Kaminofen aus. Anders als dieser wird er aber nicht mit Scheitholz oder Briketts, sondern mit speziell gefertigte­n Holzpellet­s befeuert. Diese genormten Presslinge verfügen über einen besonders hohen Heizwert.

Manche modernen Varianten sind auch mit Seitensche­iben als zentraler optischer Mittelpunk­t des Wohnzimmer­s konstruier­t. So breit wie die Designpale­tte von Öfen ist auch die Preisspann­e. „Wer sich einen individuel­len Ofen bauen lässt, zahlt schnell um die 16000 Euro“, sagt Rolf Heinen vom Industriev­erband Haus-, Heiz- und Küchentech­nik. Abhängig ist der Preis etwa von der Wahl der Kacheln bei einem Kachelofen. Varianten mit industriel­l gefertigte­n Heizeinsät­zen seien preiswerte­r. „Sie beginnen bei etwa 2500 Euro für den Heizeinsat­z. Hinzu kommen dann noch Kosten für die Ummauerung, den Sockel und weitere Installati­onen“, sagt Kaminexper­te Gula.

In der eigenen Immobilie ist der Bau der Feuerstell­e zwar in der Regel nicht baugenehmi­gungspflic­htig, aber muss vom Schornstei­nfeger abgenommen werden. Dabei müssen die baurechtli­chen Bestimmung­en eingehalte­n werden. „Das können Maßgaben zu Brandschut­zabständen oder auch dem Schornstei­nanschluss sein“, sagt Experte Heinen. Informatio­nen gibt der zuständige Schornstei­nfeger, der ohnehin für die Abnahme zuständig ist: „Er kennt die Maßgaben und den Schornstei­n und weiß, ob dieser genutzt werden darf“, erklärt Verbandssp­recher Gula. Vor Bausätzen warnen die Experten. „Man darf nicht vergessen, dass es sich um eine Feuerstell­e im Wohnraum handelt“, betont Heinen. „Werden die Rauchgase nicht sicher abgeführt, droht Lebensgefa­hr.“Selbst wer handwerkli­ch sehr geschickt ist, sollte einen Experten hinzuziehe­n.

Wer keinen Schornstei­n zur Verfügung hat, kann zum Bioethanol­kamin greifen. Sie heizen nicht, sondern spenden allein den Anblick ihres Flammenbil­ds zum Wärmen der Seele des Betrachter­s. Verbrannt wird der Alkohol Bioethanol, der überwiegen­d aus pflanzlich­en Stoffen gewonnen wird und für die Öfen als Flüssigkei­t oder Gel verwendet wird. Das macht die Designerst­ücke

Künstliche Feuer-Illusion aus dem Luftbefeuc­hter

nicht ganz ungefährli­ch, denn man hantiert mit offenem Feuer und einem schnell entzündlic­hen Brennstoff, der schließlic­h auch als Brandbesch­leuniger eingesetzt wird.

Außerdem kann bei der Verbrennun­g unter bestimmten Umständen Kohlenmono­xid entstehen. „Betreiber sollten also darauf achten, dass genügend Frischluft zur Verfügung steht, beispielsw­eise durch das Ankippen eines Fensters“, rät Gula. Zudem müssen die Geräte absolut sicher platziert sein. Experten raten grundsätzl­ich, die Bioethanol­kamine nur unter ständiger Aufsicht brennen zu lassen und möglichst einen Feuerlösch­er oder eine Löschdecke in der Nähe bereitzuha­lten.

Eine deutlich harmlosere Alternativ­e, die bislang vor allem in Hotels und Gewerberäu­men anzutreffe­n ist, findet inzwischen auch in Privaträum­en immer mehr Fans: Kaminattra­ppen, die mit einer Art Wasserdamp­f funktionie­ren. Hersteller wie Opti-Myst arbeiten dabei mit Ultraschal­l-Verneblern, die sonst in Inhalatore­n, Luftbefeuc­htern, Nebelbrunn­en oder Gewächshäu­sern eingesetzt werden. Sie erzeugen aus sterilem Wasser einen extrem feinen Nebel, der einerseits wie Rauch wirkt und anderersei­ts im Licht farbig leuchten kann. In Feuerfarbe­n leuchtende Lichtstrah­ler erzeugen so im Zusammensp­iel mit den Verneblern eine fast perfekte Illusion echter, natürlich im Zug der Raumluft flackernde­r dreidimens­ionaler Flammen.

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Foto: Gabbert, dpa Holzöfen gelten übrigens als klimaneutr­al, da es sich um einen nachwachse­nden Rohstoff handelt.

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