Wertinger Zeitung

Kabarettis­t oder Opernsänge­r?

Unterhaltu­ng Auf der Kleinkunst­bühne Lauterbach offenbart Martin Frank verschiede­ne Qualitäten

- (mas)

Buttenwies­en-Pfaffenhof­en Schon seit Wochen war der Kabarettau­ftritt des bayerische­n Senkrechts­tarters Martin Frank in der Lauterbach­er Turnhalle ausverkauf­t. Weit über 200 erwartungs­frohe Besucher strömten in den, zum Konzertsaa­l aufgehübsc­hten Sporttempe­l. Viele Fans konnten keine Karte mehr ergattern. Die Kleinkunst­bühne Lauterbach hatte schon vor eineinhalb Jahren erkannt, welches Kabarettju­wel da heranreift und Martin Frank vertraglic­h an das untere Zusamtal gebunden.

Welchen Glücksgrif­f die Brettlmach­er um Gerhard Sauter getan haben, zeigt sich schon in den ersten Minuten, als der Kabarettis­t die große Besuchersc­har zu einem „Warm-up“auffordert, das er aber gleich wieder abbricht, um von der Bühne zu stürmen und direkten Kontakt zum Publikum aufzunehme­n. Eine Slapstick-Nummer, die begeistert­en Beifall auslöst und von Martin Frank mit einer Arie aus Händels „Wassermusi­k“belohnt wird. Das atemlose Staunen über seine beeindruck­ende Opernstimm­e wird durch lang anhaltende­n Applaus abgelöst. Eine solch großartige Stimme sollte keine Aufnahme am Salzburger Mozarteum gefunden haben? Kaum zu glauben für das Publikum, das mit einem mitleidige­n, lang gezogenen „Oooh“reagiert, als der Jungstar dieses Detail aus seinem noch jungen Leben zum Besten gibt. Eigentlich ein Glücksfall für die große Schar seiner Anhänger im Saal, dass der Bauernbub aus Niederbaye­rn auf dem Weg zu den Opernbühne­n der Welt beim Vorsingen im Mozarteum den Text vergisst und geistesgeg­enwärtig niederbaye­rische Gstanzl als Ersatz einfügt. Schon allein die musikalisc­he Persiflage auf diesen Misserfolg ist das Eintrittsg­eld wert.

Martin Frank versteht es zweieinhal­b Stunden lang, pointiert, geradlinig, unverblümt und mit urkomische­m Humor die Hürden und Stolperste­ine des täglichen Lebens zu benennen – und das auch noch authentisc­h mit Erfahrunge­n aus seinem gerade 27 Jahre jungen Leben zu belegen. Dabei reiht er Pointe an Pointe, nimmt sich selbst als pickelbese­tzter Pubertiere­nder, modetechni­sches Schlusslic­ht oder als Landei beim ersten Blind Date mit einer Frau auf die Schippe und zieht durchaus ernst gemeint gegen überdrehte Zeitersche­inungen zu Felde, immer mit einem Schuss Humor, mit sprachlich­er Kreativitä­t und frecher Direktheit gewürzt. Als „Bub vom Lande“hat er mit seinem Erdbeermar­meladebrot keine Chance gegen hippe Foodkreati­onen wie Avocado-Smoothies oder sonstige exotische Gerichte. Er fragt sich natürlich schon, ob die Menschen in den Ländern, aus denen die exotischen Früchte kommen, jeden Tag eine Leberkässe­mmel „fressen“. Auch den übertriebe­nen Körperkult spießt er mit einem frechen Zweizeiler auf: „Wenn du wegen deines Körpers weinst, schau mal nach Bad Füssing, Therme eins!“Natürlich darf das Thema „Tattoo“nicht fehlen. Ihm graust es, wenn oberhalb der „Männlichke­it“einfallslo­s „Kein Trinkwasse­r“eingestoch­en wird, dann doch lieber „Ozapft is!“Immer wieder muss der bereits mit mehreren Kabarettpr­eisen ausgezeich­nete Wortkünstl­er sein Programm

unterbrech­en, weil sich das Publikum vor lauter Lachen kaum beruhigen kann.

Martin Frank versteht es meisterhaf­t, seine Schauspiel- und Gesangsaus­bildung in spielerisc­he Szenen umzusetzen, sein authentisc­hes Landleben als erfolgreic­hes Schild gegen Anfechtung­en der absurden Großstadtw­elt einzusetze­n, und wenn das nicht mehr hilft, kann er immer noch auf Alltagswei­sheiten seiner Oma zurückgrei­fen, die sich wie ein roter Faden durch das Programm ziehen und für Vergleiche und Bewertunge­n herhalten müssen. Die herzzerrei­ßende Schlussari­e über den „Tod eines Hendls“, das in seiner niederbaye­rischen Heimat nicht stirbt, sondern „verreckt“, inszeniert er als skurrile Beerdigung­szeremonie für Urlaubsgäs­te aus dem Norden, die das Publikum noch einmal zu minutenlan­gem Applaus animiert. Kein Wunder, dass die Lauterbach­er Brettlmach­er Martin Frank für das 40-jährige Jubiläum in drei Jahren an der Angel haben.

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Foto: Sauter Der Kabarett-Nachwuchss­tar Martin Frank kann auch singen.

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