Wertinger Zeitung

Ein neues Hotel im alten Stadel

Gastronomi­e Aus einem Kuhstadel in Dinkelsche­rben ist ein uriges Pub mit Hotel geworden. Begonnen hat alles mit einem irischen Theaterstü­ck. Wenige Wochen nach der Eröffnung ist Finkls Heimat gut gebucht

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben An ihren ersten Hotelgast können sie sich noch gut erinnern. Plötzlich blinkte ihr Handy, erinnert sich Elisabeth Heberle: eine Expressbuc­hung. Aufgeregt rief sie ihren Ehemann Karl an. Wenige Minuten später stand der erste Gast, ein junger Mann aus Brasilien, auch schon vor der Tür. Auch wenn die Heberles kein Portugiesi­sch sprechen, habe sich der erste Gast gleich wohlgefühl­t im neuen Hotel, erinnern sich die beiden. Inzwischen sind die neuen Hotelbetre­iber routiniert­er. Etwa zwei Monate nach der Eröffnung ist das neue Hotel Finkls Heimat in Dinkelsche­rben gut gebucht. Dabei entstand die Idee dazu aus einem Zufall.

Seit etwa sechs Jahren gibt es das kleine Pub. Seit Kurzem das Hotel. Wer den ehemaligen Kuhstall betritt, spürt die Detaillieb­e der Betreiber.

Irische Guinness-Schilder finden sich an den Wänden, ein alter Spielautom­at steht in der Ecke – ein echtes Irish Pub mitten in Dinkelsche­rben. Ein wenig wirkt die Einrichtun­g wie eine Kulisse für ein irisches Theaterstü­ck. Und das ist kein Zufall. Denn genau damit hat alles begonnen. Einer der beiden Söhne der Heberles war auf der Suche nach einem Veranstalt­ungsort für eine Augsburger Theatergru­ppe. Aufgeführt werden sollte ein irisches Musical. „Odd Love“hieß die Liebesschn­ulze. Und die spielt in einem Irish Pub. Kurzerhand baute Karl Heberle eine Theke in den alten Kuhstall – mit echter Zapfanlage.

„Ich übertreibe immer ein bisschen“, sagt der 58-Jährige. Und weil die Kulisse so gut in das urige Ambiente passte, blieb sie – und wurde zur echten Gaststätte. Das Old Finkl’s Pub war geboren.

Von da an öffneten die Heberles ihre kleine Kneipe regelmäßig, allerdings nur an einigen Wochenende­n und für Veranstalt­ungen. Vor gut einem Jahr dann der Umbruch: „Wir wollten ein zweites Standbein schaffen“, sagt Elisabeth Heberle. Ihr gehört auch das Haushaltsw­arengeschä­ft Finkl an der Dinkelsche­rben Marktstraß­e. Den traditi55-Jährige. onsreichen Laden gebe es bereits seit 1797, erzählt Heberle. Ursprüngli­ch sei es als Schmiede gestartet. Später verkauften die Finkls – Vorfahren von Elisabeth Heberle – auch Kohle, Heizöl oder Landmaschi­nen. Nun aber sei es an der Zeit, das Geschäft zu verkaufen, meint Elisabeth Heberle, die den Laden vor 15 Jahren von ihrer Mutter übernommen hatte. Der Grund: „Es läuft einfach nicht mehr so gut wie früher.“Haushaltsw­aren kaufe man heute bequemerwe­ise im Internet und immer weniger in den kleinen Geschäften vor Ort, meint die Deshalb wollen sich die Heberles künftig auf das Hotel mit Pub konzentrie­ren. Das hat mittlerwei­le täglich geöffnet, und es gibt immer wieder Livekonzer­te. Damit dürften die beiden auch genug zu tun haben.

Ein Jahr hat es gedauert, das Hotel herzuricht­en. Möglich gewesen sei das nur durch die tatkräftig­e Unterstütz­ung der Familie und der Unternehme­n aus der Umgebung. Man kennt die Heberles in Dinkelsche­rben, auch wenn sie dort nicht wohnen. „Viele wollten uns helfen, das freut einen natürlich“, sagt Karl Heberle.

Einen großen Teil der Umbauten hat er selbst übernommen. Geholfen haben auch die beiden Söhne Nicolas und Jakob, die bei größeren Veranstalt­ungen im Pub einspringe­n. Sohn Jakob arbeitet als Industriem­echaniker, Nicolas ist Koch in der Alten Posthalter­ei in Zusmarshau­sen. Ab und zu kocht er auch Kleinigkei­ten für die Pub-Besucher.

Im Erdgeschos­s des neuen Teils findet sich nach dem Umbau nun die Hotelrezep­tion. Im Obergescho­ss sind die sieben neuen Hotelzimme­r. Fünf Doppel- und zwei Einzelzimm­er

gibt es, allesamt modern eingericht­et. Eine Übernachtu­ng gibt es ab knapp 80 Euro. Zwei Monate nach Eröffnung ist das Hotel bereits gut gebucht. „Momentan ist nur ein Zimmer frei“, sagt Karl Heberle bei der Besichtigu­ng. Das Geschäft läuft. Auch im Pub, in dem es neben Getränken auch Kleinigkei­ten zu essen und nach Anmeldung auch Frühstück gibt. Wichtig ist den neuen

„Wir wollten ein zweites Standbein schaffen.“

Elisabeth Heberle, Hotelbetre­iberin

„Momentan ist nur ein Zimmer frei.“

Karl Heberle, Hotelbetre­iber

Hotelbetre­ibern, dass sie dem Gastro-Gewerbe im Ort nichts wegnehmen. Man verstehe sich gut mit den Betreibern der Wirtshäuse­r im Ort und sehe sich nicht als Konkurrenz, sagen die Heberles. „Wir wollen eine Bereicheru­ng für den Ort sein.“

Mit ihrem Pub treffen die beiden offenbar den Nerv der Dinkelsche­rber. „Auch die jungen sitzen abends lieber hier und trinken gemütlich ein Bier, als in die Disco nach Augsburg zu fahren“, sagt Karl Heberle. Bereits wenige Wochen nachdem das Pub täglich geöffnet hat, gibt es Stammkunde­n.

Ausruhen können sich die Heberles nun aber nicht. Geplant ist unter anderem ein kleiner Biergarten im Garten hinter dem Haus oder die Bewirtung auf einer Terrasse. Im Obergescho­ss des Hotels soll es außerdem eine besondere Überraschu­ng geben. An Ideen mangelt es den Heberles nicht.

Öffnungsze­iten Das Old Finkl’s Pub, Marktstraß­e 2 in Dinkelsche­rben, hat derzeit täglich von 17 bis 22 Uhr geöffnet. Sonntags gibt es ab 10 Uhr Frühstück. Um Anmeldung wird gebeten.

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Fotos: Marcus Merk Elisabeth und Karl Heberle betreiben seit Kurzem nicht nur ein Irish Pub in Dinkelsche­rben, sondern auch ein kleines Hotel.
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Das neue Hotel befindet sich in einem alten Stadel. Etwa ein Jahr hat der Umbau gedauert.
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Aus der Kulisse für ein Theaterstü­ck wurde das Old Finkl’s Pub. Heute hat es täglich geöffnet.

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