Widerstand gegen Tempolimit bröckelt
Verkehr Selbst der ADAC hält eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen nicht mehr für Teufelszeug. Damit kommt noch einmal Fahrt in die Debatte
Berlin Eine Bastion bekommt Risse. Der ADAC hält die freie Fahrt auf Deutschlands Autobahnen nicht mehr für unumstößlich. Dabei gehörte „die freie Fahrt für freie Bürger“jahrzehntelang zu den Kernforderungen des Automobilklubs – bis jetzt. Der ADAC sei „nicht mehr grundsätzlich“gegen ein Tempolimit, sagte Präsidiumsmitglied Gerhard Hillebrand.
Denn auch unter den 21 Millionen Mitgliedern wird die Einführung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen lebhaft diskutiert. Die Autofahrerlobby ist so gespalten wie die Gesellschaft. Etwa die Hälfte der Deutschen spricht sich dafür aus, die andere dagegen. Zuletzt hatten die Befürworter eines Tempolimits von 130 Kilometern pro Stunde sogar leicht Oberwasser.
Der ADAC schlägt nun eine Untersuchung vor, wie sich die Abschaffung der Vollgaserlaubnis auf die Sicherheit auswirken würde. Überprüfungen von einzelnen Streckenabschnitten zeigen, dass eine die Zahl schwerer Unfalle senkt und dort weniger Menschen sterben.
Oben auf der Bastion verteidigen CDU und CSU den Status quo auf den Autobahnen. „Es soll bleiben, wie es ist. Pauschale Verbote sind nur da sinnvoll, wo man sie wirklich benötigt“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Alois Rainer (CSU) unserer Redaktion. Er plädiert für die Einführung mobiler Verkehrsleitsysteme an Engstellen, wie zum Beispiel auf der A8 zwischen München und Stuttgart. Bei Bedarf soll das Tempo dort gedrosselt werden können. „In den Stoßzeiten oder wenn eine Nebelwand aufzieht“, erklärte der Abgeordnete aus Straubing. Dann könnte zum Beispiel auch Tempo 80 verordnet werden. Dass die Diskussion immer wieder hochkocht, ist für Rainer „nichts anderes als gezielte Stimmungsmache gegen das Auto an sich“.
Der Bundestag hatte erst im Oktober über das emotionale Thema abgestimmt. Das Ergebnis fiele in Geschwindigkeitsbegrenzung deutig aus. 498 Abgeordnete waren gegen eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit, nur 126 dafür. Innerhalb der Großen Koalition fügte sich die SPD der Bündnisdisziplin und stimmte mit CDU und CSU. Doch eigentlich wollen die Sozialdemokraten das Ende des deutschen Sonderweges, auf den Autobahnen das Gas bis zum Anschlag durchtreten zu dürfen. „Ich bin für ein Tempolimit – es verringert Unfälle und spart jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen CO2“, erklärte Umweltministerin Svenja Schulze. Erst im Dezember hat sich der SPD-Parteitag für die Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung ausgesprochen. Die Grünen sind schon lange dafür, genau wie die Gewerkschaft der Polizei. Die FDP steht hingegen auf dem Standpunkt der Union und hält Verkehrsleitsysteme für besser. Auch die AfD lehnt eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung ab. Die deutschen Autohersteller wollen ebenfalls, dass sich nichts ändert. Porsche-Chef Oliver Blume bezeichnete „die Tempofreiheit“am Freitag als „persönliche Freiheit“, die man den Menschen lassen solle.