Die Impfkritiker geben nicht auf
Medizin Der Bayreuther Jura-Professor Stephan Rixen hat ein Gutachten zum Masernschutzgesetz angefertigt. Warum es seiner Meinung nach in mehreren Bereichen verfassungsrechtlich bedenklich ist und was er jetzt plant
Bayreuth/Landsberg Am 1. März soll ein nach wie vor heftig diskutiertes Gesetz in Kraft treten: das Masernschutzgesetz. Es sieht unter anderem vor, dass alle Kinder beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten gegen Masern geimpft sein müssen. Sonst werden Geldbußen bis zu 2500 Euro fällig. Impfkritiker wie etwa die Gautingerin Barbara Daumiller-Zeil, Ehefrau des früheren bayerischen Wirtschaftsministers Martin Zeil, sind stocksauer und sprechen von einem Impfzwang.
Der Bayreuther Jura-Professor Stephan Rixen, an dessen Lehrstuhl auch der Bereich Gesundheitsrecht angesiedelt ist, hat im Auftrag des Vereins „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ein Gutachten über den Gesetzesentwurf angefertigt, das die Grundlage für Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe ist. Rixen hält das Masernschutzgesetz definitiv für verfassungsrechtlich bedenklich. „Derzeit werden verschiedene
„Ausgestaltung der Impfpflicht wird letztlich den Impfstoffherstellern überlassen.“Professor Stephan Rixen
Verfassungsbeschwerden vorbereitet“, sagt Rixen, der nach eigenem Bekunden übrigens kein Impfskeptiker ist. „Ich bin allerdings ein Impfpflichtskeptiker“, sagt der 52-Jährige.
Rixen sieht gleich mehrere juristische Probleme. Verletzt würden durch den faktischen Impfzwang etwa das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Elternrecht. Zudem gebe es massive Probei der Gleichbehandlung: Das Kind, das bereits jetzt in einer Kita ist, braucht aufgrund der Übergangsfristen erst im Laufe der nächsten eineinhalb Jahre geimpft zu werden. Das Kind, (das älter als ein Jahr alt ist und) das jetzt ab dem 1. März in eine Kita kommt, muss bereits geimpft sein. Das sei eine sachlich nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung.
Für besonders bedenklich hält Rixen den geplanten Einsatz von Kombinationsimpfstoffen, da in Deutschland derzeit keine Monoimpfstoffe gegen Masern verfügbar sind. „Obwohl das Gesetz nur mit dem Schutz vor Masern argumentiert, sieht es die Verwendung von Kombinationsimpfstoffen ausdrücklich vor: Damit entscheidet de facto die pharmazeutische Industrie, in welchen Kombinationen die Masernimpfung jetzt und zukünftig angeboten wird“, sagt Rixen. „Daraus ergibt sich eine faktische Impfpflicht gegen andere Erkrankungen als Masern. Die Ausgestaltung dieser Impfpflicht wird damit letztlich den Impfstoffherstellern überlassen.“Rixen fragt: „Ist das alles noch verhältnismäßig?“Wenn man also automatisch auch noch etwa gegen Röteln, Windpocken oder Mumps mitgeimpft wird? Besonders hellhörig macht Rixen, dass selbst der ambleme tierende Präsident des Berliner Robert-Koch-Institutes (RKI), Professor Lothar H. Wieler, einer Impfpflicht – nicht aber dem Impfen selbst – skeptisch gegenüberstehe. Das RKI ist schließlich die Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Die Impfpflicht würde den Widerstand von Skeptikern nur verstärken, schrieb Wieler in einem Fachartikel. Forscher aus Erfurt und Aachen hätten herausgefunden, „dass eine Impfpflicht die Impfbereitschaft für die verbliebenen freiwilligen Impfungen deutlich verringern würde. Offenbar, so vermuten die Wissenschaftler, führt die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit dazu, sich diese bei nächster Gelegenheit ’zurückzuholen’.“Rixen betont, dass Verfassungsbeschwerden keine aufschiebende Wirkung hätten, das Masernschutzgesetz greife also ab dem 1. März. Es sei zudem offen, wie erfolgreich sie sein werden. Die Quoten für erfolgreiche Verfassungsbeschwerden lägen im unteren einstelligen Prozentbereich.
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Die Elterninitiative „Levana Landsberg – Eltern für Impfaufklärung“veranstaltet am Samstag, 25. Januar, von 11 bis 14 Uhr eine Kundgebung auf dem Landsberger Georg-Hellmair-Platz, zu der alle Interessierten eingeladen sind.