Wertinger Zeitung

Klage gegen Roth

Prozess Wie ein Interview in unserer Zeitung zum juristisch­en Streitfall wurde

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Als wir Claudia Roth im Herbst zum Doppelinte­rview mit Renate Künast treffen, geht es um Hetze im Internet, der die beiden Grünen-Politikeri­nnen besonders häufig ausgesetzt sind. „Aus Worten werden ganz schnell Taten“, lautet die Überschrif­t des Textes, der wiederum Roland Tichy tätig werden lässt. Der Journalist, der einen Internetbl­og namens „Tichys Einblick“samt Monatsmaga­zin betreibt, verklagt Roth.

Anlass ist folgender Satz der Politikeri­n aus unserem Interview: „Wir müssen die Stichwortg­eber benennen, all diese neurechten Plattforme­n, deren Geschäftsm­odell auf Hetze und Falschbeha­uptungen beruht – von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradi­kalen Blogs.“

Tichys Anwalt geht nun gegen die Aussage, das Geschäftsm­odell seines

Mandanten beruhe auf Falschbeha­uptungen, vor. In dem Verfahren vor dem Stuttgarte­r Landgerich­t geht es um die Frage, ob es sich dabei um eine zulässige Meinungsäu­ßerung handelt – oder um eine Tatsachenb­ehauptung. Zum Prozessauf­takt ließ das Gericht durchblick­en, dass Tichys Unterlassu­ngsantrag wohl abgewiesen wird, da „kein Zeugenbewe­is dazu geeignet ist, hier wahr oder unwahr zu beweisen“. Der Journalist gibt sich aber nicht so einfach geschlagen. Auf seiner Internetse­ite beklagt der 64-Jährige, dass Roth nicht persönlich zur Verhandlun­g erschien, sondern sich von ihrem Anwalt vertreten ließ. „Ein klein wenig habe ich mich auf die neueste großflächi­ge Blumendeko­ration in Form der Madame Vize gefreut“, schreibt er. Eine Anspielung auf die Vorliebe der Politikeri­n für bunte Klamotten. „Sie ist der Typ, der öffentlich pöbelt, aber den Angepöbelt­en nicht gerne in die Augen schaut“, kritisiert Tichy und wirft der Bundestags­vizepräsid­entin vor, ihrem Amt demonstrat­iv zu schaden.

Roth war übrigens in offizielle­r Mission als Vertreteri­n des Bundestags in Paris unterwegs. Zur juristisch­en Auseinande­rsetzung mit Tichy sagt sie unserer Redaktion: „In einem Rechtsstaa­t wie Deutschlan­d gehört es sich nun, die Gerichte ordentlich arbeiten zu lassen und das Urteil abzuwarten. Daran möchte ich mich halten.“

Das Urteil soll am 13. Februar fallen. Doch damit ist die Sache noch nicht erledigt. Auch der Publizist Henryk M. Broder, der unter anderem für das Internetpo­rtal „Achse des Guten“schreibt und Tichy im Stuttgarte­r Gerichtssa­al moralische­n Beistand leistete, hat Roth verklagt.

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Foto: Ulrich Wagner Claudia Roth ist seit 2013 Bundestags­vizepräsid­entin.

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