Eltern fordern Gurtpflicht im Schulbus
Sicherheit Innerhalb weniger Tage sterben zwei Kinder bei tragischen Unfällen, mehr als 30 werden verletzt. Eltern laufen Sturm, der Verkehrsminister reagiert prompt
Augsburg Drei Schulbusunglücke haben in den vergangenen Tagen viele Menschen erschüttert: Im thüringischen Berka kamen zwei Achtjährige bei einem Unfall ums Leben, 20 weitere Kinder wurden teils schwer verletzt. Der Bus verunglückte auf einer glatten Landstraße. Im oberbayerischen Landkreis Traunstein kam ein Bus von der Straße ab: Neun Kinder im Alter von zwölf bis 16 Jahren wurden leicht bis mittelschwer verletzt – der Busfahrer schwer. Und in Mindelheim (Kreis Unterallgäu) zogen sich fünf Personen, darunter drei Schüler, leichte Verletzungen zu, als ein Bus wegen einer Unachtsamkeit des Fahrers in den Gegenverkehr geriet.
Am Freitag reagierten nun bayerische Elternverbände auf die ungewöhnliche Häufung von Schulbusunfällen: Sie forderten eine Anschnallpflicht. „Es ist genau das eingetreten, wovor wir gewarnt haben“, sagt Susanne Arndt, Vorsitzende der Landeselternvereinigung
bayerischen Gymnasien. Seit mehr als zehn Jahren setzten sich die Elternvertreter für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung ein. Aktuell dürfen Schüler in Linienbussen – anders als im Reiseverkehr – auch stehend und ungesichert mitfahren. Dies sei gerade für jüngere Kinder, die schwere Schulranzen tragen und sich oft nur schlecht festhalten können, enorm gefährlich, betont Arndt. Derzeit werde zudem Geld gespart, indem die Busse „bis zum Anschlag vollgestopft“werden. Mit einer Gesetzesänderung könne man diese Praxis beenden. Arendt sieht deshalb das Bundesverkehrsministerium in der Pflicht.
Den Busfahrern will Arndt dagegen keine Vorwürfe machen. Diese könnten aufgrund der engen Zeitpläne oft gar nicht auf die Sicherheit der Kinder achten. Ähnlich sieht das ein Busunternehmer aus unserer Region – kommt allerdings zu einem anderen Schluss. Eine Anschnallpflicht? „Nicht praktikabel“, sagt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Gerade auch, weil Busfahrer das bei der Anzahl an Kindern nicht kontrollieren könnten. Außerdem gebe es für die Kinder gar nicht ausreichend Sitzplätze. Dafür müssten mehr Busse fahren und das treibe die Kosten in die Höhe. „Überall herrscht Fachkräftemangel, auch bei den Busfahrern“, sagt der Mann mit Blick auf fehlendes Personal. Natürlich halte er es grundsätzlich für sinnvoll, dass sich die Kinder anschnallen. Gerade auf Überlandfahrten dürfte es seiner Meinung nach überhaupt keine Stehplätze geben. Die Schuld daran, dass es sie dennoch gibt, liege aber in erster Linie an den für den Schulverkehr zuständigen Städten und Landkreisen, die durch ihre Ausschreibungen und den Preisvorstellungen die Busunternehmen zwängen, die Kapazitäten der Busse voll auszuschöpfen.
Der Geschäftsführer des Landesverbands bayerischer Omnibusunternehmer, Stephan Rabl, betont derweil, dass der Bus weiterhin ein „sehr sicheres“Verkehrsmittel sei. Rabl überschlägt, dass an Schultader gen in Bayern 1,3 Millionen Kinder mit Bussen transportiert werden. Er hätte Sorge, dass bei einer Anschnallpflicht die Kosten steigen und deshalb Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen würden. Das Risiko, dann bei einem Autounfall verletzt zu werden, schätzt er viel höher ein.
Das bestätigt ein Pressesprecher des Polizeipräsidiums SchwabenSüdwest auf Nachfrage. In dessen Zuständigkeitsbereich seien im Jahr 2018 lediglich sechs Unfälle mit Bussen registriert worden. Allerdings sei die Aufmerksamkeit, wenn etwas passiere, entsprechend höher, weil es oft mehrere Personen auf einmal treffe.
Am Freitagnachmittag kündigte schließlich das Bundesverkehrsministerium eine mögliche Verschärfung der Regeln zur Anschnallpflicht an. Minister Andreas Scheuer (CSU) werde den Bundesländern vorschlagen, die seit 2005 geltenden Empfehlungen für die Schülerbeförderung zu aktualisieren, sagte ein Sprecher.