Dann muss es der Herminator richten
In Österreich herrscht rund um das Hahnenkamm-Wochenende Ausnahmezustand. Vor allem das Abfahrtsrennen in Kitzbühel hat bei unseren Nachbarn einen extrem hohen Stellenwert. Selbst Hermann Maier schaute am Donnerstag vorbei – weil es einer seiner Sponsoren so wollte. Dem Rummel in Kitzbühel, der dem Herminator natürlich sicher ist, kann der 47-Jährige nicht viel abgewinnen. Deshalb reiste er nach seinem Auftritt prompt wieder ab. Die Rennen schaue er sich lieber mit einem Schnitzel vor dem Fernseher an. Sechsmal hat Maier in Kitzbühel gewonnen – fünfmal im Super-G, einmal die Abfahrt. Das hat ihm in Österreich Legendenstatus beschert. Und garantiert ihm auch heute noch zuverlässig Schlagzeilen, wenn er sich in die Öffentlichkeit wagt.
Skifahren ist wichtig in Österreich. So wichtig, dass das Ausbleiben von Erfolgen schnell zu allgemeiner Krisenstimmung führt. Nach dem Rücktritt des Seriensiegers Marcel Hirscher fahren die Österreicher ihren eigenen (hohen) Ansprüchen hinterher. Plötzlich wird selbst die Nationenwertung zum Thema, die in der Vergangenheit niemand interessierte.
Seit Menschengedenken hatten die Österreicher sie gewonnen. Jetzt sind die Schweizer vorne. Und dem allmächtigen ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel gefällt das gar nicht, wie er in Interviews wissen lässt. Es gibt nur eines, was den Chor der Kritiker in einen Jubelchor verwandeln könnte: ein Sieg auf der Streif. „Holt uns eine Gams nach Österreich“, formulierte die Kronen Zeitung am Donnerstag in aller Bescheidenheit.
Nichts ist dem größten Boulevardblatt des Landes, gleichzeitig ein Hauptsponsor des ÖSV, an diesem Wochenende nicht berichtenswert. Also wurde auch Romed Baumann noch einmal gewürdigt. Der startete die längste Zeit seiner Karriere für Österreich, sah dort aber keine Perspektive mehr und wechselte dank einer deutschen Gattin ins DSV-Team. Baumann wurde gefragt, ob er denn nach einem Sieg in Kitzbühel auch die deutsche Hymne singen würde. „Auf jeden Fall“, antwortete Baumann. Wohl wissend, dass das der Moment wäre, in dem Schröcksnadel beim Herminator wegen eines Comebacks anfragen würde.