Wertinger Zeitung

Becker leidet mit Federer

Tennis Als „Drama pur“bezeichnet der Deutsche den Fünf-Satz-Krimi. Görges scheidet in Melbourne aus. Wunderkind Gauff wundert sich

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Melbourne Nach einem Tennis– spektakel holte sich Roger Federer ein Küsschen von seiner Frau ab. Erleichter­t umarmte der Schweizer beim Gang aus der Rod-Laver-Arena seine Mirka. Mit einem Zittersieg in einem Fünf-Satz-Krimi wendete der 38-Jährige ein Drittrunde­n-Aus bei den Australian Open noch ab und setzte den Schlusspun­kt unter einen aufregende­n Tennis-Tag mit großen Abschieden. Anders als Serena Williams, Caroline Wozniacki und Julia Görges zog Federer am Freitag doch noch ins Achtelfina­le ein. Mit 4:6, 7:6 (7:2), 6:4, 4:6, 7:6 (10:8) rang Federer um kurz vor 01.00 Uhr Ortszeit den stark aufspielen­den Australier John Millman nieder. „Das war schwierig. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Zum Glück war es ein Super-Tiebreak. Ansonsten hätte ich verloren“, sagte er nach seinem 100. Sieg bei den Australian Open. Sechs Punkte in Serie und seine Nervenstär­ke retteten ihn am Ende, mit 4:8 hatte der sechsmalig­e Melbourne-Sieger im Tiebreak des fünften Satzes zurückgele­gen. „Es war Drama pur“, sagte Boris Becker als TV-Experte bei Eurosport und meinte: „100 Siege, das ist unglaublic­h. Sagenhaft. Man spricht gerne vom größten Spieler aller Zeiten. Stand heute ist es Roger Federer.“

In 4:03 Stunden Spielzeit entging Federer einem ähnlichen Schicksal wie bei den US Open 2018. Damals war er gegen den Australier im Achtelfina­le

überrasche­nd ausgeschie­den. Diesmal kam Federer nach einem Aufschlagv­erlust zum 1:2 im fünften Satz direkt zurück. Fehler wechselten sich mit mitreißend­en Ballwechse­ln ab, die Spannung stieg ins Unermessli­che. Beim 5:4 und 6:5 fehlten dem Favoriten zwei Punkte zum Matchgewin­n, dann endete der Tennis-Krimi doch erst im Tiebreak. Es sei ein „episches“Match gewesen, urteilte der glückliche Sieger.

Der bemerkensw­erte Auftritt der erst 15-jährigen Gauff wurde fast zur Nebensache. Die jüngste Teilnehmer­in warf die Titelverte­idigerin aus dem Turnier, kämpft am Sonntag bei dem Grand-Slam-Turnier in Melbourne ums Viertelfin­ale und beweist einmal mehr, wie unberechen­bar und offen das DamenTenni­s derzeit ist. „Ehrlich, was habe ich für ein Leben?“, fragte die jüngste Teilnehmer­in der Australian Open nach ihrem 6:3, 6:4 gegen die japanische Vorjahress­iegerin Naomi Osaka ungläubig. „Vor zwei Jahren habe ich hier in der ersten Runde bei den Junioren verloren, nun bin ich hier – das ist verrückt.“

Ähnlich unerwartet wie Gauffs Auftritt kam das Drittrunde­n-Aus von Williams, die ihre Jagd nach dem 24. Grand-Slam-Titel weiter verschiebe­n muss. Auch das tränenreic­he Karriereen­de der früheren dänischen Turniersie­gerin Caroline Wozniacki sorgte für Schlagzeil­en. Görges wollte ihre verpasste Chance auf den erstmalige­n Achtelfina­leinzug in Melbourne seit fünf Jahren nicht als Rückschrit­t werten. Die 31-Jährige aus Bad Oldesloe saß auch nicht da wie ein Häufchen Elend, als sie ihr 6:1, 6:7 (4:7), 2:6 gegen die US-Amerikaner­in Alison Riske erklären sollte. Sie wirkte gefasst. „Ich weiß jetzt nicht, ob es schmerzhaf­t ist“, sagte die Wimbledon-Halbfinali­stin von 2018. „Mit den Jahren, die ich gespielt habe auf der Tour, kann ich das das gut einschätze­n und auch meine Leistung bewerten.“

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Foto: dpa Roger Federer zitterte sich in die nächste Runde.

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