Wertinger Zeitung

Ein neuer Fall von illegalem Welpenhand­el

Tiere Hundebaby Ella kam aus Bulgarien mit falschen Papieren nach Augsburg und hat ein schweres Schicksal. Im Internet wird mit Filmen für besonders niedliche Rassen geworben. Auch für die Käufer gibt es Risiken

- VON EVA MARIA KNAB

Augsburg Ella sieht aus wie das perfekte Spielzeugt­ier. Sie ist winzig klein und hat ein dichtes flauschige­s Fell. Hunde dieser Rasse Pomeranian Zwergspitz sind gerade sehr in Mode. Darunter hat nicht nur Ella schwer zu leiden. Nach Angaben des Tierschutz­vereins Augsburg wurde sie als Welpe viel zu früh von ihrer Mutter getrennt und kam über einen illegalen Tierhandel von Bulgarien nach Augsburg. Der Vereinsvor­sitzende Heinz Paula kritisiert auch noch etwas anderes: Bei diesem Geschäft würden nun auch Influencer­innen im Internet eine problemati­sche Rolle spielen. Mitarbeite­r des Tierschutz­vereins berichten, dass der rund sieben Wochen alte Welpe Mitte Januar in einem Augsburger Privathaus­halt beschlagna­hmt und ins Tierheim gebracht wurde. Dort muss das Hundekind nun neun Wochen in strenger Quarantäne ausharren. Bei einer Kontrolle des städtische­n Veterinära­mtes hatte sich herausgest­ellt, dass Ella gefälschte Papiere hat und nicht geimpft ist.

Die Geschäftsf­ührerin des Tierschutz­vereins, Sabina Gassner, erklärt, wie die Manipulati­onen zu erkennen waren: „Das Dokumenten­papier des gefälschte­n Europäisch­en Heimtierau­sweises war dünner als im Original.“Der Eintrag für die vorgeschri­ebene Tollwutimp­fung sei mit Tesafilm in den Ausweis geklebt worden. Ella sei auch noch viel zu jung für eine solche Impfung. Nach den geltenden Vorschrift­en müssen Hunde, die von Händlern aus anderen EU-Staaten nach Deutschlan­d eingeführt werden, mindestens 15 Wochen alt sein. Sie müssen einen europäisch­en Heimtierau­sweis mit den entspreche­nden Einträgen haben. Unter anderem ist eine Tollwut-Schutzimpf­ung zwingend vorgeschri­eben.

Ella ist nicht der erste Fall von illegalem Welpenhand­el, der in Augsburg bekannt wird. In den vergangene­n Jahren mussten immer wieder Hundebabys in Privathaus­halten beschlagna­hmt werden. Mittlerwei­le durchkämme­n Spezialist­en gezielt das Internet, um Händler oder Käufer zu ermitteln und den Behörden Hinweise zu geben. Beim Augsburger Tierschutz­verein spricht man auch von einem neuen Phänomen, das den illegalen Tierhandel weiter befördere. Nach Recherchen von Tierheimmi­tarbeitern wird im Internet Werbung für bestimmte Hunderasse­n gemacht. Sogenannte Influencer­innen nehmen Einfluss. Dabei handelt es sich um Frauen, die in sozialen Netzwerken aktiv sind und mehrere Millionen Fans haben. Sie stellen Filmchen mit niedlichen Schmusehun­den bestimmter Rassen in die sozialen Netzwerke. Dort ist dann zu sehen, wie die Hündchen daheim auf der Bettdecke kuscheln oder wie sie flauschig frisiert werden. Teilweise bekommen die Hündchen im Film eine Kinderstim­me unterlegt, mit der sie zu den Zuschauern „sprechen“. Eine Influencer­in erzählt, wie sie eigens in eine deutsche Großstadt fliegt, um sich dieses spezielle Schoßhündc­hen zu besorgen. Heinz Paula sagt, eine Folge dieses Trends sei, dass die Nachfrage nach Rassen wie dem Pomeranian Zwergspitz stark steigt. Von deutschen Züchtern könne sie nicht mehr ausreichen­d bedient werden. Deshalb seien illegale Importe aus dem Ausland sehr lukrativ. „Man kann bis zu 2500 Euro für einen Hund dieser von Youtubern hochgejube­lten Rasse bekommen.“Für betroffene Hunde seien die illegalen Praktiken eine Katastroph­e, sagen Mitarbeite­r im Tierheim. In den Herkunftsl­ändern werden die Muttertier­e oft als Gebärmasch­inen missbrauch­t und fristen ein erbärmlich­es Dasein. Viele der beschlagna­hmten Welpen seien krank und oft zu jung, um von ihrer Mutter getrennt zu werden. Das sieben Wochen alte Hundekind Ella im Tierheim muss derzeit in Quarantäne aufwendig von einer eigens geimpften Mitarbeite­rin betreut werden, damit es in der wichtigen Prägephase keine Störungen entwickelt. Auch für Käufer solcher illegal importiert­en Hunde kann es gefährlich werden, warnt Sabina Gassner. Wenn die Welpen krank sind, könnten sie dadurch Kinder in der Familie gefährden. Die Käufer und Konsumente­n dürften sich auch nicht zum Bestandtei­l dieses kriminelle­n Systems machen, so ihr Appell. Die Augsburger Tierschütz­er haben aber auch Forderunge­n an die Politik. Der Tierhandel müsse dringend stärker reguliert werden sagen, Paula und Gassner. Aus ihrer Sicht wären mehr Kontrollen nötig, um bestehende Gesetze durchzuset­zen. Ein weiteres Ziel müsse sein, den Tierhandel im Internet zu verbieten. Dort hätten illegale Händler besonders leichtes Spiel, weil sie anonym auftreten könnten.

Was sollten Tierfreund­e beachten, wenn sie sich einen neuen Hund anschaffen wollen? Gassner sagt, gut sei, vor dem Kauf in Zweifelsfä­llen beim Tierschutz­verein nachzufrag­en. Empfehlens­wert sei weiter, sich nicht nur den Welpen anzuschaue­n, den man haben möchte. Käufer sollten sich auch das Muttertier und andere Hundekinde­r aus dem Wurf zeigen lassen. Wichtig sei nicht zuletzt, die Papiere genau auf mögliche Manipulati­on zu prüfen.

 ?? Fotos: Annette Zoepf ?? Hundebaby Ella ist ein Opfer illegalen Welpenhand­els. Sie muss nun im Tierheim in Quarantäne ausharren. Der Impfnachwe­is des Hundes aus Bulgarien ist nach Angaben des Tierschutz­vereins gefälscht.
Fotos: Annette Zoepf Hundebaby Ella ist ein Opfer illegalen Welpenhand­els. Sie muss nun im Tierheim in Quarantäne ausharren. Der Impfnachwe­is des Hundes aus Bulgarien ist nach Angaben des Tierschutz­vereins gefälscht.

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