Wann sich der Umzug für einen neuen Job lohnt
Arbeitswelt Neuer Job, neue Stadt? Einen Ortswechsel für eine andere Stelle nehmen Menschen eher ungern in Kauf – und schon gar nicht leichtfertig. Flexibel zu sein kann sich aber rentieren, vor allem für Einsteiger
Hamburg Die Wahrscheinlichkeit, dass die beste Job-Option direkt vor der Haustüre liegt, ist gering. Aber wären Sie bereit für eine neue Stelle den Wohnort zu wechseln? In den meisten Fällen lautet die Antwort: Nein. „Berufsbedingte Mobilität ist mit Kosten und Nutzen verbunden“, sagt Sebastian Bähr vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg. „Der Nutzen ist aber für viele nicht so hoch, dass er die Kosten decken würde.“Das kann auch ein attraktives Stellenangebot oft nicht ändern. Ob ein Umzug eine Option ist, hängt stark von den individuellen Rahmenbedingungen ab.
„Es gibt Leute, für die sind ein Umzug und ein Regionswechsel harmlos“, stellt Karriere-Coach Volker Klärchen fest. Der Schritt ist umso einfacher, je weiter man am Anfang seiner Laufbahn steht. „Wenn man keine Kinder hat, kein Haus, keine Wohnung, keinen Partner, dann ist das auch eine Chance“, sagt Klärchen. Dass sich ein Regionswechsel vor allem zu Beginn der beruflichen Laufbahn anbietet, kann Arbeitsmarkt-Experte Bähr bestätigen. „Mobilität lohnt sich für
Gruppe von Erwerbstätigen richtig: Berufseinsteiger können schneller Einkommenssteigerungen erzielen, wenn sie mobil sind.“Häufiger umzuziehen kann laut Bähr auch eine Strategie sein, um Karrieresprünge zu machen. „Man kommt oft schneller voran, wenn man Mobilität zeigt, als sich bei einem Arbeitgeber hochzuarbeiten.“
Auch wer sich aus der Arbeitslosigkeit heraus bewerben muss, hat mehr Angebote zur Verfügung, wenn er den Umkreis der Stellensuche erweitert. Aber wie oft ist oft genug und was ist zu viel? „Mit dem Ortswechsel ist es wie mit dem Firmenwechsel“, sagt Karriere-Coach Klärchen. „Ab und zu zeigt es Flexibilität, zu oft wirkt es sprunghaft.“Irgendwann sollten Berufstätige sehen, dass sie bei einem Unternehmen ankommen. Sonst glauben potenzielle Arbeitgeber nicht mehr, dass ein Bewerber bleiben wird.
Auch wenn es karrieretechnisch Sinn macht, klar ist: „Ein Standortwechsel ist immer ein Schritt ins Ungewisse“, so Bähr. So wisse man nie genau, wie sich die Optionen in den nächsten Jahren entwickeln. Daher müsse man schon gut überlegen, ob ein Umzug auch dann noch eine sinnvolle Entscheidung sei. Wichtig sei, im Vorhinein so viele Informationen wie möglich zu sammeln. „Das bezieht sich nicht nur auf die Stelle, sondern auch auf das neue Umfeld.“Dazu gehören ganz praktische Überlegungen. „Etwas, das ich auch echt oft erlebe: Jemand fasst den Entschluss, nach München umzuziehen, weil die Gehälter viel höher sind. Allerdings ohne zu bedenken, dass auch die Lebenshaleine tungskosten viel höher sind“, erzählt Klärchen.
Laut Bähr spielt auch die psychologische Konstitution eine Rolle, also die Frage: „Traue ich mir das überhaupt zu?“Berufstätige und Bewerber müssen sich selbst gegenüber ehrlich sein. „Ich hatte eine Kundin, die war eher introvertiert“, erzählt Volker Klärchen. Mit dem beruflichen Neustart in einer anderen Stadt nahm sie sich vor, mehr aus sich herauszugehen. Es fiel ihr aber noch schwerer. Jobwechsler sollte daher Szenarien durchspielen: Was ist, wenn etwas nicht klappt? Was mache ich, wenn ich noch in der Probezeit feststelle, dass es doch nicht passt?
Auch Heimweh ist ein unterschätztes Thema. Heinz Ostermann vom Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister sagt: „Ein Standortwechsel muss privat genauso ins Leben passen wie beruflich.“Für eine Top-Position von Berlin nach München umzuziehen, sieht zwar auf dem Papier gut aus. „Wenn dann aber zum Beispiel der Ehemann, der Partner oder die Kinder nicht mitspielen und die gesamte Familie unglücklich ist, dann wird es auch schwer sein, beruflich gute Leistungen zu erbringen.“
Wer sich trotz aller Bedenken entschieden hat, dem gibt Klärchen einen Tipp: „Auch wenn ein Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet ist, den Arbeitnehmer beim Umzug zu unterstützen, lohnt es sich, das im Vorstellungsgespräch zum Thema zu machen.“Das Unternehmen könnte Umzugskosten übernehmen oder bei der Wohnungssuche helfen.