Die Frage der Woche Meghan und Harry verstehen?
Wir müssen noch einmal über den „Megxit“reden. Über jenen garstigen Begriff, den die britische BoulevardPresse in Anlehnung an den Brexit prägte – nur Augenblicke nach der Ankündigung von Prinz Harry und seiner Frau, sich aus der Royal Family zurückzuziehen. Die ehemalige Schauspielerin Meghan Markle, so die mittlerweile nicht nur unter beinharten Royalisten verbreitete Lesart, hat ihren Mann Harry an diesem Januarabend mit einem Schlag aus der Königsfamilie, aus seiner Familie, gerissen, gewaltsam, egoistisch, nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Vorurteile wie diese haften der US-Amerikanerin an, seitdem sie den britischen Prinzen geheiratet hat. Sie sei zu un-britisch, zu selbstbewusst, zu feministisch. Nach dem Rückzug des Paares aus der Königsfamilie hatte die britische Boulevard-Presse deshalb die Schuldige innerhalb von Minuten gefunden: Meghan, die verwöhnte Ehefrau. Natürlich sind die Dinge nie so einfach, wie sie manch selbst erklärter Experte darstellt. Was aber deutlich mehr überrascht als die angestaubten Überzeugungen einiger Monarchisten, ist die Tatsache, wie bereitwillig viele ansonsten grundvernünftige Menschen diese Ansichten teilen wollen.
An Meghan werden Maßstäbe angelegt, die wohl kaum einer so an sich oder seine Nächsten anlegen würde. Dabei braucht es nur ein Mindestmaß an Einfühlungsvermögen, um zu verstehen, dass ein Leben in der britischen Königsfamilie – bei allem Luxus, bei allen Privilegien – nicht einfach ist. Die Royals sind keine Übermenschen, an denen persönliche Angriffe abprallen. Vielleicht ist es also an der Zeit, Meghan nicht als Royal, sondern als Menschen zu sehen. Als Frau, die offensichtlich nicht glücklich war – und die nun selbstbewusst einen Ausweg aus dieser Situation gefunden hat.
Wer sich einen Ferrari kauft, der wird ein schnelles Auto fahren. Klar. Wer einen britischen Royal heiratet, der wird im Fokus der knallharten englischen Yellowpress stehen. Klar. So klar wie ein Naturgesetz sogar. Das muss es auch für Meghan gewesen sein, als sie „Ja“zu Harry sagte. Schließlich ist auch in den USA bekannt gewesen, dass die Royal Family das beliebteste Fressen der europäischen Boulevardpresse ist.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich heiße diesen Umgang mit den Royals keinesfalls für gut, finde ihn sogar schrecklich und beschämend. Und ich finde auch nicht, dass man sich das alles als Mitglied der königlichen Familie gefallen lassen muss. Wie Meghan und Harry das Problem nun aber lösen wollen, ist nicht nachvollziehbar.
Anstatt den Rückzug in aller Stille mit der Familie zu klären und durchzuziehen, verkündigen sie ihre Entscheidung groß in sozialen Netzwerken und sorgen damit für ein Medientheater, das sie doch eigentlich verabscheuen. Sie wollen keine royalen Pflichten mehr erfüllen, sich aber andererseits dennoch die Rosinen aus dem royalen Brötchen picken, indem sie etwa weiterhin Schirmherrschaften im Namen der Krone innehätten. Und wie ist es zu verstehen, dass jemand, der mit dem royalen Business nichts mehr zu tun haben möchte, sich die Marke „Sussex Royal“sichert, mit der sich durchaus ein neues Business aufbauen lässt? Das alles klingt arg inkonsequent. Oder, anders ausgedrückt, nach: Wasch mir den Hermelin-Pelz, aber mach mich nicht nass.
Kein Wunder also, dass die Queen da nicht mitmacht und den beiden einen harten Exit verordnete. All or nothing, Meghan and Harry. Also: Jammert jetzt, bitte schön, endlich leiser!