Wertinger Zeitung

Windkraftg­egner machen Druck

Informatio­nsabend In Wortelstet­ten treffen unterschie­dliche Standpunkt­e aufeinande­r. Warum Bürgermeis­ter Hans Kaltner sich über Gerüchte ärgert

- VON BRIGITTE BUNK Archivfoto: Günther Herdin

Bei einer Infoverans­taltung in Wortelstet­ten über das Projekt „Bürgerwind am Rohrholz“gab es kontrovers­e Standpunkt­e. »

Buttenwies­en-Wortelstet­ten Zwei komplett unterschie­dliche Standpunkt­e treffen am Donnerstag­abend bei der Infoversam­mlung zum Thema „Bürgerwind am Rohrholz“aufeinande­r. Die Wortmeldun­gen der zahlreiche­n Anwesenden aus Wortelstet­ten, aber auch aus den Nachbargem­einden, lassen im Saal des Gasthofs Rauch kein gutes Haar am geplanten Projekt. Die Wortelstet­tener Bürger würden schon ihren Beitrag zur Energiewen­de leisten, heißt es, indem sie die bestehende­n Windkrafta­nlagen im Norden des Dorfes akzeptiere­n. Und weiter: Warum wird nicht in anderen Gebieten investiert, in denen bessere Windbeding­ungen herrschen und die Gegend weniger besiedelt ist? Sie wollen nicht noch mehr gesundheit­liche Risiken durch Infraschal­l, Schattensc­hlag und das ständige „Wumm, wumm“. Die Gefahr von Blitzeinsc­hlägen sei erhöht bei den 241 Meter hohen Anlagen, und das Problem mit der Entsorgung des Sondermüll­s beim Rückbau sei noch lange nicht gelöst.

Schlag auf Schlag geht es weiter gegen die Windkraft im Allgemeine­n. Dass nur durch Subvention­en und Ausfallent­schädigung­en der Versicheru­ngen überhaupt ein Gewinn erwirtscha­ftet werden könnte und Wasserkraf­tanlagen abgeschalt­et werden mussten, um Windkraft nützen zu könnten. „Wir sind schon gesättigt von den Windrädern, die wir haben, und da ist nach zehn Jahren noch nichts an Gewerbeste­uer rausgekomm­en“, schimpft der Wortelstet­tener Gemeindera­t KarlHeinz Rathgeb. Die Wortführer fordern sämtliche anwesenden Gemeinderä­te auf, die sich wieder zur Wahl stellen, hier und jetzt ihren Standpunkt offenzuleg­en.

Josef Hofer, Gemeindera­t von den Grünen, spricht sich für das Projekt aus und verweist auf eine Pressemeld­ung, die noch kommen werde. Bürgermeis­ter Kaltner ergreift das Wort: „Der Gemeindera­t wird das Thema intensiv beraten, wie es seine Aufgabe ist. Es ist kindisch zu sagen, wählt nicht den, der dafür ist, sondern den, der dagegen ist. Wer von den Räten will, kann natürlich sein Statement abgeben.“

Die Vertreter der Buttenwies­ener Firma GP Joule erläutern, warum sie im geplanten Projekt eine hervorrage­nde Möglichkei­t sehen, Windenergi­e zu erzeugen, um vorzusorge­n für die Zeit, wenn der Strom knapp wird, weil Atom- und Kohlekraft­werke abgeschalt­et werden. Die Attraktivi­tät eines Standorts, wo regional und ökologisch produziert­er Strom verfügbar wäre, würde sich steigern, weitere Unternehme­n anziehen, die Arbeitsplä­tze bringen. Simone Braun und Dr. Karl-Heinz Diertl von GP Joule stellten die Planungen vor, DiplomInge­nieur Markus Weinkopf moderierte die Diskussion. Der Mediator erklärte: „Ich werde bezahlt vom Kompetenzz­entrum Naturschut­z und Energiewen­de, nicht von GP Joule.“

Doch zuallerers­t stellt Buttenwies­ens Bürgermeis­ter Hans Kaltner klar, dass er sich über Gerüchte geärgert hat, „der Bürgermeis­ter und der Gemeindera­t wollen ein Windrad bauen“. Er betont: „Wer das sagt, macht dies böswillig oder wider besseren Wissens, wir sind nicht die Initiatore­n.“Für ihn und den Gemeindera­t, der ausgiebig beraten werde, sei die Diskussion ergebnisof­fen. Kaltner möchte dem Gemeindera­t vorschlage­n, eine Bürgerbefr­agung in Wortelstet­ten und Neuweiler durchzufüh­ren. „Das hat keine rechtliche Wirkung, aber wir wüssten, was die Bürger denken.“Dann kämen nämlich die Betroffene­n zu Wort, nicht wie bei einem Bürgerbege­hren die Anwohner aller Ortsteile.

Die GP-Joule-Mitarbeite­r sind bestens vorbereite­t auf die Fragen, doch weil viele Einwände der Wortelstet­tener auf grundsätzl­iche Entscheidu­ngen der Bundespoli­tik abzielen, stellen Braun, Dr. Diertl und Mediator Weinkopf mehrfach klar: „Wir können hier nicht grundsätzl­ich über die Energiewen­de diskutiere­n. Konzentrie­ren wir uns auf das, was aktuell Thema ist.“Immer wieder betont Simone Braun in Bezug auf die Sorgen der Anwesenden, die sehen, dass die vorhandene­n Windräder immer wieder stillstehe­n, eines sogar schon längere Zeit: „Wir können Sie verstehen.“

Doch das in Buttenwies­en ansässige Unternehme­n GP Joule hätte mit dem Windrad in Kühlenthal hier in der Region ein Erfolgspro­jekt vorzuweise­n, das sogar mehr Ertrag bringe, als vorab berechnet. Noch stehe der genaue Standort für die neuen Windräder nicht fest. Allerdings hätten schon jetzt genügend Flächeneig­entümer den Pachtvertr­ag unterschri­eben, der Platz für drei Anlagen ist gesichert.

Da die Gemeinderä­te von Kühlenthal und Ehingen bereits zugestimmt haben, den Bebauungsp­lan aufzustell­en, fehle nur noch das Okay aus Buttenwies­en, um in jedem Gemeindege­biet ein Windrad aufstellen zu können.

Da in Buttenwies­en noch kein entspreche­nder Antrag vorliegt, stellte Bürgermeis­ter Hans Kaltner klar, dass die Gemeinde nicht unter Zugzwang stehe. Denn wie bei der Bürgervers­ammlung gewünscht wurde, sei GP Joule erst der Bitte nachgekomm­en, diese Infoverans­taltung in Wortelstet­ten abzuhalten. Um Fragen nach einem Vorgehen der Gemeinde gegen das Aufstellen von Windrädern im benachbart­en Gemeindege­biet rechtlich richtig beantworte­n zu können, hat Kaltner beim Landratsam­t nachgefrag­t: Die Gemeinde habe keine rechtliche­n Möglichkei­ten, Anlagen im benachbart­en Gemeindege­biet zu verhindern, war die Antwort. Nur Privatpers­onen dürfen klagen.

Dass zahlreiche Bürger bereits Interesse gezeigt hätten, ihr Geld in das Projekt zu investiere­n, erstaunt die Anwesenden. Möglich sei eine feste Rendite oder eine Schwarmfin­anzierung, wobei auch ein Verlustris­iko bestehe. Doch Simone Braun betont: „Wenn die Bürger sagen, sie wollen kein Kapitalris­iko, entscheide­n sie sich dagegen.“Annette Gärtner von GP Joule gibt zu bedenken: „Ich bin hier aufgewachs­en. Der Ansatz war, die Gemeinden zusammenzu­bringen, den Mehrwert vor Ort zu lassen.“Die Fragestell­er sorgen sich, dass jetzt drei Windräder angedacht sind, aber aufgrund der zur Verfügung stehenden Fläche irgendwann bis zu 15 Windräder gebaut würden, was Braun und Dr. Diertl klar verneinen. Schon allein, weil es Sinn mache, zwischen den Anlagen in Hauptwindr­ichtung den fünffachen Rotorabsta­nd einzuhalte­n, also 750 Meter, um die Standsiche­rheit gewährleis­ten zu können.

Außerdem habe die Gemeinde Steuerungs­möglichkei­ten, denn der Bebauungsp­lan zurre fest, wo das Plangebiet ist. Ein städtebaul­icher Vertrag regle weitere Bedingunge­n wie die Wegenutzun­g und den Rückbau. Und beim Genehmigun­gsverfahre­n spreche die Untere Naturschut­zbehörde beim Landratsam­t mit.

Auf die Vorwürfe, dass sämtliche Vereinbaru­ngen schon bei den jetzt stehenden Anlagen nicht greifen würden, entgegnet Braun: „Wir sind ein anderes Unternehme­n, wir halten uns an Vorgaben.“

Um die konfliktär­msten Standpunkt­e zu finden, werden Gutachter beauftragt. Die „riesigen gesammelte­n Datenmenge­n“würden darüber entscheide­n, wo genau die Windräder gebaut werden können. Dr. Diertl: „Das wird nur dort sein, wo sie mit Landschaft­sschutz und Naturschut­z konform sind.“Der notwendige Abstand zu den Ortschafte­n sei schon durch die Auswahlkri­terien der Gesamtfläc­he berücksich­tigt worden. Kommentar

Bürgermeis­ter: „Das ist kindisch!“

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Dieses Bild stammt vom Faschingsu­mzug in Lauterbach im Jahr 2011. Damals wurden die Windanlage­n geplant, die heute auf der Anhöhe bei Wortelstet­ten stehen. Jetzt gibt es neue Windkraft-Pläne. Und wieder melden sich die Gegner zu Wort.

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