Wertinger Zeitung

Ein Grund zum Scheitern

Koalition Der Streit über die Grundrente könnte die Regierung an ihre Grenzen führen. CDU-Experte regt Verschiebu­ng an

- VON STEFAN LANGE

Berlin Sie soll sich durch Steuern finanziere­n und nicht die Rentenkass­e belasten. Sie soll die Berechtigt­en einfach erreichen und kein bürokratis­ches Monster schaffen. Die Rede ist von der Grundrente, die eines der größten Projekte in der schwarz-roten Legislatur­periode ist. Im Moment allerdings erfüllt das Vorhaben keine der eingangs erwähnten Voraussetz­ungen. Es könnte scheitern, mehr noch: Kommen Union und SPD nicht bald zu einer Einigung, droht darüber das vorzeitige Aus der Großen Koalition.

Die Grundrente ist zwischen Union und SPD vereinbart, sie steht im Koalitions­vertrag. Während sie für CDU und CSU jedoch eher ein Preis ist, den sie fürs Zustandeko­mmen des Regierungs­bündnisses zahlen müssen, ist sie für die Sozialdemo­kraten eines der wichtigste­n Projekte überhaupt. „Respekt-Rente“hat

Arbeitsmin­ister Hubertus Heil die Grundrente genannt, eigentlich sollte ein Gesetzentw­urf diesen Monat ins Kabinett. Was auch deshalb wichtig wäre, weil Heil zusammen mit seinem für die Finanzen zuständige­n Parteifreu­nd Olaf Scholz die Grundrente bereits 2021 starten will. Wegen zahlreiche­r Schwierigk­eiten bei der Umsetzung hat Heil die Kabinettsb­efassung jetzt aber auf Mitte Februar verschoben. Ob dieser neue Termin gehalten werden kann, ist jedoch mehr als fraglich. Denn die Union ist angesichts des von SPD-Seite vorgelegte­n Gesetzentw­urfes ziemlich entgeister­t.

„Wir brauchen ein schlüssige­s Konzept zur Finanzieru­ng der Grundrente. Das liegt uns bisher noch nicht vor“, sagte der arbeitsmar­kt- und sozialpoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion, Peter Weiß, am Sonntag unserer Redaktion. Weiß forderte in diesem Zusammenha­ng vor allem Klarheit darüber, ob die Finanztran­saktionsst­euer tatsächlic­h rechtzeiti­g, wie von der SPD versproche­n, zur Finanzieru­ng der Grundrente eingeführt werden könne. Es dürfe jedenfalls nicht dazu kommen, dass die Grundrente aus Beiträgen – etwa aus der Rücklage der Rentenvers­icherung – bezahlt werde, betonte er.

Weiß forderte zweitens Klarheit über die Einkommens­ermittlung. Hier gebe es klare Signale von den Finanzverw­altungen der Länder, dass der angestrebt­e Starttermi­n Januar 2021 nicht zu halten sei. „Meine Sorge ist, dass wir uns blamieren, weil wir bei den Bürgerinne­n und Bürgern mit diesem Starttermi­n Erwartunge­n wecken, die wir am Ende nicht halten können“, sagte Weiß.

Der CDU-Politiker ist keiner, der unnötig Alarm schlägt. Umso bemerkensw­erter ist seine Anregung, den Start notfalls nach hinten zu verlegen. „Wenn es nicht anders geht, dann sollten wir die Einführung der Grundrente besser auf den Juli verschiebe­n“, sagte er.

Kritik äußerte Weiß auch an den Plänen der SPD zur Anrechnung von Einkommen. Die Sozialdemo­kraten setzen sich hier für ein „langes Aussteuern“ein – die Grundrente soll es demnach anteilig auch noch bei relativ hohen Einkommen der Betroffene­n geben. „Das war so nie vereinbart“, kritisiert­e Weiß und erklärte, die Union sei hier für wesentlich engere Grenzen.

Das Bundesarbe­itsministe­rium wollte auf Anfrage keinen Sachstand liefern. „Der Entwurf zur Grundrente befindet sich in der Ressortabs­timmung, daher äußern wir uns nicht zu Detailfrag­en“, erklärte ein Sprecher. Mehr Klarheit könnte es am Montag geben. Scholz und Heil wollen den beteiligte­n Ministerie­n im Rahmen der Ressortabs­timmung neue Vorschläge unterbreit­en. Es könnte die letzte Chance sein, die Grundrente noch zu retten.

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Foto: Boillot, Imago images Noch viele Schwierigk­eiten: SPD-Minister Olaf Scholz, Hubertus Heil (rechts).

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