Rot profitiert von Schwarz-Grün
Österreich Kaum ist die neue Regierung von ÖVP und Grünen im Amt, räumen die Sozialdemokraten bei Landtagswahlen ab. Woran liegt das?
Wien Die Wahl im Burgenland wurde am Sonntag mit großer Spannung erwartet, denn die Wähler hatten zum ersten Mal nach der Bildung der neuen Regierung der konservativen ÖVP mit den Grünen unter Bundeskanzler Sebastian Kurz die Chance, ihre Meinung kundzutun. Offen war, ob die Anhänger der Koalitionspartner ihrer jeweiligen Partei das für Österreich historisch neue Bündnis der früheren Erzfeinde ÖVP und Grüne gutheißen. Und ob die zuletzt gebeutelte SPÖ und die affärengeplagte FPÖ von SchwarzGrün profitieren – oder wie es seit Kurz’ ÖVP-Erneuerung in Österreich heißt: Türkis-Grün.
Für die Sozialdemokraten scheint Schwarz-Grün demnach belebend: Der erste seit einem Jahr amtierende SPÖ-Regierungschef Hans Peter Doskozil konnte einen regelrechten Erdrutschsieg feiern: Seine Partei legte laut vorläufigem Endergebnis um acht auf 50 Prozent zu. Demnach dürfte er die FPÖ als ungeliebten bisherigen Koalitionspartner los sein. Die Rechtspopulisten verloren mehr als fünf Prozent und liegen jetzt noch bei rund zehn Prozent.
Die Österreichische Volkspartei, ÖVP, gewann immerhin 1,5 Prozent hinzu und erreichte ihr Ziel von mehr als 30 Prozent. Die Grünen blieben konstant bei knapp sieben Prozent. Allerdings hatte Wahlsieger Doskozil zuvor eine klare Grenze zu den Sozialdemokraten auf Bundesebene gezogen. Der frühere Verteidigungsminister fährt beim Thema Asyl und Migration einen harten Kurs. Doskozil, der vor seiner Politkarriere Polizeichef des Burgenlandes war, befürwortet das Kopftuchverbot und schließt die im Bund zwischen ÖVP und Grünen umstrittene Sicherungshaft nicht aus. In klassischen SPÖ-Themen, wie Arbeitsmarkt und Sozialpolitik, vertritt er linke Positionen und gab sich als Kümmerer um die Sorgen der kleinen Leute.
Auch einer Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner widersprach Doskozil gelegentlich. Er ließ sich jedoch nicht in die Rolle des innerparteilichen Konkurrenten drängen, sondern versprach, im Burgenland zu bleiben. Allerdings wird sein Wahlsieg den 49-Jährigen wieder zum Hoffnungsträger seiner Partei in ganz Österreich machen.
Doskozil regierte bisher in einer Koalition mit der FPÖ und schloss vor der Wahl nicht aus, diese Koalition fortzusetzen. Auch deshalb fielen ihm wohl viele Stimmen aus dem rechtskonservativen Lager zu. 37 Prozent der SPÖ-Wähler erklärten in Nachwahlbefragungen, sie hätten sich wegen Doskozil für die SPÖ entschieden. Das entspricht dem Wert, den hier auch Kurz als Person erhält.
Einmal mehr hat sich gezeigt, dass starke Spitzenkandidaten in allen Parteien wahlentscheidend sind. Die FPÖ leidet dagegen nach wie vor unter den Folgen des Ibiza-Videos, der Spesenaffäre und der drohenden Spaltung in Wien.
Nicht nur im Burgenland, auch in Niederösterreich wurde gewählt. Dort konnten 1,5 Millionen Wähler neue Gemeinderäte bestimmen. 2015 kam die Österreichische Volkspartei im zweiten Heimatland von Kanzler Kurz auf mehr als 50 Prozent. Zudem gewannen in weiteren österreichischen Gemeinden viele ÖVP-Bürgermeister.