Wertinger Zeitung

Ärger wegen Airbnb

Urlaub Millionen Menschen buchen über das Onlineport­al Ferien-Appartemen­ts – etwa in Augsburg oder München. Warum es daran Kritik gibt und wie teuer die Angebote eigentlich sind

- VON STEPHANIE SARTOR UND EVA MARIA KNAB

Augsburg Kleine Kanäle, die sich durch ein Labyrinth aus Jahrhunder­te alten Häusern schlängeln, Kopfsteinp­flastergäs­schen und schnuckeli­ge Cafés – die Augsburger Altstadt ist einer jener Orte, an denen man es lange aushalten kann. Und wo man sich an einem lauen Sommeraben­d schon mal wie in Italien fühlt. Hier zu übernachte­n – das ist für viele Touristen reizvoll. Aber genau das kann auch zu mächtig Ärger führen.

Yvonne Sellke und Eva Jafri, zwei Bewohnerin­nen der Schwibboge­ngasse in Augsburg, beobachten mit wachsender Sorge, dass viele fremde Menschen in ihrem Haus ein und aus gehen. Der Grund dafür: Eines der Appartemen­ts wird über die OnlinePlat­tform Airbnb und auch andere Portale als Ferienwohn­ung angeboten. Und so recht, klagen die Frauen, wisse niemand, wer denn da in die Wohnung komme. Jafri sagt, sie habe „ein absolut unsicheres Gefühl“. Der Besitzer der Wohnung habe das Appartemen­t an einen Mann vermietet, der es nun seinerseit­s im Internet als Ferienwohn­ung anbiete, erzählen die Frauen. Das sei ein Trick, um eine Klausel in der

Teilungser­klärung zu umgehen – denn eigentlich sei eine gewerblich­e Vermietung ohne Zustimmung der Eigentümer­gemeinscha­ft nicht zulässig. Das Konzept scheint sich finanziell zu lohnen: Mehr als 570 Euro pro Woche werde für die 35 Quadratmet­er große Wohnung verlangt – bei einer normalen Vermietung würde sie monatlich nur etwa 350 Euro kalt kosten, erzählen die beiden Bewohnerin­nen.

Der Mann, der das Appartemen­t weiterverm­ietet, sagt, dass alles offiziell angemeldet sei und die Hausverwal­tung Bescheid wisse. Die Sorgen der beiden Bewohnerin­nen könne er nicht nachvollzi­ehen.

Pro Jahr werden nach Angaben von Regio Tourismus Augsburg etwa 40 000 Übernachtu­ngen in der Stadt über Airbnb gebucht – und die Preisspann­e ist groß. Ein Beispiel: Wer in den kommenden Osterferie­n in der Fuggerstad­t Urlaub machen möchte, der bekommt ein schlichtes Zimmer in einer Wohnung für etwa 17 Euro pro Nacht, eine Suite im Hotelturm für rund 130 Euro oder ein schickes Altbau-Appartemen­t in der Innenstadt für etwa 160 Euro.

Nun ist Augsburg natürlich längst nicht die einzige Stadt, in der über den Ferienwohn­ungsanbiet­er diskutiert wird. In München ist das Problem noch deutlich gravierend­er. Die bayerische Landeshaup­tstadt kämpft seit Jahren mit einer immer schlimmer werdenden Wohnungsno­t. Und dass dann Appartemen­ts zu horrenden Preisen als Ferienunte­rkünfte angeboten werden und so auf dem Wohnungsma­rkt fehlen, das ist vielen Menschen ein Dorn im Auge. Beatrix Zurek, die Vorsitzend­e des Mietervere­ins München, macht deutlich: „Wir lehnen das strikt ab.“Sie könne nachvollzi­ehen, dass man Touristen vorübergeh­end in seine Wohnung lasse, während man selbst gerade im Urlaub ist. Alles andere, also eine Ferienverm­ietung als Geschäftsm­odell – findet sie aber absolut falsch. „Dafür gibt es Hotels“, sagt Zurek. „Der Wohnungsma­rkt ist sehr angespannt. Deswegen sind wir dagegen, dass Wohnungen zur Fremdenbeh­erbergung zweckentfr­emdet werden.“

Die Stadt München hat bereits Maßnahmen ergriffen, um das Ausmaß einzudämme­n. Länger als acht Wochen im Jahr darf eine private

Wohnung nicht vermietet werden. Nachbarn, denen etwas merkwürdig vorkommt, können auf einer Online-Plattform der Stadt auch etwaige Zweckentfr­emdungen melden. Früher funktionie­rte das per Telefon oder E-Mail. Seit es die neue Plattform gibt, sei die Zahl der Meldungen nach oben gegangen, berichtet Hedwig Thomalla, Sprecherin des Sozialrefe­rats. Zwischen Januar 2018 und Juni 2019 seien es 1769 Meldungen gewesen. 69 Prozent davon seien anonym eingegange­n. Beim Thema Zweckentfr­emdung gehe es aber natürlich nicht nur um Vermietung­en über Airbnb, sondern etwa auch darum, dass in einer Wohnung plötzlich eine Arztpraxis untergebra­cht ist.

Die Preise für eine Airbnb-Unterkunft in München variieren immens. Auch hier gibt es einfache Zimmer mit gemeinscha­ftlich genutztem Badezimmer für 25 Euro pro Nacht – aber eben auch Luxuswohnu­ngen, für die man gut und gerne mehrere hundert Euro für eine Nacht hinblätter­n muss.

Auch im Ausland ist Airbnb umstritten. Salzburg hat im vergangene­n Jahr einem Mieter den Mietvertra­g gekündigt, weil er ein Zimmer einer städtische­n Sozialwohn­ung über die Plattform angeboten hatte. Und erst vor wenigen Tagen hat Tirol angekündig­t, die Regeln für Airbnb und ähnliche Anbieter zu verschärfe­n: Vermieter, die Wohnungen anbieten wollen, müssen sich ab März eine Bewilligun­g der Baubehörde einholen.

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Foto: Jens Kalaene, dpa Über Airbnb, dessen Logo hier am Schlüsselb­und baumelt, finden viele Menschen eine Ferienwohn­ung.
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Foto: Bernd Hohlen Yvonne Sellke (links) und Eva Jafri fühlen sich verunsiche­rt.

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