André Hahn als tragische Figur
FC Augsburg Angreifer hatte sich für die Partie endlich in die Startelf zurückgekämpft. Beim 0:2 gelang ihm trotz seines großen Einsatzes nicht viel
Augsburg/Berlin So ein wenig hatte André Hahn schon während der Trainingswoche das Gefühl, dass es diesmal wieder passieren könnte. Dass er wieder einmal in der Startelf des FC Augsburg stehen könnte. Und als Trainer Martin Schmidt am Samstagvormittag die Aufstellung bekannt gab, hatte der 29-jährige Flügelspieler Gewissheit: Er würde gegen Union Berlin beim Anpfiff auf dem Platz stehen. „Ich war super glücklich, dass ich wieder mal ran durfte, und habe alles reingeschmissen.“Das tat er, doch er wurde ungewollt zum tragischen Hauptdarsteller bei der 0:2 (0:0)-Niederlage bei Union Berlin.
Mit Anpfiff zur zweiten Halbzeit nahm das Unheil seinen Lauf. Wie ein Footballer aus der Defensive-Line versuchte Hahn seinen Gegenspieler, den Schweden Sebastian Andersson, an der Mittellinie zu stoppen. Grund: Der erste Spielzug der Unioner sollte ein weiter Ball ins Sturmzentrum der Berliner werden, dort, wo der große Schwede sich am liebsten aufhält. Hahn konnte Andersson so lange aufhalten, dass dieser den Ball nicht bekam, trotzdem entstand ein folgenschwerer Eckball. Hahn rutschte der Ball an der vorderen Begrenzung des Fünfmeter-Raumes über seine KurzhaarFrisur und veränderte damit dessen Flugbahn. FCA-Torhüter Tomas Koubek kam zu spät und Neven Subotic bedankte sich mit dem 1:0 (47.), weil Jeffrey Gouweleeuw und seine Kollegen sich nicht einig waren, wer den Ex-Dortmunder beschatten hätte sollen. „Ich bin der freie Mann und versuche ranzukommen. Ich verlängere ihn unglücklich, am zweiten Pfosten steht Subotic dann blank“, erzählte Hahn in der Mixed-Zone offen von seinem
Missgeschick. Der Gegentreffer pulverisierte alle taktischen Gedankenspiele des FCA und ebnete damit Union den Weg zum 2:0 (61.) durch Marcus Ingvartsen und damit auch zur zweiten Rückrunden-Niederlage in Folge. Es war ein mehr als unglückliches Comeback von André Hahn. Nachdem er Ende November beim 1:1 in Köln kurz vor der Halbzeit mit Gelb-Rot vom Platz musste, blieb ihm nur die Rolle des Teilzeitarbeiters mit ganzen neun Minuten Einsatzzeit. Die wendigen Außenbahnspieler Ruben Vargas und Marco Richter haben ihm den Rang abgelaufen. Doch jetzt gegen die robusten Unioner war der kantige
Spielstil von Hahn wieder einmal gefragt.
Laufend, kämpfend, ackernd war er ab der Rückrunde 2013 die Außenlinie auf und ab gerannt, hatte so auf sich aufmerksam gemacht, als ihn Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter vom Drittligisten Kickers Offenbach zum damals eigentlich abgeschlagenen FCA geholt hatte. Hahn half mit, die Klasse zu halten. Durch sein physisch starkes Spiel kam er auch zu einem Teilzeit-Einsatz bei der deutschen Nationalmannschaft im Mai 2014 gegen Polen, ebnete sich den Weg vom FCA nach Gladbach, spielte Champions League und kam im Sommer 2018 über den Hamburger SV wieder zurück zum FCA.
Doch seitdem tut sich der gebürtige Norddeutsche aus Otterndorf an der Elbmündung schwer, die an ihn gestellten Erwartungen zu erfüllen. Auf der Außenbahn setzt FCATrainer Martin Schmidt auf seine nicht so ausrechenbaren Konkurrenten. So kam Hahn gegen Union nicht als Flügelspieler zum Einsatz, sondern im Wechsel mit Florian Niederlechner als zentraler Stürmer. „Ich kenne die Position, ich habe sie schon öfters gespielt“, sieht Hahn seine Flexibilität durchaus als Vorteil.
Und Hahn gab während der 90 Minuten plus Nachspielzeit alles. Er lief fast 12,5 Kilometer – mit Abstand Bestwert aller 25 eingesetzten Feldspieler beider Vereine – und war bester Augsburger in den Auswertungen der intensiven Läufe und der Sprints. Und was war der Lohn? Es gab keinen. Damit stand Hahn symbolhaft für alle Augsburger Spieler, denen in Berlin das Bemühen nicht abzusprechen war. Am Ende kam aber nichts dabei heraus. „Wir haben ja nicht schlecht gespielt, aber wir müssen zwingender nach vorne agieren“, fasste Hahn das Geschehen zusammen.
Dass der FCA nur selten in sein gefürchtetes Pressing- und Umschaltspiel kam, hatte nach Hahns Meinung auch mit der mehr als rustikalen und simplen Spielführung der Gastgeber zu tun. „Sie hatten gefühlt keinen Spielaufbau. Jeder Ball aus der Viererkette wird hoch nach vorne geschlagen, es geht nur um die zweiten Bälle. Das ist ein reines Kampfspiel, da ist nicht viel mit Spielen. Da geht es darum, die zweiten Bälle festzumachen und weiter geht es.“Als sich die Berliner nach dem 2:0 zurückzogen, versäumte es der FCA lange Zeit, am Ball ruhig zu bleiben. Das gelang erst in den letzten 20 Minuten. „Wir hatten dann ja noch einige Großchancen, aber wir haben sie nicht gemacht“, zuckte Hahn in der Mixed-Zone mit seinen breiten Schultern.