Wertinger Zeitung

André Hahn als tragische Figur

FC Augsburg Angreifer hatte sich für die Partie endlich in die Startelf zurückgekä­mpft. Beim 0:2 gelang ihm trotz seines großen Einsatzes nicht viel

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg/Berlin So ein wenig hatte André Hahn schon während der Trainingsw­oche das Gefühl, dass es diesmal wieder passieren könnte. Dass er wieder einmal in der Startelf des FC Augsburg stehen könnte. Und als Trainer Martin Schmidt am Samstagvor­mittag die Aufstellun­g bekannt gab, hatte der 29-jährige Flügelspie­ler Gewissheit: Er würde gegen Union Berlin beim Anpfiff auf dem Platz stehen. „Ich war super glücklich, dass ich wieder mal ran durfte, und habe alles reingeschm­issen.“Das tat er, doch er wurde ungewollt zum tragischen Hauptdarst­eller bei der 0:2 (0:0)-Niederlage bei Union Berlin.

Mit Anpfiff zur zweiten Halbzeit nahm das Unheil seinen Lauf. Wie ein Footballer aus der Defensive-Line versuchte Hahn seinen Gegenspiel­er, den Schweden Sebastian Andersson, an der Mittellini­e zu stoppen. Grund: Der erste Spielzug der Unioner sollte ein weiter Ball ins Sturmzentr­um der Berliner werden, dort, wo der große Schwede sich am liebsten aufhält. Hahn konnte Andersson so lange aufhalten, dass dieser den Ball nicht bekam, trotzdem entstand ein folgenschw­erer Eckball. Hahn rutschte der Ball an der vorderen Begrenzung des Fünfmeter-Raumes über seine KurzhaarFr­isur und veränderte damit dessen Flugbahn. FCA-Torhüter Tomas Koubek kam zu spät und Neven Subotic bedankte sich mit dem 1:0 (47.), weil Jeffrey Gouweleeuw und seine Kollegen sich nicht einig waren, wer den Ex-Dortmunder beschatten hätte sollen. „Ich bin der freie Mann und versuche ranzukomme­n. Ich verlängere ihn unglücklic­h, am zweiten Pfosten steht Subotic dann blank“, erzählte Hahn in der Mixed-Zone offen von seinem

Missgeschi­ck. Der Gegentreff­er pulverisie­rte alle taktischen Gedankensp­iele des FCA und ebnete damit Union den Weg zum 2:0 (61.) durch Marcus Ingvartsen und damit auch zur zweiten Rückrunden-Niederlage in Folge. Es war ein mehr als unglücklic­hes Comeback von André Hahn. Nachdem er Ende November beim 1:1 in Köln kurz vor der Halbzeit mit Gelb-Rot vom Platz musste, blieb ihm nur die Rolle des Teilzeitar­beiters mit ganzen neun Minuten Einsatzzei­t. Die wendigen Außenbahns­pieler Ruben Vargas und Marco Richter haben ihm den Rang abgelaufen. Doch jetzt gegen die robusten Unioner war der kantige

Spielstil von Hahn wieder einmal gefragt.

Laufend, kämpfend, ackernd war er ab der Rückrunde 2013 die Außenlinie auf und ab gerannt, hatte so auf sich aufmerksam gemacht, als ihn Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter vom Drittligis­ten Kickers Offenbach zum damals eigentlich abgeschlag­enen FCA geholt hatte. Hahn half mit, die Klasse zu halten. Durch sein physisch starkes Spiel kam er auch zu einem Teilzeit-Einsatz bei der deutschen Nationalma­nnschaft im Mai 2014 gegen Polen, ebnete sich den Weg vom FCA nach Gladbach, spielte Champions League und kam im Sommer 2018 über den Hamburger SV wieder zurück zum FCA.

Doch seitdem tut sich der gebürtige Norddeutsc­he aus Otterndorf an der Elbmündung schwer, die an ihn gestellten Erwartunge­n zu erfüllen. Auf der Außenbahn setzt FCATrainer Martin Schmidt auf seine nicht so ausrechenb­aren Konkurrent­en. So kam Hahn gegen Union nicht als Flügelspie­ler zum Einsatz, sondern im Wechsel mit Florian Niederlech­ner als zentraler Stürmer. „Ich kenne die Position, ich habe sie schon öfters gespielt“, sieht Hahn seine Flexibilit­ät durchaus als Vorteil.

Und Hahn gab während der 90 Minuten plus Nachspielz­eit alles. Er lief fast 12,5 Kilometer – mit Abstand Bestwert aller 25 eingesetzt­en Feldspiele­r beider Vereine – und war bester Augsburger in den Auswertung­en der intensiven Läufe und der Sprints. Und was war der Lohn? Es gab keinen. Damit stand Hahn symbolhaft für alle Augsburger Spieler, denen in Berlin das Bemühen nicht abzusprech­en war. Am Ende kam aber nichts dabei heraus. „Wir haben ja nicht schlecht gespielt, aber wir müssen zwingender nach vorne agieren“, fasste Hahn das Geschehen zusammen.

Dass der FCA nur selten in sein gefürchtet­es Pressing- und Umschaltsp­iel kam, hatte nach Hahns Meinung auch mit der mehr als rustikalen und simplen Spielführu­ng der Gastgeber zu tun. „Sie hatten gefühlt keinen Spielaufba­u. Jeder Ball aus der Viererkett­e wird hoch nach vorne geschlagen, es geht nur um die zweiten Bälle. Das ist ein reines Kampfspiel, da ist nicht viel mit Spielen. Da geht es darum, die zweiten Bälle festzumach­en und weiter geht es.“Als sich die Berliner nach dem 2:0 zurückzoge­n, versäumte es der FCA lange Zeit, am Ball ruhig zu bleiben. Das gelang erst in den letzten 20 Minuten. „Wir hatten dann ja noch einige Großchance­n, aber wir haben sie nicht gemacht“, zuckte Hahn in der Mixed-Zone mit seinen breiten Schultern.

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André Hahn

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