Wie viel Klimaschutz ist ökonomisch sinnvoll?
Umwelt Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat den Kosten-Nutzen-Faktor der Klimapolitik ausgerechnet
Potsdam Schon jetzt jammern viele Verbraucher und Wirtschaftsvertreter über die hohen Strompreise. Bald kommen wohl noch die Kosten für den Kohleausstieg und geplante Stromtrassen obendrauf. Auch der geplante Umstieg auf Elektromobilität, neue CO2-Abgaben und der inzwischen sogar von Investoren erhöhte Druck auf Konzerne, ihre Produktion treibhausgasneutral umzustellen, lässt erahnen, dass der Klimaschutz nicht billig wird. Sind all diese Maßnahmen wirklich wirtschaftlich sinnvoll? Diese Frage haben deutsche und amerikanische Forscher untersucht. Sie speisten alle vorliegenden Daten in ein Computer-Vorhersagesystem ein, das kapitalistischer kaum sein könnte.
Die Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der New Yorker Columbia University verwendeten eine vom Wirtschaftsnobelpreisträger William Nordhaus entwickelte Computersimulation, die darauf trainiert ist, nach Wirtschaftswachstum zu streben. Ursprünglich sollte das Modell die US-Regierung beim
Bedarf der Energieversorgung beraten, inzwischen wurde es auf die Klimafolgen ausgeweitet.
„Wir haben viele gründliche Tests mit unseren Computern durchgeführt“, sagt Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der das Forscherteam geleitet hat. Die Forscher untersuchten den Kosten-NutzenFaktor mit Blick auf das Bruttosozialprodukt der Weltwirtschaft. Sie berechneten, welche tolerierbare Erderwärmung zwischen zwei und vier Grad rein wirtschaftlich optimal zu beherrschen wäre. „Wir haben festgestellt, dass sich die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf zwei Grad, wie sie im wissenschaftlich fundierten, aber natürlich vor allem politischen Prozess auf dem Weg zum Paris-Abkommen 2015 vereinbart worden ist, tatsächlich als wirtschaftlich optimal erweist“, betont Levermann.
Das heißt, die Kosten, um das Pariser Klimaziel einzuhalten, sind deutlich niedriger als die Kosten, die auf die Weltwirtschaft zukämen, wenn sie die Folgen eines sich verschärfenden Klimawandels bezahlen müsste. Aus ökonomischen Gründen den sei die Einhaltung des ZweiGrad-Ziels die beste Lösung.
„Der Welt gehen die Ausreden zur Rechtfertigung des Nichtstuns aus“, bringt es Klimaökonom Levermann auf den Punkt. „All diejenigen, die bisher gesagt haben, dass eine Klimastabilisierung zwar schön wäre, aber zu teuer ist, können nun sehen, dass es in Wirklichkeit die ungebremste globale Erwärmung ist, die zu teuer ist“, sagt er. „Entweder schaffen wir eine CO2-freie Wirtschaft, oder wir lassen die globale Erwärmung die Kosten für Unternehmen und Gesellschaften weltweit in die Höhe treiben.“
Die Grünen mahnen nun auch für die deutsche Politik Konsequenzen aus der neuen Klimaschutzstudie an. Fraktionsvize Oliver Krischer fordert die Bundesregierung auf,
ins Stocken geratenen Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren. „Ich hoffe, dass die Studie ein Weckruf für die Wirtschaftspolitiker der CDU ist, die aktuell den Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik hintertreiben“, sagt der Grünen-Politiker – auch mit Blick auf die von der Koalition geplanten schärferen Abstandsregelungen für Windräder. „Ohne den
Die Grünen sprechen von einem Weckruf
fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien funktioniert kein Klimaschutz.“betont Krischer.
Die Studie belege, dass die Investitionen in den Klimaschutz auch ökonomisch mehr als sinnvoll seien: „Zunehmende Wetterextreme kosten etwas, und es ist gut, wenn dahinter ein Preisschild kommt“, sagt der Grüne. „Wobei in diesen ökonomischen Modellen keine Menschenleben berücksichtigt werden, sonst wäre noch eindeutiger, dass Maßnahmen für einen effektiven Klimaschutz deutlich billiger sind als Nichtstun.“